Die Zeit dehnt sich aus
bis Seelenwunden heilen
zwischen den Tönen.
[Benjamin Moussay – Villefranque]
Die Zeit dehnt sich aus
bis Seelenwunden heilen
zwischen den Tönen.
[Benjamin Moussay – Villefranque]
Ununterbrochen
vom Aufgang zum Untergang
scheint uns die Sonne.
Kleine Eidechse
gefunden, die anmutet
wie quicklebendig.
Erst zwackt das linke,
dann tut das rechte Knie weh.
Schließlich Wadenkrampf.
Vor mir die Corbières
wie ein schlafender Riese
fern im Morgenlicht.
(La la la la la la la)
La la la la la
La la la la la la la
La la la la la
[Michael Kiwanuka – You Ain’t the Problem]
Auf dem Weg zurück
läuft sie voraus, blickt zu uns
und hebt die Pfote.
Bei großer Freude
tanzt sie mir auf zwei Beinen
staksend entgegen.
Sie will aufs Sofa,
traut sich aber den Sprung nicht
und verschmäht Hilfe.
Strauch mit Wurzelwerk
aus der Erde gerissen,
händisch zerkleinert.
Ein laues Lüftchen
strömt mir im Bett entgegen.
Dein Lebensodem.
Orange Dyane
mit „Nucléaire? Non merci!“
steht am Straßenrand.
Wild-wirr geträumt
in frühen Morgenstunden.
Augen auf und weg!
Die neuen Häuser
bejubeln meinen Einlauf
ins Dorf Villelongue.
Hinter den Albères:
Die hohen Haufenwolken
brennen lichterloh.
Schnee? Puderzucker?
Das Massiv des Canigou
oder ein Stollen?
Alle fünf Meter
guckt die Hündin hinter sich,
ob wir noch da sind.
Wir treffen Alte,
die redefreudig sind und
Junge mit Masken.
Eiskalt und sonnig.
Der Himmel blitzblank geputzt
von der Tramontane.
Nina rast im Kreis
und fliegt über den Rasen
wie ein Wirbelwind.
Vier Pfoten rutschen
den blanken Felsblock runter.
She has lost control.
A l’aube je double
les éboueurs qui m’observent
avec des grands yeux.
Im Morgengrauen
sachte gejoggt wegen Knie.
Canigou in clouds.
Die Yorkshire-Hündin
will dauernd mit mir spielen,
gibt aber nichts her.
Aus der Küche tönt
ein Brummen, Seufzen, Schluckauf.
Der Mann im Kühlschrank.
Immer abwechselnd
lesen und Liebe machen
in der längsten Nacht.
Wirf die Bälle hoch
und pflücke sie in der Luft.
Und wieder von vorn.
Lebenserwartung
noch rund hundert Millionen.
In Atemzügen.
Auf Rücken liegend,
die Glieder von mir gestreckt,
im Weltraum schwebend.
Das Gefühl, dass sie
um mich herum sterben
wie die Fliegen
und dass mich
jeder neue Tod
immer mehr mitnimmt
und ich so dünnhäutig
werde, dass man von außen
in mich reinsehen kann.
Der Maskenball jetzt
auch in der freien Natur.
Leben ist Schauspiel.
Die Geschichte vom Laufen. Laufen, um von etwas wegzukommen. Mit dem eigenen Körper das System Weißer Hirsch ausschwitzen, wegarbeiten, aus sich rauskriegen. Schritt für Schritt. Bis ich so schnell rennen konnte, dass ich aus mir rauslaufen würde. Der Körper sollte herhalten, um in einen Zustand zu kommen, der nur mir allein gehörte. Ganz vorn war der. Und da so schnell demmeln, dass ich nicht mehr erreichbar sein konnte von niemanden und nichts. Darum ging es.
[Ines Geipel – Mauerkinder, S. 93/94]
Sie spielt Mikado
mit dem Plastikknochen vor
der Volvicflasche.
tə tə tə: tə:
tə tə tə: tə:
tə tə tə: tə:
tə tə tə: tə:
Nicht der Esel schreit,
die Alarmanlage schrillt.
Man nennt es Fortschritt.
La vue s’élargit.
La pluie a cedé la place
au soleil timide.
Seltsames Zittern.
Denke erst die Erde bebt.
Es sind die Schenkel!
Zwölfhundert Km
im Verkehr mitgeschwommen
in Richtung Sonne.
Um vier vor halb neun
steigt eine orange Kugel
links der A5 auf.
Morgens geweckt von
Akkualarm des Tablets,
der klingt wie Windspiel.
I met a child a year ago
Whose eyes would never see.
She asked me with a timid smile,
„What colour is a tree?“
Öffne Klappläden:
Süßlicher Geruch in Luft.
Diesiger Morgen.
Wach‘ zwar auch nachts auf
mit Melatonin, schlafe
aber wieder ein.
Fünfzehn Minuten
die Sonne übers Gesicht
streichen gelassen.
Der Eichhörnchenkopf
steckt in der Haselnussbar.
Nur der Schweif schaut raus.
Cello und Klavier
anmutig melancholisch,
vornehm traut vereint.
[Anja Lechner, François Couturier – Vague / E la nave va (Anouhar Brahem) vom Album Lontano]
Twenty-five faces,
seventeen rectangular,
eight three-sided points.
There is a flower
blossoming in the heavens.
This is how it sounds.
[Roger and Brian Eno – Spring Frost from Mixing Colours]
Der Westerbach rauscht,
plätschert, gluckert, sprudelt, gluckst,
tost in Dunkelheit.
Mittags von Berlin
mit dem Wagen nach Eschborn
der Sonne gefolgt.
I hope they play you
your floating music when you
knock on heaven’s door.
[Robin Guthrie & Harold Budd – Perfect Fire]
Dobermann schnüffelt
unter dem Schurwollmantel
als ich vorbeigeh‘.
Auf Friedrichstraße
älterer Typ mit Flip-Flops
in dicken Socken.
Ein Grünfinkpaar trennt
emsig Kerne von Schalen
an Futtersäule.
Straße leergefegt
als wär‘ Deutschland im Endspiel
der Fußball-WM.
Braunes Eichhörnchen
rast Baum hoch, holt Haselnuss,
vergräbt sie. Repeat.
Im Apfelbaum sitzt
mit Schwanz wackelnde Eichkatz
bis ich auftauche.
Die zweite Dusche:
Auf den erhitzten Körper
prasseln Eisblöcke.
Die Füße schmatzen
auf stark durchweichtem Boden,
der kaum Halt bietet.
Zwei Paar Stieglitze
zwitschern ihr Liedchen auf dem
Purpur-Sonnenhut.
Der Paketbote
klingelt, rennt die Treppe hoch,
wirft Päckchen vor Tür.
As vulnerable
as a cellophane wrapper
on a pack‘ of cigs.
[Joni Mitchell on the state she was in when she wrote Blue]
Ich frage mich, ob ich besser oder schlechter jonglieren würde, wenn der nächste runtergefallene Ball mein Todesurteil wäre. Natürlich mit einer vorher definierten Mindestwurfzahl z. B. 300. Man muss dazu sagen, ich zähle die Würfe beim Jonglieren und zwar laut. Ich glaube, es würde keinen Unterschied machen. Beim Jonglieren ist man so im Jetzt da lauert die Gefahr hauptsächlich darin, dass man sich ablenken lässt, dass man anfängt, zu denken. Im Moment des Jonglierens würde das über einem schwebende Fallbeil nichts ändern. Während des Jonglierens würde ein Denken daran das Risiko zu versagen sogar eher vergrößern da man ja gerade im Automatismus, sozusagen auf Autopilot sein muss, um es zu schaffen. Da braucht man keine Zusatzmotivation.
Obwohl es sein könnte, dass ich vor Publikum fehlerfreier jongliere als ohne. Weil die Konzentration eine andere ist. Sich vor anderen zu blamieren ist einfach etwas anderes als dies vor sich selbst zu tun. Kann es sein, dass die Eitelkeit stärker ist als die Todesangst? Seltsamer Gedanke.
Ein Fehler, der mir oft passiert ist es, mich in Sicherheit zu wiegen. Sagen wir, ich habe mir 300 Würfe vorgenommen und ich habe 250 geschafft. Wenn ich jetzt anfange zu denken, dass ich schon fast am Ziel bin, der Rest ist ein Klacks, dann ist das der Beginn eines Abschweifens von den Objekten, die im Fokus stehen, den in der Luft fliegenden Bällen und rächt sich meist sofort. Oder ganz ähnlich, ich bin kurz vor dem Ziel und mache mir bewusst, dass ich fast da bin und es schaffen muss. Dann werde ich nervös und verkrampfe mich und mache einen Fehler. Entweder werfe ich zwei Bälle gegeneinander oder schaffe es nicht, einen Ball zu fangen weil z. B. die Würfe nach oben nicht senkrecht genug sind.
Ich kann es bis heute nicht fassen, dass ich noch mit über 35 jonglieren gelernt habe. Damals einfach aus einer schriftlichen Anleitung, erst mit zwei dann mit drei Bällen, schönen bunten Jonglierbällen, die super in der Hand liegen. Man muss es sich trauen, etwas üben und es kommt dann irgendwann. Es wird aber für mich immer ein Wunder bleiben. A propos Jonglierobjekte, habe ich das schon mal geschrieben im Blog? Ich glaube in Boston war es, da sahen wir einen Typen, der hat doch tatsächlich mit Toastern jongliert.
Treffe trotz Tröpfelns
in Dämmerung Fußgänger,
Jogger und Radler.
Der Regen lässt nach.
Der Morast lässt mich nicht los.
Der Boden ein Schwamm.
Die Kunst, Figuren
anzufassen, zu schlagen,
zurechtzurücken.
Einige Schritte
nach vorn. Dann Innehalten.
Trompetenträume.
[J. Peter Schwalm (& Arve Henriksen) – Raumzeit vom neuen Album Neuzeit]
Die Inspektion
per Überweisung bezahlt.
Hier traut man sich noch.
Es riecht nach früher.
Der alte Mann im Büro
mit Fluppe im Mund.
Auf der Treppe liegt
eine winzige Spitzmaus.
Sie ist mausetot.
Schnatternde Gänse
im Formationsflug mit
Belgischem Kreisel.
Ein Zuckerbäcker
hat die Natur über Nacht
schneeweiß gepudert!