Archive for the ‘diary’ Category

2986

April 2, 2023

In meinem Leben

passiert vielleicht nicht genug

für einen Roman.

2985

April 2, 2023

C. sagt, ich hätte

in der Nacht laut geschrien.

Ich weiß davon nichts.

2971

März 30, 2023

Tag ohne Haiku

Beinahezusammenstoß

Mittags nicht allein

2492

Oktober 15, 2022

Jog, Portemonnaiekauf,

Wasser bewegt, Eibenschnitt,

Weißer Apfelsack

1839

Februar 6, 2022

Auf Weg nach Berlin

in geistiger Umnachtung

Elbe überquert.

1838

Februar 6, 2022

Heute wieder trüb,

regnerisch mit Windböen.

Gestern nur ein Traum?

1538

Juli 25, 2021

Sommerabend, lau.

Morgens ans Bett genagelt.

Eibe geschnitten.

1304

April 10, 2021

Mit Müll zum Auto.

Hoch statt runter gefahren.

Schlüssel vergessen.

1117

Februar 23, 2021

Gegähnt, gerechnet,

rückgeschnitten, gehäckselt,

eingekauft, gequatscht.

940

Januar 3, 2021

Im Bett gefroren.

Trotzdem bis sieben gepennt.

Bei dir aufgewärmt.

674

Oktober 11, 2020

Gut gepennt, gerannt,

Gras gemäht, Nager bekämpft,

Kännel gereinigt.

60

März 28, 2020

Supermarktpanik.

Der Einkaufswagen ist weg!

Eine Verwechslung.

59

März 28, 2020

Die Sonne scheint so

als gäbe es kein Morgen.

Aber es gibt eins.

58

März 27, 2020

 
Den Tritt gefunden.

Zweihundertachtzig Watt auf

dem Ergometer.

57

März 26, 2020

Vollkommen synchron.

Durch den Telefonhörer

gähnen wir uns an.

56

März 26, 2020

Stramm nach Osten blickt

der Bär auf der Flagge vom

Rathaus Schöneberg.

55

März 25, 2020

Ein lautes Brausen.

Hoch in den Bäumen sitzen

hunderte Stare.

54

März 24, 2020

Die Einkaufswagen.

Heute ohne ein Euro.

Wegen Corona.

53

März 24, 2020

Abends im Volkspark.

Schnaufen und Schrittgetrappel.

Von allen Seiten.

52

März 24, 2020

Mit Sonnenbrille,

Ghettoblaster und Fahrrad.

Ein Flaschensammler.

 

 

51

März 22, 2020

Auf der Autobahn

alle einhundert Meter

ein Standortschildchen.

50

März 22, 2020

Schwarzer Maulwurf

liegt leblos am Wegesrand.

Was ist da passiert?

49

März 22, 2020

Der Graureiher fliegt

zurück zum Weibchen hinten.

Von uns aufgescheucht.

48

März 22, 2020

Die Leute grüßen

und gehen mir aus dem Weg.

Flotter Wiesenlauf.

47

März 22, 2020

Strahlende Sonne.

Zugefrorene Pfützen.

Der Boden taut auf.

46

März 21, 2020

Der Bussard rüttelt.

Sonnenstrahlen brechen durch.

Der Ostwind bläst kalt.

45

März 21, 2020

Wildpflaumenzweige

mit rosa Blüten wehen

und wogen im Wind.

44

März 20, 2020

In den Geschäften

lange Schlangen an Kassen.

Sicherheitsabstand!

43

März 20, 2020

Einem Nachbarn jag

ich nen Schreck ein, der andre

freut sich, mich zu sehn.

41

März 20, 2020

Jog in den Wiesen.

Die Forsythien leuchten gelb.

Na, komm schon. Endspurt!

39

März 19, 2020

Das Eichhörnchen träumt

von den Haselnüssen in

der Eichhörnchenbar.

 

38

März 19, 2020

Auf der Autobahn

in Thüringen, die Felder

mit Gülle gedüngt.

37

März 19, 2020

In Sachsen-Anhalt.

Viel zu tun für Don Quijotte:

Riesige Windparks.

34

März 18, 2020

Der Bordercollie

mit eingezogenem Kopf

rennt um den Brunnen.

33

März 18, 2020

Auf dem Bürgersteig.

Die Leute sprechen lauter.

Sicherheitsabstand!

32

März 18, 2020

Stauffenbergstraße.

Hinauf zur Bendlerbrücke.

Schöneberg ahoi!

31

März 18, 2020

Sie joggt durch den Park.

Von links nach rechts und zurück

tanzt der Pferdeschwanz.

29

März 18, 2020

Hinter der US-

Botschaft: Acht Polizisten

warten auf Godot.

28

März 18, 2020

Zwitschernde Vögel.

Unterwegs im Tiergarten:

Radler und Jogger.

27

März 18, 2020

Die Hochbahn über

der Nolle gegen halb neun

fährt leer zum Alex.

26

März 18, 2020

Knoblauchduft wabert

morgens durch die Motzstraße.

Die U-Bahn ist leer.

Sieht so Seuchenbekämpfung aus?

März 18, 2020

Jogger im Volkspark

rennen um die Wette mit

den Haschischschwaden.

Treuenbrietzen

März 18, 2020

Bad, Küche und Bett

im Fertighauscontainer.

Plus Kneippfußwanne.

Zwischen Beelitz und Leipzig

März 15, 2020

Der Weg egal ob
im Wald oder auf Asphalt
schnurgeradeaus

Hinter Dietersdorf

März 14, 2020

Im Wald, träumend.
Aus dem Nichts, direkt vor mir
kreuzt ein Reh den Weg.

Treuenbrietzen

März 12, 2020

Unter dem Balkon

warte ich den Regen ab. 

Jemand ruft „Hallo!“. 

Vor Treuenbrietzen

März 11, 2020

Inmitten vom Wald

verfallene Gebäude:

Zwangsarbeitslager

 

Zwischen Beelitz und Treuenbrietzen

März 10, 2020

Hundert Kuhaugen

glotzen mich an als wäre

ich ein Mensch vom Mars.

Hinter Niebel

März 9, 2020

Am richtigen Ort.

Im Wald ein Sofapolster.

Zeit für ein Päuschen.

Vor Salzbrunn

März 8, 2020

Quer über Felder

pustet mich der Wind fast um.

Es gibt kein Gebüsch.

Beelitz

März 7, 2020

Ich gehe im Wald.

Unter schwarzen Planen schläft

der Spargel im Feld.

Leipzig 2

März 6, 2020

Unterm Dach am Gleis.

Der Orkan peitscht den Regen

auf das Plexiglas.

Leipzig

März 5, 2020

In einer Nische

vor der Nikolaikirche

trinke ich Säfte.

Abtnaundorfer Park

März 4, 2020

In Regenkleidung

wirft ein Bube den Enten

Krumen hinterher.

Thekla

März 3, 2020

Ein blauweißes Tuch

um einen Zweig gebunden

flattert hoch im Wind.

Plaußig

März 2, 2020

Er joggt, sie fährt Rad.

„Morgen“, schallt mir entgegen.

„Morgen“, entfährt mir.

Vor Plaußig

März 1, 2020

Eine Schafherde.

Zig Augen schauen mich an.

Die Antwort: ein Foto.

Vor Merkwitz

Februar 29, 2020

Ich tippe Zeichen.

Die Pfütze auf der Straße.

Platsch! Mein rechter Schuh.

Gottscheina 3

Februar 28, 2020

Ich sehe Häuser

im Angerteich, die stehen

sicher auf dem Kopf.

Gottscheina 2

Februar 27, 2020

Am Angerteich ist

eine graubraune Katze.

Sie schmiegt sich an mich.

Gottscheina

Februar 26, 2020

Am Landstraßenrand

ist der Asphalt uneben.

Hoppla! Ich falle.

Vor Mutschlena

Februar 25, 2020

Gegen den Uhrsinn

drehen sich vier Windräder.

Ein Flugzeug steigt auf.

Hinter Kupsal

Februar 24, 2020

Morgendämmerung.

Tiefe Wolken ziehen auf.

Die Welt gehört mir.

Vor Doitzsch

Februar 22, 2020

Der Wind rauscht im Ohr.

Die Grashalme biegen sich.

Das Moos wächst am Baum.

Mehr davon

August 23, 2018

Draußen ganz leise klackende Geräusche. Winzige Tropfen fallen auf das Fenstersims. Unglaublich. Es regnet in Berlin. Zwar nur ein paar Tropfen aber immerhin. Seit dem einen WM-Spiel habe ich hier keinen Regen mehr erlebt. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.

love is all you need

Juli 9, 2012

gestern abend am frankfurter hauptbahnhof warte ich auf gleis neun auf meinen wegen „personen auf den gleisen“ um eine gute halbe stunde verspäteten zug zum berliner ostbahnhof, auf den der db infopunkt netterweise mein ticket umgeschrieben hat, das eigentlich einen umstieg in hannover vorgesehen hatte, den ich aber niemals geschafft hätte weil der zug nach hannover aus demselben grund verspätet war. lese karl, die kulturelle schachzeitschrift mit einem special zum moskauer wm-kampf, die ich mir in der bahnhofsbuchhandlung gekauft habe. ein eher langweiliges match für die hardcorefraktion. ich hebe den blick und sehe mir gegenüber auf gleis acht ein pärchen in einem zug, der gleich abfahren wird, auf den stufen zum wagen stehen. er mit dem rücken zu mir, sie dahinter mit dem gesicht zu mir. sie sind engumschlungen, küssen sich als gäbe es kein morgen. für eine gefühlte ewigkeit. irgendwann gibt der schaffner das pfeifsignal, der junge mann beendet den kuss und steigt aus dem zug, der sich langsam in bewegung setzt. er geht neben dem zug und winkt seiner angebeteten ganz leicht mit der rechten hand zu. der zug beschleunigt, er auch. er rennt parallel zum zug auf ihrer höhe den bahnsteig entlang bis kurz vor seinem ende. so eine schöne filmszene habe ich lange nicht mehr gesehen.

das bild das sich heute in meine hirnwindungen eingefräst hat

März 28, 2012

heute morgen auf dem weg zur arbeit: ich bewege mich zu fuß auf den viktoria-luise-platz zu. da kommt ein radfahrer an mir vorbeigeschossen. ich traue meinen augen nicht. auf seinem rücken trägt er seine tochter. sie hat ihre arme um seinen hals geschlungen und hängt da wie ein klammeräffchen. ich schätz mal sie ist 5-6 jahre alt. da gehört schon eine ganz schön gehörige portion von gegenseitigem vertrauen dazu, um so etwas zu machen. bewundernswert.

lee fields @ lido, 22.3.2012

März 23, 2012

auf dem weg zum konzert gestern abend rappt ein typ in der u1, ist das jetzt eine neue masche? scheint sich auf jeden fall finanziell auszuzahlen. gleich zwei junge männer geben ihm was. im lido geht es nicht sofort los, die discokugel rotiert so vor sich hin und wirft schattenmuster, die leute quatschen und ich stehe rum und warte. der laden ist übrigens nicht ganz voll, obwohl sie mich draußen gefragt hatten, ob ich noch eine karte übrig habe. irgendwann so gegen halb 10 kommt die band auf die bühne, alle recht jung bis auf den älteren trompeter, ein saxofonist, ein keyboarder, ein drummer, und der sehr britisch aussehende, pilzköpfige bassist mit schlafzimmerblick (erinnert mich an jemand von the who) sowie der dunkelhaarige gitarrist mit südländischen einsprengseln. die beiden geben ein lustiges paar ab, sie wippen oft synchron von links nach rechts und zurück und geben gelegentlich den background choir. nach zwei instrumentalstücken wird der von dem bassisten großspurig mit „welcome to the stage. mister. lee. fields.“ angekündigte sänger auf der bühne unter frenetischem applaus begrüßt. er hat einen leicht goldenen glitzeranzug an, von dem er nach recht kurzer zeit die jacke auszieht, dann das hemd aus der hose nimmt und das hemd aufkrempelt. auf der bühne scheint es mindestens genauso heiß zu sein wie im zuschauerraum. lee fields singt alte songs und songs vom neuen album. das publikum schreit lauter bei den alten sachen, mir gefallen die neuen besser. die alten stücke gehen mehr in richtung james brown, sind weniger melodisch und kruder während die neuen für meine begriffe fast alle ohrwürmer sind, die nach klassischem soul original aus den 70ern klingen. musik, die irgendwie in einem zeitloch festsaß und erst jetzt 40 jahre später wieder hervorgekommen ist. er singt diese lieder auch ganz anders, mit einer sehr viel ruhigeren, souligeren stimme, nicht so animalisch shoutend eher mit einer spirituellen intensität. er ist ein vollblutentertainer, der gerne das publikum ins konzert einbezieht, er sagt geschätzte zwanzig mal, dass er uns liebt, will uns dauernd zum armeschwenken animieren – was auch klappt obwohl mich das entfernt an einen gruß erinnert, den ich in deutschland eigentlich nicht mehr sehen will und lässt die menge als echogeber ins mikrofon grölen. das konzert ist nach ein paar zugaben gegen elf zu ende, für sein fortgeschrittenes alter hat lee fields gut durchgehalten. auf dem rückweg in der u1 wieder eine seltsame begegnung. am u-bahnhof kurfürstenstraße steigt ein junges mädchen – offensichtlich eine prostituierte – mit ihrem zuhälter ein. er redet auf sie ein in einer mir sehr fremden sprache, wahrscheinlich albanisch. sie sagt nix und sitzt einfach nur da. außerdem steigen dort noch zwei alte griechen in den siebzigern ein, die ausgiebig miteinander reden. eine seltsame stimmung macht sich breit. bin froh als alle ausgestiegen sind.

Essenspause

März 10, 2012

Letzte Woche habe ich es endlich einmal geschafft, länger als zwei Tage ohne Aufnahme fester Nahrung durchzuhalten. Ich hatte es in der Vergangenheit schon diverse Male probiert, war aber immer relativ schnell schwach geworden und hatte dann auch noch den Fehler gemacht, mir anschließend den Magen voll zu schlagen. Der Ausstieg ist so ziemlich das wichtigste beim Fasten, die Verdauungsorgane sollten langsam wieder ihre Arbeit aufnehmen; heute habe ich das Fasten mit einem Apfel gebrochen, als zweites Frühstück eine Banane ganz langsam zerkaut und mir heute Mittag ein Gemüsegericht auf Brokkolibasis gekocht.

Fünf Tage nichts zu essen war einfacher als ich es mir ursprünglich vorgestellt hatte. Immer wenn ich Hunger hatte, habe ich einfach etwas getrunken. Am Tag so um die fünf Liter, davon 3 l Kräutertee und 1 l Wasser. Mittags und abends gab es als Hauptspeise Gemüsesaft bzw. -brühe, der Nachttisch bestand aus einem Obstsaft, den ich mir genüsslich auf der Zunge zergehen ließ. Buchingerfasten also, das Buch, das mich begleitet hat, war Fasten von Hellmut Lützner. So – als Hungerkünstler – hätte ich eigentlich weitermachen können, heute morgen verspürte ich keinerlei Lust auf feste Kost, man kann sich wirklich daran gewöhnen mal eine Weile nichts außer Flüssigkeiten oral zu konsumieren. Ein Ergebnis war der Verlust von sieben Pfunden, wobei das Gewicht die letzten beiden Tage laut Körperfettwaage angeblich unverändert geblieben ist. Die Gewichtsabnahme war allerdings nicht der Grund für die Abstinenz.

Mir ging es eher um ein Abschalten, ein zu mir kommen, eine Periode des Nachdenkens über mich selbst und meinen Weg, den ich gehe. Das ist nicht so richtig gelungen, der Haupteffekt des Fastens war gerade nicht eine Beruhigung, sondern eher eine Aufputschung. Dadurch, dass meine Gedärme für fünf Tage still standen, fühlte ich mich selbst sehr aufgekratzt und hibbelig. Hierzu passt die Beobachtung der den ganzen Tag wiederkäuenden Kühe, deren ausgefeiltes Verdauungssystem ja wohl auch eher beruhigend wirkt. Der Schlaf war eher kurz, ich kam morgens meist deswegen nicht raus weil ich die Wärme nicht gegen die Kälte tauschen wollte, ich hatte übrigens Urlaub genommen, was das Projekt enorm erleichtert hat. Im Arbeitsstress bei dauernd klingelndem Telefon mit Leuten, die etwas von mir wollen, hätte ich wahrscheinlich sehr bald dem Essenstrieb nachgegeben.

Der Körper kennt zwei Energieprogramme. Zum einen das normale, in dem ihm Nahrung zugeführt wird, die er dann in Magen und Darm verarbeitet und in Energie umwandelt, die er für seinen Betrieb benötigt. Bei diesem Programm gehen allein 30% der Energie für die Verdauung drauf, ein Wirkungsgrad, der übrigens gar nicht so übel ist. Zum andern gibt es das Fastenprogramm, in dem die Verdauung ruht und die Energie aus den körpereigenen Reserven – der eigenen Speisekammer – bezogen wird. Alle überflüssigen und giftigen Stoffe im Körper werden in diesem Modus abgebaut. Man muss nur den Schalter zwischen den zwei Programmen umschalten, was am besten durch eine Reinigung der Gedärme eingeleitet wird.

Eine kleine Herausforderung war der Einstieg am Montag. Bei früheren Versuchen hatte ich es mit Glaubersalz versucht, das ist zwar sehr effektiv, aber dadurch wird auch die Innenflora, wie ich sie jetzt mal umschreiben will, vollständig wegschwemmt. Bei mir hat es anschließend immer mindestens eine Woche gedauert bis sich alles wieder intern normalisiert hatte. Nein, dieses Mal habe ich eine auch in dem o.g. Buch als sanfter empfohlene Methode probiert: den Einlauf. Ein entsprechendes Gerät habe ich in der Apotheke für 10 Euro erworben, es besteht aus einem Wassersack, den man z.B. an der Türklinke befestigt, einem daran hängenden Schlauch sowie einem Plastikrohr. Ich glaube, ich brauche das Vorgehen nicht im Detail zu beschreiben, es ist nicht die schönste Erfahrung, es gibt aber auch schlimmere. Auf jeden Fall ist auch dieses Verfahren sehr effektiv, es dauert gerade mal eine Minute bis zur ebenfalls explosiven Entleerung.

Während der Fastentage bin ich relativ viel spazieren gegangen, der Körper will sich einfach bewegen, es ist ein bisschen wie ein zur Ruhe kommen im Gehen. Man fühlt sich auch leichter und beschwingter im Fastenmodus, was ja auch einleuchtend ist. Ich bin allein zweimal von Wilmersdorf in die Nähe des Alexanderplatzes gegangen. Wichtig bei längeren Promenaden war auf jeden Fall, sich Zeit zu nehmen, also auch mal ein Päuschen zu machen, bei dem man sein Wasserfläschchen getrunken hat. Nächstes Mal möchte ich unbedingt Fasten und Wandern noch besser kombinieren, ich denke an Langstreckenwandern, z.B. Jakobsweg von Berlin nach Tangermünde mit 20 Km-Etappen.

Was habe ich sonst so während der fünf Tage gemacht? Ich bin sie eher ruhig angegangen. Habe viel gelesen, viel Musik gehört, war im Kino, wo ich nachmittags in einer Vorstellung, in der ich mit Abstand der jüngste war, The Artist gesehen habe, einen Zombiefilm, in dem die Stummfilmzeit perfekt nachgebildet wird, der aber völlig hohl und leer erscheint, ein symptomatischer Film für unsere Zeit, in der die Nachempfindung vergangener Epochen egal ob in Kunst, Musik oder Film der Hauptzeitvertreib des Mainstreams in den schönen Künsten geworden zu sein scheint. Gegen Ende der Woche habe ich dann endlich unter dem Druck der mir davonlaufenden Zeit etwas mit dem Aufräumen begonnen. Ich habe übrigens überhaupt nicht ferngesehen, hingegen habe ich natürlich jede Menge Zeit im Internet vor dem Monitor des Netbooks verbracht. Sportlich habe ich neben den Spaziergängen ein bisschen mit den Hanteln gearbeitet, etwas jongliert und einmal habe ich mich sogar auf das Ergometer gesetzt, trotz im Verhältnis zum normalen Programm deutlich reduzierter Maximalleistung von 275 Watt, habe ich allerdings nach knapp 20 Minuten abgebrochen, die Atmung war etwas kurz und unregelmäßig, aber der Grund für die Aufgabe lag vor allem im Kopf, ich verspürte keinerlei Lust auf den Kampf mit dem inneren Schweinehund.

Gerüche waren während der Fastenperiode besonders penetrant, das war neben der Aufgedrehtheit und generellen Überempfindlichkeit ein weiterer Grund, wieso ich kaum unter Leute wollte. Zum einen natürlich Essensdüfte, die auch das Wasser eines Fastenden im Munde zusammenlaufen lassen. Am schlimmsten waren allerdings ganz klar die Parfüme und Deos. Die Attacke auf meinen Geruchssinn Kulminierte in der Volksbühne am Donnerstag Abend beim Tindersticks-Konzert. Was da einige Damen aufgetragen hatten, das ging auf keine Hundenase. Wobei ich gerechterweise sagen muss, dass ein Fastender jetzt auch nicht immer nach Rosenwasser riecht, vor allem nicht aus dem Mund, aber lassen wir das jetzt.

Was habe ich im einzelnen zu mir genommen? Da waren neben dem Mineralwasser – ich hatte medium, still war eigentlich empfohlen – natürlich zum einen verschiedene Teesorten, anfangs habe ich mir morgens schwarzen Tee geleistet, das aber bald aufgegeben, als ich gemerkt habe, dass die aufputschende Wirkung noch stärker war als sonst schon. Als Kräutertee habe ich häufig Minze getrunken, auch leicht belebend, gleichzeitig gut für den Atem. Andere Kräutertees waren eher beruhigend wie Rooibos, Zitronengras (gerne mit Minze oder Johanniskraut gemischt) und Süßholz. Ich habe auch oft frischen, in Scheiben geschnittenen Ingwer hinzugetan, dessen reinigende Wirkung sich in der Schärfe manifestierte, die er auf dem Boden der Teekanne entwickelte. Außerdem hatte ich noch einen sehr aromatischen, erfrischenden Früchtetee, der vor allem aus roten Früchten wie Erd- und Himbeeren bestand. Die klare Gemüsebrühe, die ich die ersten Tage in Niederhöchstadt gegessen habe, hatte C gekocht. Sie basierte auf Karotten, Stangensellerie, Tomaten, Porree, Kartoffeln, Brokkoli, Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Chili, Thymian und Salz. Die Gemüsesäfte, die ich probiert habe, waren ein gemischter Saft (im Grunde mein Lieblingsgemüsesaft), ein Tomatensaft (auch gut), sowie ein Karottensaft und ein Sauerkrautsaft, die ich beide allein nicht trinken konnte, der eine war zu süß, der andere zu sauer. Aber in der Kombination waren sie genießbar. Schlussendlich noch die Obstsäfte, die ich meist als Nachtisch trank. Sehr lecker war der trübe Apfelsaft von einer lokalen Apfelkelterei, die Süße konnte ich in kleinen Zügen genießen. Außerdem habe ich eine leckere Mischung aus Wasser und Johannisbeersaft zu mir genommen. Morgens trank ich meist mein Gläschen Orangen- bzw. Grapefruitsaft.

A perfect day (for a funeral)?

Dezember 3, 2011

Gestern war die Beerdigung meines Patenonkels, ich habe es schon erwähnt. Morgens fuhr ich mit der U2 und dann ab Turmstraße mit dem TXL-Bus zum Flughafen Tegel. Kurz vor dem Flughafen gucke ich auf die Uhr und es fällt mir auf, dass ich einen Denkfehler gemacht habe. Es ist 9h30. Nicht der Abflug von Tegel ist 10h10, nein die Ankunft in Frankfurt ist zu dieser Uhrzeit. Mit anderen Worten, ich haben meinen Flieger verpasst, der Abflug war um 8h55. Im Flughafen organisiere ich noch in letzter Sekunde – die Dame am Ticketschalter muss sich noch am Gate erkundigen, ob sie mich noch akzeptieren, da der Ticketverkauf eine halbe Stunde vor der Abflugzeit eigentlich geschlossen wird – ein Ticket mit dem nächsten Flugzeug, das wirklich um 10h10 abfliegt. Es ist von der anderen Airline. Den Preis erwähne ich jetzt mal nicht, ich glaube die Stunde, die ich mir morgens zusätzlich genommen habe, war eine der teuersten Stunden meines Lebens. Von jetzt an verzögern sich noch so einige Sachen, in Frankfurt-Zentrum bin ich erst kurz vor halb eins. Wir können es nicht schaffen bis um 1 nach Oberissigheim. Im Ort natürlich im Umkreis der Kirche kein Parkplatz, wir sind kurz vor Viertel nach eins dort, die Leute stehen im Regen vor der Kirche, die Kirche ist voll. Wir spannen die Regenschirme auf und hören Musik. Ich weiß wer da spielt, meine beiden Vettern, der eine die Geige, der andere die Orgel. Ich kann mir denken was, ich kenne die Musik, weiß es aber nicht genau. Ja es ist natürlich Bach, der erste Satz des Violinkonzerts a-Moll. Wie da an diesem trüben, regnerischen Dezembertag die Geige aus der Kirche nach draußen schallt, wo wir uns die Füße abfrieren, da frage ich mich, wie es möglich ist, dass mein Cousin diese überirdisch schöne Melodie auf der Geige spielen kann, ohne zu weinen. Vielleicht weint er ja, ich sehe ihn nicht, aber ich glaube es nicht. Ich hingegen stemme mich gegen die Tränenflut, die sich da Bahn brechen will, ich kann so gerade eben widerstehen, als die anderen nach der Predigt aus der Kirche kommen, muss ich mich auch nochmal zusammenreißen, mein Vater will mich ansprechen, lässt es aber dann, ein Wort hätte das Fass bei mir zum Überlaufen gebracht, ich glaube er hat es gemerkt. Die Trauergemeinde strömt zum Dorffriedhof, der sich ganz langsam füllt, es dauert bestimmt eine Viertelstunde bis alle da sind und der Pfarrer weitermachen kann. Es sind so um die 400 Leute, so viele Menschen habe ich bei einem Begräbnis noch nie erlebt. Da sind die Jagdhornbläser, die Johanniter, die Vereinskameraden, die Leute aus dem Dorf, die Freunde, die Familie etc. In dem Moment wo sein Sarg ins Grab hinabgelassen wird, intonieren die Jagdhörner noch einen letzten Tusch, wieder kämpfe ich mit den Tränen, wie unglaublich stark ein paar Töne in diesen Umständen wirken können, die wohlgewählten Worte des sehr jungen Pfarrers, der seine Sache sehr gut macht, haben eher eine beruhigende Wirkung.

Die Einschläge…

Dezember 1, 2011


Vor einer Woche ist mein Patenonkel gestorben, morgen ist die Beerdigung. Ich stand ihm nicht sehr nahe, heute frage ich mich warum, er gehörte einer Generation an, die noch die Kriegs- und Nachkriegszeit mit Haut und Haaren erlebt hat, aber ich glaube nicht, dass das der Grund war, warum wir eigentlich fast immer nur eher oberflächlich und smalltalkartig miteinander kommunizierten. Er lebte in einer völlig anderen Welt, auf einem Reiterhof mit vielen Pferden, in einem kleinen Dorf, wo jeder sich kennt. Eine Besonderheit an ihm war, dass er eine Art Patriarch war, also etwas was es heute in Deutschland kaum noch gibt, alle nannten ihn Papus. Als junger Teenager war ich in der Mitte der Siebziger mehrmals in den Ferien auf dem Hof reiten, da ich sein Patenkind war, mussten wir nichts bezahlen. Das Reiten war nicht so mein Ding, ich glaube mir tat schnell der Rücken weh, insbesondere beim Trab, Galoppieren war natürlich ein wildes Gefühl des über die Erde Fliegens. Während der Ferien dort habe ich hauptsächlich Tischtennis gespielt und wir haben Lieder gesungen, die ich nirgendwo anders je gehört habe (z.B. Lager-Boogie). Am Besten erinnere ich mich aber an die rauschenden Familienfeste, die wir bei E. gefeiert haben, er hat sein Leben in vollen Zügen genossen und hat uns, die recht große Familie, daran teilhaben lassen. Berüchtigt waren seine Reden, wenn er einmal angefangen hatte, fiel es ihm schwer wieder aufzuhören, er drehte häufig rhetorische Pirouetten, er stand gerne im Rampenlicht. Bei diesen Festen, die natürlich meist im Sommer stattfanden, habe ich dann oft bis zur Morgendämmerung beim zigten frisch gezapften Bier mit meinen Vettern und Kusinen über Gott und die Welt gequatscht. A propos Welt. Man sagt ja, dass mit jedem Menschen eine Welt untergeht, bei E. stimmt das auf jeden Fall, mit seinem Tod ist die Welt um ein großes Original ärmer geworden.

Das Lied da oben ist von den beiden Schotten Bill Wells (Piano) und Aidan Moffat (Gesang): Die Totenwache nimmt den Erzähler so mit, dass er sofort in den Pub neben dem Krematorium gehen muss.

P.S. Vor das Feiern hat der liebe G. die Arbeit gesetzt, das ist in dem Posting zu kurz gekommen. Mein Onkel hat vor allem natürlich in der Erntezeit, wenn das Heu auf dem Hänger eingefahren wurde – den Traktor fuhr er meistens selber, wenn ich mich recht erinnere – geschuftet wie ein Berserker, er war ein Typ, der auch sehr wohl in der Lage war, kaum Worte zu machen und einfach nur zuzupacken.

Kurt Vile – Jesus Fever

September 21, 2011


Zwischen Berlin und dem Rhein-Main-Gebiet pendel ich ungefähr jedes zweite Wochenende entweder mit dem Flieger, der Bahn oder dem Auto. Durch die verschiedenen Verkehrsmittel ergeben sich andere Perspektiven, der erhabene Blick aus dem Flugzeug von oben auf die Stadt, der verhuschte Blick auf die vorüberfliegende Umgebung aus dem ICE, der mit 300 Sachen dahinrast und der nach vorn gerichtete Blick des Autofahrers, der am meisten drin ist in der Landschaft, durch die er hindurchfährt. Wenn ich mit dem Wagen fahre, versuche ich Leute mitzunehmen, die ich übers Internet finde. Zum einen vergeht die Zeit schneller zu zweit, jedenfalls, wenn man ins Gespräch kommt, zum andern kann man so die Treibstoffkosten teilen. Und das ökologische Gewissen beruhigt es auch ein bisschen. Neulich auf dem Weg zurück nach Berlin hatte ich einen jungen Mann aus der Filmbranche dabei, ich glaube er war Cutter oder so was ähnliches und er hatte gerade an einer TV-Produktion zu einem Jazzmusiker (Chet Baker?) mitgearbeitet. Da im Radio nichts Hörenswertes kam, stöpselte ich irgendwann meinen iPod in die Anlage und ließ ihn die Playlist mit den 365 Stücken aus meinem inzwischen abgeschlossenen Internetprojekt a day, a second durchshuffeln. Das hatte ich auch bei vorherigen Fahrten schon getan; es hatte allerdings nie einer der Mitfahrer ein Wort zu der Musik verloren. Dieses Mal war das anders. Es kamen zwei Bemerkungen, zum einen die, dass die Auswahl relativ ausgefallen wäre und, dass ich ja wohl eine ganze Menge verschiedenartiger Musik hören würde. Zum andern die, dass ich offensichtlich ein Faible für Gitarren (und zwar oft akustische) hätte. Das fiel mir dann plötzlich auch auf, geschätzte zwei von drei Stücken wurden von Gitarren dominiert. Womit wir bei Kurt Vile wären. Das obige Lied Jesus Fever habe ich gestern das erste Mal gehört und der warme Gitarrenklang hat bei mir sofort ein wohliges, inneres Gefühl ausgelöst, obwohl die Melodie eher melancholisch ist und langsam gespielt wird, ist unbestreitbar, dass hier ein Gitarrenmagier am Werke ist, der auch noch eine gut abgehangene, leicht hingenuschelte Stimme hat. In seiner Band, den Violators gibt es drei Gitarristen. Vom Äußerlichen erinnert Kurt Vile etwas an J. Masics von Dinosaur Jr., musikalisch setzt er sich von Mascis dadurch ab, dass er weniger laut ist, aber seine fließenden Gitarrenklänge umso mehr im Ohr des Zuhörers haften bleiben.

Quiz time

Mai 4, 2011

Ein paar Fragen zu diesem Lied für Leute mit Stamina, seine Dauer in Sekunden stellt eine Schnapszahl dar. Es passt in großen Teilen ganz gut zur chilligen Stimmung in der Shisha Lounge heute abend, wo wir eine Kollegin verabschiedet haben.

1) Wie heißt das Lied?
2) Von wem wurde es ursprünglich gespielt?
3) Von wem wird es hier gespielt?
4) Nach welchem bekannten Rocksong, der by the way einer meiner Lieblingssongs ist, klingt dieses Cover am Anfang?

6:00 Talk Talk – Ascension Day (1991)

März 19, 2011

I’ll burn on judgement day

Heute waren wir in Friedrichshain. Sind aus der U1 Warschauer Straße ausgestiegen über die Bahnbrücke, in die Revaler Straße und dann über das ehemalige Gelände des RAW, wo heute das Astra Kulturhaus ist. Außerdem diverse andere Projekte u.a. eine Skatehalle und ein cooles Café. Die Sonne schien als gäbe es kein Morgen. Dann ging es über die schattige Simon-Dach-Straße an einigen Cafés vorbei rechts in die Krossener Straße und zum Boxhagener Platz, wo der Wochenmarkt sich gerade auflöste. Über diverse andere Stationen ging es dann schließlich die Sonntagstraße runter hin zum Lenbachplatz. Auf der langen roten Bank verweilten wir anschließend, hörten die Sechsminutenlieder durch, guckten uns das bunte Treiben an, blinzelten in die Sonne, dösten dahin. Und stiegen schließlich am nahegelegenen Ostkreuz in die S-Bahn gen Hackescher Markt.

(Die Liste aller seit 1. Februar 2010 ausgewählten 360 Stücke ist hier.)

5’58 The Golden Palominos – Pure (1994)

März 17, 2011

seven pale scars out of sheer love

1. Fünfundvierzig Lieder zur Auswahl heute abend aber kein wirklich Herausragendes.
2. Hier wird ein dichter Teppich aus Gitarrenklängen und Frauensprechgesang gewoben. Ein Teppich, der sich ganz langsam bewegt.
3. Der Frauenchorgesang im Hintergrund hier erinnert mich an einen Song der Field Mice, einen ihrer späteren, wo sie ins Mystische, in den Trockeneisnebel der Klubs abgleiten.
4. Da war auch etwas von Pat Metheny, das hätte ich auch nehmen können. Mit einem elektrischen Bass, der sich doch sehr nach Jaco Pastorius anhörte. Ich sehe gerade, es war Jaco. Track 5 von hier.
5. Heute morgen habe ich seit knapp zwanzig Jahren das erste Mal wieder geheult. Ich habe keine Ahnung warum. Ich saß im Wohnzimmer auf meinem Ledersessel, trank meinen Assam, hörte ein paar 5’58er Musikstücke auf dem iPod, ich glaube es lief gerade Porgy in der Interpretation von Bill Evans und ich las über die Begegnung und den Briefwechsel der Tochter von Ponto und der Schwester von Susanne Albrecht. Der jetzt als Buch veröffentlicht wurde, Patentöchter heißt es glaube ich. Besonders auffallend war die Betonung des hellen Lichtes Ende Juli 1977, am Tag des Mordes. Ich habe irgendwie versucht, mich daran zu erinnern, wo ich denn zu dem Zeitpunkt war und ich kam zu dem Schluss, dass ich wohl in England in Margate gewesen bin, mit einem anderen deutschen Schüler in einer englischen Gastfamilie. Und dann plötzlich flossen die Tränen, unmöglich sie zurückzuhalten, ich wollte es auch gar nicht. Es tat gut in dem Moment, war aber auch erschreckend weil ich nicht kapiert habe warum. Das letztes Mal war es wegen einer Frau gewesen, dieses Mal waren es Tränen, um der Tränen willen. Ich glaube ich habe das Weinen so lange aufgeschoben, dass es irgendwann kommen musste, nachdem ich viele Gelegenheiten, in denen ich gute Gründe zu heulen gehabt hätte, verpasst hatte, war dieser unschuldige Moment heute morgen, der aus dem Nichts auftauchte, perfekt. Hoffentlich dauert es jetzt nicht wieder zwanzig Jahre bis zum nächsten Mal.

(Die Liste aller seit 1. Februar 2010 ausgewählten 358 Stücke ist hier.)

5’41 Captain Sensible – Wot (Maxi 1982)

März 1, 2011

It went bang – I said rap up.
Well I’m aware that the guy must do his work
But the piledriver man drove me berserk.

It’s strange but I am having all these flashbacks in the last couple of months. Mostly totally unimportant memories which suddenly come and go. Do I have an example? Yes, for instance the first time I drank alcohol. I must have been around 13 and there were all these blokes sitting at a long table at a friend’s house. We were maybe eight or nine altogether and IIRC everyone had two glasses of beer. I remember that I was disappointed as I hardly felt anything except a slight relaxation but nothing mind-bending. Why do I write this? Because if I had to choose one year, I would go for 1982. Not because of Captain Sensible’s one hit wonder, I heard it first a couple of years later. No, it was the end of school and I decided to make a cut. It was the best decision of my life. What an amazing Greek summer. Later on in November or something I came back to Germany. In retrospect it probably was the right thing to do but at the time I was in doubt. Now I can still dance to this song and it brings back myriads of memories. What more can you ask from pop music?

(The list of all 341 selections since 1st February 2010 is here.)

0:09 Tortoise – Intro (live Frankfurt 1999)

Februar 11, 2011

The first time I heard something by Tortoise was in May 1999 in a bookshop somewhere in Massachusetts. It was a very long, instrumental piece with ups and downs, I think I didn’t leave the place before the end and I asked somebody what kind of music it was. It was Djed, from their chef d’œuvre millions now living will never die (what a great title), a natural symphony with thunder and wind and stuff, altogether twenty minutes long. Here they get nine seconds, hardly enough time to develop their sound. Cut. Today in the plane from Berlin to Frankfurt there was this red-haired lady, a couple of weeks ago I shared a flight with this man who looked even younger than on tv. Politicians seem to spend a lot of time in the air.

(The list of all 326 selections since 1st February 2010 is here.)

0:18 Thinking Fellers Union Local 282 – Jagged Ambush Bug (1995)

Februar 2, 2011

This morning I learnt that the year of the rabbit has started today. They said that there was one Chinese zodiac sign that should beware this year. The rabbit himself. Rabbits are supposed to face a huge professional change this year. As they said it on the radio it wasn’t necessary a change for the better. Guess which sign I am? And guess with whom I had an argument today (hint: think Springsteen)? Today’s music fits well to all this. Not exactly a chart topper. By the way the next year of the dog is in seven years.

(The list of all 317 selections since 1st February 2010 is here.)

0:41 John & Sean Lennon – With a Little Help from My Friends

Januar 11, 2011

Kreuzberger Nächte sind lang. Aber dang, aber DANG. Ich sag nur Goldrausch, oder war es Rauschgold?

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 294 Stücke ist hier).

0:47 The American Analog Set – New Drifters IV (1999)

Januar 4, 2011

Mein in der Straße stehendes Auto ist eingeschneit. Vorne und links. Der Schnee ist vereist. Heute allerdings ein bisschen angetaut. Vorhin hätte ich die Möglichkeit gehabt, den Wagen eine Parkposition nach hinten zu bewegen da der hintere Parknachbar eine Abendspritztour unternommen hat. Ich habe zwar die Scheibe und die Fahrertür freigemacht, die man wegen des Schneebergs nicht mehr öffnen konnte, habe aber den Wagen am Ende doch nicht bewegt. Er kann ruhig noch ein bisschen länger Winterschlaf halten. Ich brauche ihn gerade nicht unbedingt und wieso sollte ich das geringe Parkplatzangebot in Berlin noch weiter verknappen? Denn der jetzige Platz ist bis auf weiteres nicht zu benützen, da die Schneemassen immer noch 30 bis 40 cm hoch sind, die ihn umrahmen. Achso die Musik hätte ich heute fast vergessen. Eher locker-lässig zum abhängen. Aus Austin, Texas. Bei dem Drumsound muss ich an Schneebesen denken, warum nur?

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 288 Stücke ist hier).

1:02 Johann Sebastian Bach – Befiehl du deine Wege (Matthäuspassion 1729, Harnoncourt 1970)

Dezember 9, 2010

Befiehl du deine Wege
Und was dein Herze kränkt
Der allertreusten Pflege
Des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden
Gibt Wege, Lauf und Bahn,
Der wird auch Wege finden,
Da dein Fuß gehen kann.

  • Wenn man die letzten vier Verse so allein liest, könnte man meinen, das wäre hier der Choral für den Jakobswegpilger.
  • Das ist in dieser Reihe das erste Gesangswerk von Bach, wenn man diese Musik hat, dann braucht man kaum noch die Kirche drumherum.
  • Das sind, glaube ich, alles Originalinstrumente bzw. nachgebaute Originalinstrumente. Ich bilde mir ein, dass man das hört.
  • Heute war der Tag der fetten Schneeflocke, die über Berlin schwebte.
  • Überraschungseinladung am Abend, bin immer noch etwas gerührt.
  • Heute hat meine Nase angefangen, mit Zatopek um die Wette zu laufen. Das Wettrennen ist noch völlig offen.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 273 Stücke ist hier.)

1:06 Zulya Kamalova – Saginou (1999)

Dezember 5, 2010

Was wir heute auf dem Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus gekauft haben:
1. Langos mit Debreziner
2. Folienkartoffel mit Kräuterquark
3. Steinerne Seifenschale in Schildkrötenform
4. 0,4 l Glühwein
5. 0,2 l Glühweintasse mit buntem Weihnachsmarktbild mit Riesenrad, Rotem Rathaus und W-Pyramide drauf
6. Windspiel aus Metallstreifen, das optische Spiraleffekte erzeugt
7. 100 g geröstete Maronen
8. Schale aus Olivenholz
9. Brillennase aus Palisanderholz

Der Titel des heutigen Liedes heißt, glaube ich, Sehnsucht auf Tatarisch. Tatarisch ist eine Turksprache. Tatarstan ist eine russische Republik westlich des Urals. Zulya ist eine tatarische Sängerin aus Sarapul (Udmurtien), die seit geraumer Zeit in Australien lebt.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 269 Stücke ist hier.)

1:13 Ramones – Judy Is a Punk (live, 1979)

November 29, 2010

Jackie is a punk
Judy is a runt
They both went down to Berlin, joined the Ice Capades

Beim Gehen gedacht
Dieser Weg ist mein Meister
Er hat kein Ende

(So., 28.11. Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 262 Stücke ist hier.)

1:15 Atomic Death Circle – Returning to Port (200?)

November 28, 2010

Ist das ein Walzer?
Mir ist grad nicht nach Tanzen
Vom Netz abgekappt

(Fr., 26.11. Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 260 Stücke ist hier.)

1:26 Serge Gainsbourg – Champêtre et Pop No.2 (1967)

November 15, 2010

Irgendwie haut mich die simple, coole Melodielinie dieses Instrumentals völlig um; ich würde sagen, es hat couilles. Gainsbourg war ja nicht nur Chansonnier sondern auch wie mir gerade erst klar geworden ist, Komponist von Filmmusiken. Hier werden immerhin 72 seiner Filmmusikstücke vereinigt, es wäre vielleicht mal an der Zeit, diese Seite seines Schaffens näher zu beleuchten, aber nicht heute. Ach eins noch, champêtre heißt ländlich und auf dem Land gedeiht die Pflanze, die Serge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der Komposition unterstützt hat, am Besten.

Meine Gedanken kreisen allerdings immer noch um ein seltsames Zusammentreffen mit zwei mittelalten (in der 2. Hälfte der Vierziger, wüde ich sagen) Frauen im ICE nach Berlin gestern. Sie hatten ein Wochenendseminar in Karlsruhe besucht und waren jetzt auf dem Weg zurück nach Hildesheim. Als ich mich auf meinen Tischplatz im Großraumwagen begeben wollte, sprach mich sofort eine der beiden an und sagte, dass sie schon auf die Person, die sich auf den vierten Platz am Tisch setzen würde – der dritte war von einem anderen Mann besetzt, den sie auch schon angequatscht hatten – gewartet hätten und gewettet hätten, ob es ein Mann oder eine Frau sein würde. Nach einer Weile verschwanden sie Gottseidank mit dem anderen Mann für ein Bierchen ins Bistro und ich hatte meine Ruhe bis 20 Minuten vor Hildesheim. In den 20 Minuten gelang es den beiden allerdings mich mit ihren inquisitorischen Fragen zu enervieren, was ich versucht habe, mir nicht anmerken zu lassen, ob mit Erfolg sei dahingestellt. Jedenfalls wollten sie zum Schluss unbedingt wissen, was ich beruflich mache. Jetzt im Nachhinein kommt es mir so vor als hätten sie in ihrem Seminar, in dem es um soziale und psychologische Dinge gegangen sein muss, die Aufgabe aufgetragen bekommen, jeden den sie auf dem Weg zurück treffen, nach seiner beruflichen Tätigkeit zu fragen. Jedenfalls habe ich ihnen dann gesagt, dass es etwas mit Zahlen zu tun hat und sie waren offensichtlich enttäuscht ob meiner profanen Antwort und versuchten, mir meinen Job schlechtzumachen. Etwas, das ich aber sowas von dringend gebrauchen kann im Moment und überhaupt. Die eine sagte, ihr hätte ihr Beamtenjob auch nicht gefallen und sie wäre krank geworden und hätte jetzt eine neue Stelle, in der sie ihre soziale Kompetenz besser einsetzen könne (oder so ähnlich). Hinterher sagte mir der Mann, der auch noch am Tisch war und mit den beiden im Bistro gewesen war, dass sie ihn natürlich auch nach seinem Job gefragt hätten und ihn halbwegs korrekt eingeschätzt hätten, mich jedoch für jemanden von der schreibenden Zunft gehalten hätten. Der sex appeal von Schriftstellern auf einen gewissen Frauentypus, das wäre bestimmt auch mal eine lohnenswerte soziopsychologische Untersuchung.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 249 Stücke ist hier.)

1:45 Johann Sebastian Bach – Suite g-Moll BWV 995 III Courante (ca. 1730, Óscar Cáceres)

Oktober 27, 2010

Das ist jetzt schon der dritte Tanz – vom Tempo her zwischen der gemächlichen Sarabande und der flinken Gigue – aus dieser herrlichen Lautensuite von Johann Sebastian Bach in der luziden Interpretation des Montevideoer Gitarristen Cáceres. In Der vollkommene Capellmeister (1739) schreibt Mattheson über die Courante (von mir aus dem Englischen zurückübersetzt):

Die Bewegung einer Courante ist hauptsächlich durch die Leidenschaft oder die Stimmung einer süßen Erwartung gekennzeichnet. Denn es ist etwas Inniges, etwas Sehnendes und auch Erfreuliches in der Melodie: Eindeutig Musik, auf die Hoffnungen aufbauen.

Cut. Auf der ersten Etappe auf dem Jesus Trail von Nazareth nach Cana war der Weg- und Straßenrand voller Müll. Wir sprachen später noch mit einem der amerikanischen Voluntaries in unserer Nazarether Herberge darüber und er sagte uns, dass sie vor kurzem jede Menge Müll entfernt hätten und sogar der israelische Tourismusminister da gewesen war und versprochen hatte, sich hier einzusetzen. Das Ergebnis war ernüchternd, insbesondere der Ort Mashhad kurz vor Cana ist eine einzige stinkende Müllhalde. Ich werde diese im Süden sehr verbreitete Mentalität, dass die Natur ein Feind ist und daher vermüllt werden darf nie verstehen. Was auch interessant auf dem Weg war: Den ersten israelischen Juden haben wir erst am Nachmittag des dritten Tages getroffen. 25% der Bevölkerung in den nichtbesetzten Gebieten in Israel sind Araber. Mit den besetzten Gebieten wären es noch wesentlich mehr. Kein Wunder, dass Israel denen keinen Staatsbürgerstatus geben will. Die Araber, die das Glück haben auf israelischem Territorium zu wohnen, sind nicht nur voll stimmberechtigte Bürger, sie haben sogar noch wie die Orthodoxen keine Militärpflicht. Ich glaube, die fühlen sich in Israel recht wohl, da der Lebensstandard höher, das Land wegen guter Bewässerungstechnik fruchtbarer und die Infrastruktur besser ist als in den arabischen Anrainerländern.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 230 Stücke ist hier.)

short break

Oktober 14, 2010

bin dann mal ein paar tage weg, hier unterwegs. frieren werden wir wohl nicht, morgen sollen es 36 grad werden. komme am 25. wieder zurück. dann geht es mit dem musikalischen countdown hier weiter. in der zwischenzeit könnt ihr ja nochmal durchhören, was bis jetzt so gelaufen ist. alle bis auf die ersten 20 oder so songs sind weiterhin online.

NoonSong

September 26, 2010

Hab ich jetzt schon auf Facebook geshared, muss natürlich auch ins Blog:

War gestern beim gutbesuchten NoonSong in der Kirche am Hohenzollernplatz in Berlin-Wilmersdorf. Da gibt es jeden Samstag
mittag eine ca. einstündige Gesangsdarbietung des Vokalensembles
sirventes Berlin (seh gerade, die sind sogar auf Facebook und werden
jetzt gleich von mir geliked), das gestern Werke von Orlando di Lasso
(mein Favorit…, läuft gerade auf der Website), Mendelssohn-Bartholdy,
Palestrina, Stobäus etc. gesungen hat. Dazu gibt es dann noch ein ganz bisschen Liturgie (einen Psalm, eine Mini-Predigt, das Vaterunser). Die eine Stunde Besinnung hat mir gestern sehr gut getan, vor allem die Kirchengesänge aus der Renaissance haben Ruhe und Kraft gespendet. Den Noonsong gibt es seit über anderthalb Jahren und das komplette Archiv aller Werke kann auf der Website in mp3-Form in guter Qualität runtergeladen werden, wenn man sich mit Namen und email registriert.

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September 23, 2010

In Berlin verfestigt sich zunehnmend der Eindruck, dass die Einheimischen sehr inzestuös unterwegs sind. Kontakte knüpfen ist eine echte Herausforderung. Schade. By the way, kommentieren ist nicht ausgegraut.

2:29 Nick Drake – Day Is Done (1969)

September 1, 2010

When the day is done
Down to earth then sinks the sun
Along with everything that was lost and won

Gestern morgen als ich aus dem U-Bahnschacht am Hausvogteiplatz heraustrat Richtung Gendarmenmarkt sah ich einen Mann, der ein Rad schob. Er war vielleicht sechzig und normal gekleidet. Ich habe ihm ins Gesicht gesehen und schon sprach er mich an. Ich dachte erst, er wolle nach dem Weg – z.B. zur Werderschen Kirche – fragen, aber er war kein Tourist. Er bat mich darum, mir eine Frage stellen zu dürfen. Er würde draußen leben – jetzt fiel der Groschen bei mir – und es wäre sehr schwierig und blablabla. Seine Frage hat er mir nie gestellt, ich habe ihn vorher unterbrochen. Ansonsten hätte er mir wahrscheinlich lang und breit seine traurige Lebensgeschichte erzählt. Um das zu verhindern, habe ich ihm ganz schnell einen Euro gegeben. An ihm hat mich seine Professionalität beeindruckt, er achtete sehr gut auf sein Äußeres, seine Fassade war noch völlig ok. Ich weiß nicht, ob es seine Masche war oder ob es eher zufällig war weil ich ihn unterbrochen habe, aber im Grunde hat er mich gar nicht explizit angebettelt. Was bestimmt auch wichtig für Bettler ist, ist zur richtigen Tageszeit aktiv zu sein. Und morgens gegen neun ist garantiert eine gute Zeit, da die Leute noch leicht verschlafen und noch nicht so abgebrüht sind. Mit jedem Schnorrer, der einem im Laufe des Tages über den Weg läuft, wird man immuner, was dessen Probleme angeht. Das Ziel eines Bettlers muss es sein, der Erste zu sein. In diesem Business gilt ganz besonders: „The early bird catches the worm“. Was ich noch vergessen habe zu erwähnen, „mein“ Bettler hatte einen ganz leichten süddeutschen Singsang drauf, der mich so sanft und ernst vorgetragen auch positiv in seinem Sinne beeinflusst hat. Und Nietzsche hat natürlich trotzdem den Nagel auf den Kopf getroffen: „Bettler aber sollte man ganz abschaffen! Wahrlich, man ärgert sich, ihnen zu geben, und ärgert sich, ihnen nicht zu geben.“ „Mein“ Bettler hat sich nämlich selbst abgeschafft. Nach außen hin hat er nicht die Rolle eines Bettlers gespielt, er war noch er selbst und nicht jemand, der seine Selbstachtung das Klo runtergespült hat.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 186 Stücke ist hier.)

2:45 Fehlfarben – Gottseidank nicht in England (1980)

August 16, 2010

Und wenn die Wirklichkeit dich überholt,
hast du keine Freunde, nicht mal Alkohol,
du stehst in der Fremde, deine Welt stürzt ein,
das ist das Ende, du bleibst allein.

So schwer ist mir die Wahl noch nie gefallen, die Anzahl der exquisiten Musikstücke mit 2 3/4 Minuten Länge auf meinem iPod ist Legion. Aurora Borealis von den Meat Puppets z.B., eines der luzidesten Instrumentals überhaupt. Oder das erfrischende Gilles von dem Bretonen Miossec, oder das intime Spät von Tom Liwa. Oder Humor Me, einer der melodischsten Songs von Pere Ubu. Oder Southwood Plantation Road von der eine Beziehungskatastrophe ausmalenden Tallahassee der Mountain Goats. Oder wie Hille Perl was von Marais auf ihrer Kniegeige spielt. Oder Unhappy Birthday von wem wohl? Oder. Oder. Oder.

Ich überlege gerade, was ich 1980 so gemacht habe, wenn ich mich recht erinnere, ging das Jahr los mit unserem (David aus England plus Freund? plus mein Vater plus ich) 50 Kilometer-Langlaufmarathon von Kaprun nach Mittersill und zurück bei -15 Grad und saukaltem Gegenwind. Windchilltemperatur garantiert -25. Die erste Stunde waren meine Hände eiskalt gefroren obwohl sie in dicken Lederfäustlingen versteckt waren. Aber irgendwann hat sich die Körperbewegungswärme gegen die Außenkälte dann durchgesetzt, in der Gruppe wollte und konnte ich mich nicht blamieren, und meine Hände sind aufgetaut. Im Sommer war ich dann, glaube ich wieder mit David und zweien seiner Freunde im Schwarzwald und wir sind von einer Jugendherberge zur anderen gezogen. Freiburg, Titisee, Schluchsee, Ulm, Memmingen etc. Auf der ersten Etappe über den Feldberg hat es den ganzen Tag geregnet und meine Jeans war so nass, dass sie bestimmt 2-3 Kilo gewogen hat und erst nach Ewigkeiten wieder getrocknet ist. Das war die Zeit als es in Danzig mit Walesa und der Solidarnosc losging. Lustigerweise hatten wir auf unserer diesjährigen Jakobswegteilsteckenwanderung auch einen Tag mit Dauerregen. Von Varaire nach Cahors. Mit 35 km eine der längsten Etappen. Wir sind einfach durchgegangen durch den Wald mit zwei Pausen in Scheunen, wo wir uns unterstellen konnten, von 8 Uhr bis 14 Uhr. Ansonsten hätten wir uns erkältet. Nach 25 km war Schluss mit dem Regen, die Funktionsklamotten sind ratzfatz getrocknet und wir sind die letzten 2 Stunden in der Sonne nach Cahors. Die Aussicht von oben hinunter auf den Ort, der vom Lot wie von einem U umflossen wird, allein war es wert. Der Abstieg war allerdings Gift für meine Knie. Wieso schreib ich das alles? Weil ich auch mal was erzählen will.

Jetzt habe ich nichts über das Lied geschrieben. Das macht glaube ich nichts, da es für sich spricht. Einfach laut aufdrehen und die Zeitmaschine transportiert euch dreißig Jahre zurück. Und mithilfe der Coda gelingt dann wieder der Sprung zurück ins heute. Es klappt, glaubts mir.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 170 Songs ist hier.)

Es geht nichts mehr ohne Gehen

August 4, 2010

Nach 20 Tagen hintereinander mit nahezu 30 Km Fußmarsch pro Tag habe ich seit der Rückkehr am Samstag einen sich täglich verschlimmernden Muskelkater in meinen Beinen bekommen. Aus lauter Verzweiflung bin ich heute daher von meinem Arbeitsplatz in der Nähe des Gendarmenmarkts bis nach Wilmersdorf zu Fuß gelaufen. In nur etwas über einer Stunde. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind auch nur etwa 50% schneller. Zumindest ist der Muskelkater jetzt nicht mehr ganz so schlimm. Überraschend auf dem Weg war wie leer das Zentrum von Berlin doch im Vergleich zu Paris z.B. ist. Da waren ein paar Touristen am KZ-Gedenkmal, ein paar mehr am Potsdamer Platz, aber ansonsten waren da zwischen 6 und 7 abends nur ein paar versprengte Figuren.

3:00 The Feelies – On the Roof (1986)

Juli 5, 2010

Stop for a while
Talk about it

Mit diesem dichten, aber luftig gewebten Gitarrenklangteppich beginnt mein Lieblingsalbum der Feelies, die man allein schon wegen des Covers der ersten Platte wo sie so herrlich nerdig rüberkommen, liebhaben muss. Natürlich schreib ich das nur weil mich heute jemand wegen der beiden Stifte in der Brusttasche meines kurzärmligen Hemds mit diesem schönen, urdeutschen Adjektiv belegt hat. In der letzten Minute des Songs passiert etwas, das ihn aus meiner 3’00“-Shortlist, in der außerdem noch Lloyd Cole’s glorreiches Why I Love Country Music und das melancholische Une Chanson du Crépuscule von den Montgolfier Brothers drin waren, herausstechen lässt. Ich glaube, es ist ein Taktwechsel, eine Beschleunigung des Rhythmus, eine stärkere Betonung der einzelnen Noten, jedenfalls bekommt das Lied plötzlich diesen Twist ins Metaphysische, auf einmal kann ich meine Lippen nicht mehr verschließen, ich muss die Melodie mitpfeifen bzw. versuchen, sie mitzupfeifen. Sie ist in mir übergelaufen, so dass ich sie nicht mehr für mich behalten kann, sie muss einfach raus. Do you know what I mean? Bis Ende Juli mach ich jetzt erst einmal Pause hier, zum einen habe ich diese Woche noch soviel zu tun, dass ich voraussichtlich keine Zeit zum Bloggen mehr haben werde, zum andern sind wir ab Samstag für drei Wochen auf dem Jakobsweg von Le Puy en Velay im Zentralmassiv nach Aire sur l’Adour in den Landes, wo wir vor drei Jahren losgegangen sind nach Santiago. Das heißt also, dass es in diesem Programm, wenn alles gut geht erst wieder am 2. August weitergeht. Außerdem wollte ich mich eigentlich noch bitterlich beklagen, dass dieses Blog in den letzten fünf Monaten quasi völlig resonanzlos geblieben ist. Aber dann habe ich es mir noch einmal anders überlegt. Im Grunde schreibe ich ja sowieso nur für mich selbst. Ansonsten hätte ich schon vor Jahren mit der Bloggerei aufgehört.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 155 Songs ist hier.)

3:18 X Mal Deutschland – Polarlicht (1987)

Juni 17, 2010

Von Alaska bis Kiruna

Am Sonntag ist mein Onkel aus Amerika gestorben. Wir haben es erst heute erfahren. Natürlich war unsere Beziehung nicht sehr eng. Obwohl er sehr oft in Deutschland war, ich glaube, ich habe ihn in den letzten 25 Jahren so im Schnitt einmal pro Jahr auf Familienfesten getroffen. Letztes Jahr waren C. und ich zu seinem 70. in Ohio. Wie auch schon 10 Jahre zuvor. Er war ein sehr einnehmender, lustig-lockerer Typ. Er war der Einzige aus der Familie, der nach Amerika gepasst hat. Seine Urne wird in Deutschland beigesetzt werden. Wie er es gewollt hat. Hoffentlich dauert es jetzt nicht wieder zehn Jahre bis zu unserem nächsten Trip nach Amerika.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 137 Songs ist hier.)

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Mai 25, 2010

Heute bzw. gestern waren C. und ich auf der Pfaueninsel. Wir haben es beide sehr genossen, ich habe ein Faible für kleine Inseln. Hiddensee ist ja schon nicht groß, aber die Pfaueninsel ist vielleicht ein Zwanzigstel davon. Am meisten beeindruckt hat uns beide die Fontäne mit den zwei Schalen. Wie der Wasserstrahl die obere kleine Schale füllt, die dann überläuft, indem das Wasser eine dünne, durchsichtige Wand bildet und wie die zweite, größere Schale dieses Wasser auffängt und dann ebenfalls überläuft und das Wasser nun eher wild und anarchisch auf den schöngeformten Steinfuß fällt und dort aufschlägt und in alle Richtungen spritzt, das ist ein Schauspiel, dem ich stundenlang zusehen könnte. Gibt es da nicht ein Gedicht zu? Nach der kurzen Rückfahrt mit der Fähre gab es plötzlich einen fetten Regenschauer und wir haben uns nahe der Anlegestelle untergestellt. Dort war auch eine andere Bloggerin mit ihrem Sohn und einem Begleiter. Habe mich natürlich nicht getraut, sie anzusprechen.

***

Vorvorgestern auf dem Karneval der Kulturen wären wir am Mehringdamm fast erdrückt worden. Da waren eindeutig zwei oder drei Leute zuviel am gleichen Ort.

3:42 The Blue Aeroplanes – Jacket Hangs (1990)

Mai 24, 2010

Pick a card, any card.
Wrong.
Pick 19th century twin-set pearls in a new clasp,
Brass neck, collar me
Right.

Swagger, die Schallplatte, die mit diesem Lied anfängt, war ein Geschenk von A. zu meinem Geburtstag, ich glaube es war 1991, also mein Achtundzwanzigster. Zusammen mit Bossanova von den Pixies. Meine ersten beiden Indiescheiben. A. hat mich eingeführt in die Welt des Independent Rock, eine gute englische Bekannte von ihm arbeitete in Brüssel bei einem in Insiderkreisen bekannten Musiklabel. Die Blue Aeroplanes aus Bristol waren dann für eine Weile – zusammen mit den Pixies – eine meiner Lieblingsbands. Ich mochte Gerard Langley’s Stimme und seinen Sprechgesang. Von den Texten habe ich nicht viel kapiert, aber der Kerl hatte literarisch was drauf, das war sonnenklar. Bis heute gefällt mir an diesem Lied und der ganzen Platte die warme, intime Atmosphäre. Ich habe sie in meinem ersten Studio in Luxemburg in der rue de Neudorf meistens spätabends bei Kerzenschein gehört. Die Musik erzeugte bei mir so eine Art campfire feeling. Eine andere Frau, in die ich damals schwer verliebt war, kannte die Band weil ihr Ex sie zu Konzerten mitgenommen hatte und fand sie nicht so toll. Sie verstand auch nicht, was man an Raymond Carver oder Eric Rohmer gut finden konnte. Für sie waren deren Werke öde und langweilig. Dafür hat sie mir Paul Auster’s New York Trilogy empfohlen, die ich begeistert in einem Rutsch durchgelesen habe. Primitivo habe ich auch durch sie entdeckt. Bei den damaligen wilden Parties spielten wir oft drinking games. Wenn sie und ich dann ziemlich hinüber waren, spielten wir manchmal Schach. Ich weiß nicht mehr, wer da gewonnen hat, aber auf jeden Fall hat es mich jedes Mal überrascht wie stark sie war. Vielleicht lag es auch nur daran, dass sie den Wein besser vertrug.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 113 Songs ist hier.)

3:44 Lloyd Cole & the Commotions – Minor Character (1985)

Mai 23, 2010

She said she’d throw herself off a bridge
He stood and laughed and she never did
She telephoned to say that she’d cut her wrists
Instead she beat the walls with her fists

Das passt jetzt sehr gut zu dem gestrigen Eintrag. Wieder 80er in Großbritannien, wieder dieser läutende Gitarrensound (Neil Clark heißt der Mann an der Klampfe hier), wieder ein romantischer Songwriter mit einer sonoren Stimme. Bei dem Lied muss ich an eine alte, unglückliche Liebe Anfang der Neunziger aus der Luxemburger Zeit denken. Ich hatte ihr die CD Easy Pieces geschenkt, auf der es drauf ist. Es stellte sich dann raus, dass ich leider nur ein minor character in ihrem Leben war, worauf ich mich dann auch nicht von der Brücke geschmissen habe, allerdings hat etwas Ähnliches dann später ein sehr guter Freund gemacht (nicht wegen ihr), mit dem ich vorher öfter darüber gescherzt hatte. Da wusste ich, dass ich aus Luxemburg weg musste. Zurück zu ihr. Sie war sehr blond und aus Zehlendorf. Zu unserer Middle Life Crisis Luxo Reunion Ende Juni kommt sie natürlich auch nicht.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 111 Songs ist hier.)

3:51 Joni Mitchell – California (1971)

Mai 15, 2010

Still a lot of lands to see
But I wouldn’t want to stay here
It’s too old and cold and settled in its ways here
Oh but California

Vor 40 Jahren, die Siebziger haben gerade angefangen, Joni ist auf Europareise und sie hat den Blues. Zum einen weil sie spürt, dass dem Frieden doch keine Chance gegeben wird (der Vietnamkrieg geht weiter), zum andern weil sie sich zurücksehnt. In ihre Wahlheimat Kalifornien. Eigentlich kommt sie ja aus dem kanadischen Westen. Von Paris reist sie der Sonne nach weiter südlich nach Griechenland und dann nach Spanien, aber die Parties mit den vielen gebildeten, schönen Leuten können nichts an ihrem Heimweh ändern. Bei dem Lied denke ich auch ein bisschen an meine Radfahrt nach Griechenland, die ursprünglich ins Morgenland gehen sollte, im Sommer 1982. Ich war damals auch in Matala, die Höhlen waren kaum noch bewohnt. Am Strand lagen Neckermannurlauber in einem Glutofen von 40 Grad und mehr. Das war so ziemlich der südlichste Punkt meiner Tour, danach ging es langsam wieder zurück nach Mitteleuropa. Inzwischen ist die Gegend um Perpignan, in der ich mich jetzt gerade befinde, so ein wenig mein Kalifornien geworden. Die Sonne scheint jetzt gerade wieder und das helle Licht zusammen mit dem kühlen, starken Nordwind, der Tramontane, vertreibt jegliche Schwermut. Dazu der honigsüße, schnell zu Kopf steigende Muscat und das frugale französische Essen. Sowie die als Albères im Mittelmeer auslaufenden Pyrenäen, in denen man herrliche Wandertouren machen kann. Mehr braucht man nicht zum Glück.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 104 Songs ist hier.)

3:52 Aimee Mann – Susan (1999)

Mai 14, 2010

Oh, Susan, the hope of fusion
is that the halo will reappear
it may be pure illusion
but it’s beautiful while it’s here

Der Regen hat aufgehört. Die Tramontane hat die Wolken verscheucht. Wir haben die Chance genutzt und am vorletzten Tag eine zweieinhalbstündige Wanderung in der Nähe von Maureillas-las-Illas gemacht. Auf schmalen, felsigen Wegen an der Bergflanke durch den Wald zu einem Dolmen und einer Turmruine mit schöner Aussicht nach Céret. Hierzu passt das zupackende Lied von Aimee Mann sehr gut. Es geht, glaube ich, um eine Beziehung, die in die Brüche geht. Und wie man daraus das Beste macht. Mal sehen, ob wir morgen problemlos nach Hause kommen. Die Vulkanasche, die unseren Hinflug um einen Tag verzögert hat, scheint derzeit Girona zu verschonen. Ansonsten bleiben wir halt noch ein paar Tage…

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 103 Songs ist hier.)

kreuzberg so36

Mai 3, 2010

vorgestern auf dem myfest gewesen. jetzt beim aufschreiben schäme ich mich dafür, einer veranstaltung mit diesem namen beigewohnt zu haben. myspace, myfest, myzeil. myass. erstaunlicherweise in dem gewusel drei kollegen getroffen. der erste war zu sehr mit seinem kinderwagen beschäftigt, um mich in der unterführung vom kottbusser tor zu bemerken. mit der zweiten hatte ich mich dort am kiosk verabredet. die dritte hat uns beide dann am mariannenplatz erspäht. ansonsten eine sehr leckere, gehaltvolle caipirinha getrunken und ein fladenbrot mit köfte und würzigen gegrillten wurstscheiben gefuttert. hab mal wieder den altersdurchschnitt angehoben. länger als eine minute techno halte ich immer noch nicht aus, aber das herumgehampel der leute, vor allem des typen mit sonnenbrille, zauberte ein dickes, fettes breitmaulfroschgrinsen auf meine wangen. gut hingegen die oft orientalisch angehauchte musik auf der bühne am mariannenplatz. ich sag nur saz.