Auf den letzten hundert Kilometern hinter Sarria waren so viele Leute auf dem Camino, dass man sich wie ein Massentourist vorkam. Begrüßungen wurden nicht mehr erwidert, Kontaktaufnahme fand nicht mehr statt. Man versuchte, sich soweit wie möglich zu ignorieren. Im wahrsten Sinne des Wortes, aus dem Weg zu gehen. Der Mensch braucht halt seinen Freiraum, um andere Menschen zu schätzen. Mit anderen Worten, wir haben kaum noch mit Leuten gesprochen, die wir nicht schon vorher kannten. Und das waren schon relativ wenige.
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Wieder einen verrückten Frankokanadier kennengelernt. Er war 64, gerade im Ruhestand Anfang Juni in Orléans losgewandert, mit uns am 22. Juli in Santiago eingelaufen. Mit einem unglaublich starken kanadisch-französischen Akzent. Ich kam mir immer vor als wäre ich mit der Zeitmaschine ins 17./18. Jahrhundert versetzt, wenn er sprach. In Québec benutzen sie noch viele Worte von damals und sprechen sie auch so aus wie vor 300 Jahren. Zum Teil so wie man spricht, also das ai in „affaire“ wie ei und nicht wie ä. Ich liebe diesen schrägen Akzent auch wenn ich oft nur die Hälfte verstehe.
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Nach einem längeren Anstieg verspürt man plötzlich ein laues Lüftchen. Der Gipfel ist fast erklommen. Der Wind begrüßt den Gipfelstürmer schon mal und trocknet die schweißtriefenden Klamotten. Was für eine Wohltat. Allein wegen dieser kurzen befreienden Momente hat sich der Weg gelohnt.