Archive for the ‘body’ Category

2990

April 3, 2023

Senkrecht aufrichten

nach Schürsenkelzumachen

Fast schwarz vor Augen

2948

März 24, 2023

Ein ganzes Leben

in einem Haus verbringen

Dem eignen Körper

2947

März 24, 2023

Küss mich, Nacktschnecke

Das feit gegen Alpträume

Die Nacht kann kommen

2930

März 21, 2023

Auf Zehenspitzen.

Verlagerung des Gewichts

auf die Fußsohlen.

2925

März 19, 2023

Hund, herabschauend

Verlagerung des Schwerpunkts

Richtung Fußsohlen

2889

März 10, 2023

Von Zehenspitzen

Fuß auf die Fersen senken

Hundert Sekunden

2888

März 10, 2023

Am Übungsende

Herabschauender Hund steht

jetzt auf den Fersen

2878

März 6, 2023

Dreißig Sekunden

schaut der Hund auf den Boden

und der Rücken juckt

2845

Februar 22, 2023

Aus heitrem Himmel

Kribbeln in den Fußsohlen

Der Weg spricht zu mir

2841

Februar 22, 2023

Sechzig Sekunden

herabschauender Hund sein

Mit dem All eins sein

2825

Februar 19, 2023

Lippen aufgespritzt,

Nase korrigiert, gebräunt

Blick abgewendet

2785

Februar 6, 2023

Wie sich die Fersen

beim herabschauenden Hund

nach unten senken

2775

Februar 2, 2023

Heute letzter Tag

mit Mund-Nasen-Schutzmaske

Wird sie mir fehlen?

2772

Januar 30, 2023

Bauch-Aneurysma

Von der Schippe gesprungen

Spaghettibeine

2742

Januar 20, 2023

Der Zug rappelvoll

Die Gelenke rosten ein

Allein im Gang stehn

2735

Januar 17, 2023

Sachen, durchgeschwitzt

auf Wäscheleine trocknend,

stark nach Chlor riechend

2712

Januar 9, 2023

„Könnten Sie bitte

den Bauch etwas freimachen?“

fragt Urologin.

2693

Januar 3, 2023

Einlauf in den Darm

Erst gewöhnungsbedürftig,

dann eine Wohltat.

2668

Dezember 23, 2022

Wiesenweg im Wald

Massage für Fußsohlen

Schon wieder vorbei

2594

November 24, 2022

Auf dem Kopf wachsen

zwei graue Pinselhälften

Dazwischen viel Haut

2593

November 24, 2022

Das Nasenbluten

als Wink, den Mund zu schließen

und zuzuhören.

2532

November 1, 2022

Geborgter Atem

Kurzes Gastspiel auf Erden

Mission unklar

2528

Oktober 31, 2022

Auf dem Implantat

sitzt die Krone wieder fest,

steht nach oben vor.

2459

Oktober 6, 2022

Zehn Kilometer

im Stehen radgefahren

Viel geschwitzt heute

2444

September 29, 2022

Nicht mehr hochkommen

aus dem Sofa. Nicht alles

ist schlecht im Alter.

2433

September 26, 2022

Am folgenden Tag

nach Ergometer-Einheit:

Der Gang federleicht

2382

September 9, 2022

Zahnschmerz am Morgen

Auf Müsli mit kalter Milch

folgt heißer Grüntee

2375

September 6, 2022

Traum vieler Männer

Frauen mit einem Blick nackt

ausziehen können

2368

September 4, 2022

Kiefer verspannt durch

Zähnezusammenbeißen

Wegen Zahnschiene?

2354

August 27, 2022

Am Ledersessel

klebt der verschwitzte Rücken,

löst sich langsam ab

2353

August 27, 2022

Sich im Kreis drehend

laufen unsere Zungen

Schlittschuh im Sommer

2300

August 12, 2022

Zahnschmerzen, die mich

ins Jetzt katapultieren,

langsam zunehmend

2279

August 4, 2022

Körper- und Außen-

temperatur identisch

Wind: Teufelsatem

2026

April 21, 2022

Morgens und abends

geh’n bis Feder entspannt ist.

Aufziehmännchen sein.

1845

Februar 8, 2022

Nach zwei Monaten

Nichtwiegen Überraschung

auf Waage erlebt.

1829

Februar 5, 2022

Aus der Kabine

steigt nach der kalten Dusche

ein anderer Mensch.

1785

Januar 12, 2022

Feuerbekämpfung

mit Kräutertee, Heilerde

Kaugummi und Sport.

[Es geht hier um das innere Feuer, wenn sich ein Säureloch in die Kehle brennt. Man nennt es auch stillen Reflux. Ein bisschen so wie ein Wassertropfen, der einem alle zehn Sekunden an exakt derselben Stelle auf den Kopf fällt. Seit über zehn Jahren. Fast ohne Pause. Ein Gastroenterologe sagte mir mal nach einer Magenspiegelung, es wäre nicht so tragisch, nur eine Wohlstandskrankheit. Kein Ratschlag, keine Hilfe, nada. Ich war damals zu baff, sonst hätte ich ihn sicher auf der Stelle k.o. geschlagen. Medikamente wirken übrigens bei mir nicht. Ich glaube das Wetter bzw. Klima hat einen großen Einfluss. In Südfrankreich war es ein paar Tage fast völlig weg. In Berlin dafür jetzt im trüben Winter umso schlimmer. Und das Schlimmste daran, man kreist nur noch um sich selbst, suhlt sich in seinem eigenen Selbstmitleid, kommt da von allein nicht raus.]

1783

Januar 11, 2022

Feuersbrunst wälzt sich

flammenlos durch die Kehle

am frühen Morgen

1683

November 21, 2021

Schluss mit Gelaber.

Wollen wir Leben retten?

Impfpflicht und basta!

[inspiriert vom heutigen nicht mehr auszuhaltenden Presseclub]

1676

November 19, 2021

Zum Doktor gehen

im guten Glauben, dass er

einem helfen kann.

1658

November 10, 2021

Eingesogen von

trock’nen, juckenden Waden:

die Körperbutter.

1627

Oktober 27, 2021

Beide Zahnreihen

mit Drachenblut versiegelt

in zwei Minuten.

1606

Oktober 5, 2021

Zum Schluss die Frage

Wer wird zuerst verfallen?

Körper oder Geist?

1444

Mai 28, 2021

Die Unteilbarkeit

des körperlichen Schmerzes

nicht akzeptieren.

1402 Nachhaltigkeit

Mai 14, 2021

Hornhaut, die nachwächst

auf langen Spaziergängen,

täglich abraspeln.

1381

Mai 7, 2021

Ich werde bestimmt

der Letzte in Deutschland sein,

der die Impfung kriegt.

1369

Mai 3, 2021

Schlohweiß, ausgezehrt

kommt Nachbar die Treppe hoch.

Covid shows its face.

1366

Mai 3, 2021

Mit im Impfzentrum.

Perplex. Priorisierung

vor Pragmatismus.

1353

April 28, 2021

In der Antike.

Das Abebben der Wollust

im Alter als Glück.

1338

April 23, 2021

Gerstenkorn platzt auf.

Das Jucken kaum erträglich.

Auge zu und durch!

1325

April 19, 2021

Wie siehst du denn aus?

Auf die Fresse bekommen?

– Nein, ein Gerstenkorn.

1305

April 10, 2021

Erst durch Nase ein-,

danach doppelt so lange

durch Mund ausatmen.

1296

April 7, 2021

Zweite Zeile steht

wie Brustwarze aus Haiku

singulär hervor.

1289

April 5, 2021

Wie das Blut pulsiert

im linken Zeigefinger

in der Jeanstasche.

1268 Kaltduschdoppelschwälle

April 1, 2021

Bis zehn: Erfrischung.

Elf bis zwanzig: Eisregen.

Schluss: Torso on rocks.

1207

März 18, 2021

Bewusst spüren, dass

jeder Schritt die Fußsohlen

wie ein Teig knetet.

1190

März 13, 2021

Trotz hohem Startpuls

recht niedriger Endpuls dank

gefundenem Tritt.

1182

März 11, 2021

Intervallfasten:

Schon abends freue ich mich

aufs Müslifrühstück.

1177

März 10, 2021

Ich gähne, ich frier‘,

es juckt am ganzen Körper,

ich habe Hunger.

1171

März 8, 2021

Nicht genug Selbsthass,

um auf dem Ergometer

zum Ziel zu kommen.

1148

März 4, 2021

Die Korrelation

zwischen Alter und Krankheit

nähert sich der Eins.

1134

März 1, 2021

Tastuntersuchung

von Hoden und Prostata

durch Urologin.

1016

Januar 26, 2021

Dusche so lang kalt,

bis auf dich aus den Düsen

Eiswürfel stürzen!

999

Januar 21, 2021

In rotem Sweatshirt

rote Bete gegessen,

der Finger blutend.

997

Januar 21, 2021

Erstes Rendezvous

mit der Waage dieses Jahr:

Schwelle durchbrochen.

987

Januar 20, 2021

Die Lunge in uns,

offen wie eine Wunde

zur äußeren Welt.

[ebf. von hier]

986

Januar 20, 2021

Jeder Atemzug

verschmelzt uns mit der Umwelt.

Wir teilen die Luft.

[hiervon inspiriert]

969

Januar 15, 2021

Mit der linken Hand

massier‘ ich dir frühmorgens

deinen Rücken warm.

945

Januar 7, 2021

Reflux weckt mich auf.

Linderung durch Kaugummi,

Wasser, Heilerde.

905

Dezember 22, 2020

Auf Rücken liegend,

die Glieder von mir gestreckt,

im Weltraum schwebend.

898

Dezember 19, 2020

Seltsames Zittern.

Denke erst die Erde bebt.

Es sind die Schenkel!

836

November 25, 2020

Bibbern bei fünf Grad.

Körper an Klimawandel

bereits angepasst.

805

November 16, 2020

Schnitt unter Nase

beim Rasieren. Blutstillung

lässt Träne kullern.

773

November 10, 2020

Vom ersten Tag an

schreitet der Verfall fort bis

zum allerletzten.

769

November 9, 2020

Nach dem Ausatmen

kommt ein Moment der Ruhe

vor dem Einatmen.

656

Oktober 1, 2020

Mein Traum, sechs Stunden

an einem Stück zu schlafen.

Doch der Hals wehrt sich.

596

September 7, 2020

Die Abendsonne

wärmt geschlossene Lider

auf der Terrasse.

594

September 6, 2020

Kleine Zehen von

schwarzer, steinharter Hornhaut

mit Raspel befreit.

593

September 5, 2020

Nach Aufstehen schwarz

vor Augen. Zu niedriger

Blutdruck für Größe.

581

September 1, 2020

Beine kämpfen noch

mit Start-Stopp-Automatik

an roten Ampeln.

529 Eckartsberga

August 24, 2020

Blutunterlaufen.

An die Grenze gestoßen.

Zwei kleine Zehen.

486 Strehla

August 17, 2020

Investition in

größtes Pilgerkapital:

Fußcrememassage.

482 Zeithain Friedhof

August 17, 2020

Der Klagegesang

zweier kleiner nach außen

dringender Zehen.

459 Zwischen Crostwitz und Panschwitz-Kuckau

August 14, 2020

Schwül. Total verschwitzt. 

Der Wind erhebt sich, trocknet

und kühlt den Körper. 

457 Salzenforst

August 14, 2020

Pistaziengrüner

Sonnenschirm schützt Hortensien:

Kreativ gärtnern.

428

August 4, 2020

Beißender Geruch.

Woher? Aufgeplatzt ist der

Wadenfurunkel.

98

April 5, 2020

Schweißperlen laufen

von der Stirn in die Augen

beim Morgenjogging.

85

April 1, 2020

Ein Blutstropfen reicht,

um den ganzen Ozean

rot einzufärben.

Timm Kruse: 40 Tage Fasten

März 17, 2012

Nachdem ich ja vorletzte Woche selber fünf Tage gefastet habe und zufällig von diesem Buch gehört hatte, musste ich es mir natürlich sofort besorgen und habe es in kürzester Zeit verschlungen. Es ist sehr einfach zu lesen, mich hat allerdings die Geschwätzigkeit irritiert. Der Autor ist freier TV-Redakteur beim NDR und arbeitete z.T. auch während der Fastenperiode weiter. Gerade bei einem Buch über das Fasten, das für Konzentration und Einkehr bei sich selbst steht, hat es mich verwundert, dass einerseits soviel banale „Erkenntnisse“ ausgebreitet werden, z.B. der doch sehr abgedroschene Gedanke, wie gut es uns doch in der Wohlstandsgesellschaft geht, und dass andererseits bestimmt die Hälfte des Buches aus im Internet aufgelesenen Informationen besteht. Besonders hanebüchen war da die Sache mit der Lichtnahrung: angeblich kann man nach einer Woche Fasten und Dursten (für eine Weile?) nur noch von Licht leben. Esoterischer Humbug. Mitgenommen habe ich aus dem Buch u.a. dass das Schlafen wohl immer schwieriger wird je länger man fastet, ähnliches hatte ich ja auch selber bei meinem Kurzfasten schon bemerkt. Der Autor kämpft hier besonders mit seiner Blase, da er abends viel trinkt, muss er nachts oft mehrmals aufs Klo. Nicht überraschend fand ich, dass sich im Laufe der langen Fastenzeit der Körper immer mehr runterregelt (Puls geht runter, Blutdruck dito, man friert, man wird langsamer in den Bewegungen) in eine Art Winterschlafmodus. Auch die Überempfindlichkeit gegenüber äußeren Eindrücken – sehr schön als eine erhöhte Durchlässigkeit des Körpers gegenüber der Umwelt gedeutet – und der Hang, sich auf sich selbst zurückziehen, der parallel läuft zu einer gewissen sozialen Inkompatibilität bzw. Unausstehlichkeit waren mir nicht ganz neu. Angeblich soll die Lust auf Sex nachlassen, das halte ich für eine individuelle Eigenheit des Autoren und kann ich aus meiner im Verhältnis sehr kurzen Fastenzeit nicht bestätigen. Dass die Verdauung nahezu bis zum Ende der 40 Tage aktiv ist und Einläufe daher an der Tagesordnung bleiben, war mir vorher noch nicht bekannt. Man hat am Ende des Buchs allerdings ein bisschen das Gefühl, dass es dem Autor mehr darum geht, sich selbst zu beweisen, dass er 40 Tage ohne Essen durchhalten kann als diese Aktion dafür zu nutzen, wirklich neue Erkenntnisse über sich selbst bzw. eine tiefere Selbsterfahrung zu machen. Hierzu passt auch, dass er nach Ende seiner Fastenzeit seinen Job hinwirft, nach Indien reist und einem Guru auf seiner Weltreise zu seinen Anhängern als Assistent folgt. Der Mann ist vierzig, aber scheint noch einen großen Bedarf nach Abenteuer und Flucht vor der Realität zu haben. Das lässt ihn eher als sprunghaften Teenager erscheinen denn als reifen Mann. Er erinnert mich auch in seiner Naivität an mich selbst vor dreißig Jahren. Neben der Gurugeschichte, von der er auch völlig überdreht in Elstners „Menschen der Woche“ erzählt hat, denke ich da an seine Bettelgeschichte, er sagt zwar nicht warum er einmal bettelt, aber ich kann mir eigentlich nur vorstellen, dass er sich auch hier austesten wollte, ob er den eigenen Stolz soweit überwinden kann, sich soweit erniedrigen kann, dass er andere anschnorrt. Eine andere Banalität, die er nicht müde wird dauernd zu wiederholen, ist dass wir alle riesige Egoisten sind. Aber muss man, um das zu realisieren wirklich 40 Tage fasten?

Zwei Sterne.

Fasteneinstieg zu Zeiten Jesu

März 14, 2012

Darum sucht einen großen Rankkürbis mit einer Ranke von der Länge eines Mannes; nehmt sein Mark aus und füllt ihn mit Wasser des Flusses, das die Sonne erwärmte. Hängt ihn an den Ast eines Baumes und kniet auf den Boden vor dem Engel des Wassers und führt das Ende der Ranke in euer Hinterteil ein, damit das Wasser durch alle eure Eingeweide fließen kann. Lasst das Wasser dann aus eurem Körper fließen, damit es aus dem Inneren alle unreinen und stinkenden Stoffe des Satans wegspült. Und ihr werdet […] mit eurer Nase all die Abscheulichkeiten und Unreinheiten riechen, die den Tempel eures Körpers beschmutzen, und sogar all die Sünden, die in eurem Körper wohnen und euch mit allen möglichen Leiden foltern.

Schriften der Essener

Changes

März 12, 2012

Hat das Fasten irgendetwas in mir verändert bzw. angestoßen? Ja, ich glaub schon und zwar

1. Habe ich 5-6 Pfund verloren und fühle mich leichter. Ich bewege mich übrigens jetzt am oberen Rand des Normalgewichts nach BMI.
2. Esse ich bewusster, kaue ich langsamer, genieße ich das Essen länger und mehr.
3. Werde ich viel schneller pappsatt als vor dem Fasten.
4. Möchte ich (mehr) kochen.
5. Ekle ich mich gerade vor Fleisch.
6. Denke ich ernsthaft darüber nach, vor dem Essen zu beten.
7. Bin ich etwas gelassener geworden und nicht mehr ganz so gereizt wie vorher, scheint mir.
8. Möchte ich bald wieder fasten.
9. Möchte ich beim nächsten Mal ein richtiges Tagebuch schreiben.
10. Möchte ich Fasten und Wandern kombinieren.
11. Möchte ich gemeinsam mit C. fasten.
12. Habe ich als Extremzukunftsprojekt sogar 40 Tage Fasten vor Augen (Moses, Buddha & Jesus können nicht irren), das Buch von einem, der es gemacht hat, habe ich mir schon gekauft.
13. Habe ich seit über eine Woche keinen Kaffee getrunken und habe auch jetzt keine Lust darauf.
14. Habe ich seit über einer Woche nicht mehr ferngesehen und vermisse es auch nicht.

Essenspause

März 10, 2012

Letzte Woche habe ich es endlich einmal geschafft, länger als zwei Tage ohne Aufnahme fester Nahrung durchzuhalten. Ich hatte es in der Vergangenheit schon diverse Male probiert, war aber immer relativ schnell schwach geworden und hatte dann auch noch den Fehler gemacht, mir anschließend den Magen voll zu schlagen. Der Ausstieg ist so ziemlich das wichtigste beim Fasten, die Verdauungsorgane sollten langsam wieder ihre Arbeit aufnehmen; heute habe ich das Fasten mit einem Apfel gebrochen, als zweites Frühstück eine Banane ganz langsam zerkaut und mir heute Mittag ein Gemüsegericht auf Brokkolibasis gekocht.

Fünf Tage nichts zu essen war einfacher als ich es mir ursprünglich vorgestellt hatte. Immer wenn ich Hunger hatte, habe ich einfach etwas getrunken. Am Tag so um die fünf Liter, davon 3 l Kräutertee und 1 l Wasser. Mittags und abends gab es als Hauptspeise Gemüsesaft bzw. -brühe, der Nachttisch bestand aus einem Obstsaft, den ich mir genüsslich auf der Zunge zergehen ließ. Buchingerfasten also, das Buch, das mich begleitet hat, war Fasten von Hellmut Lützner. So – als Hungerkünstler – hätte ich eigentlich weitermachen können, heute morgen verspürte ich keinerlei Lust auf feste Kost, man kann sich wirklich daran gewöhnen mal eine Weile nichts außer Flüssigkeiten oral zu konsumieren. Ein Ergebnis war der Verlust von sieben Pfunden, wobei das Gewicht die letzten beiden Tage laut Körperfettwaage angeblich unverändert geblieben ist. Die Gewichtsabnahme war allerdings nicht der Grund für die Abstinenz.

Mir ging es eher um ein Abschalten, ein zu mir kommen, eine Periode des Nachdenkens über mich selbst und meinen Weg, den ich gehe. Das ist nicht so richtig gelungen, der Haupteffekt des Fastens war gerade nicht eine Beruhigung, sondern eher eine Aufputschung. Dadurch, dass meine Gedärme für fünf Tage still standen, fühlte ich mich selbst sehr aufgekratzt und hibbelig. Hierzu passt die Beobachtung der den ganzen Tag wiederkäuenden Kühe, deren ausgefeiltes Verdauungssystem ja wohl auch eher beruhigend wirkt. Der Schlaf war eher kurz, ich kam morgens meist deswegen nicht raus weil ich die Wärme nicht gegen die Kälte tauschen wollte, ich hatte übrigens Urlaub genommen, was das Projekt enorm erleichtert hat. Im Arbeitsstress bei dauernd klingelndem Telefon mit Leuten, die etwas von mir wollen, hätte ich wahrscheinlich sehr bald dem Essenstrieb nachgegeben.

Der Körper kennt zwei Energieprogramme. Zum einen das normale, in dem ihm Nahrung zugeführt wird, die er dann in Magen und Darm verarbeitet und in Energie umwandelt, die er für seinen Betrieb benötigt. Bei diesem Programm gehen allein 30% der Energie für die Verdauung drauf, ein Wirkungsgrad, der übrigens gar nicht so übel ist. Zum andern gibt es das Fastenprogramm, in dem die Verdauung ruht und die Energie aus den körpereigenen Reserven – der eigenen Speisekammer – bezogen wird. Alle überflüssigen und giftigen Stoffe im Körper werden in diesem Modus abgebaut. Man muss nur den Schalter zwischen den zwei Programmen umschalten, was am besten durch eine Reinigung der Gedärme eingeleitet wird.

Eine kleine Herausforderung war der Einstieg am Montag. Bei früheren Versuchen hatte ich es mit Glaubersalz versucht, das ist zwar sehr effektiv, aber dadurch wird auch die Innenflora, wie ich sie jetzt mal umschreiben will, vollständig wegschwemmt. Bei mir hat es anschließend immer mindestens eine Woche gedauert bis sich alles wieder intern normalisiert hatte. Nein, dieses Mal habe ich eine auch in dem o.g. Buch als sanfter empfohlene Methode probiert: den Einlauf. Ein entsprechendes Gerät habe ich in der Apotheke für 10 Euro erworben, es besteht aus einem Wassersack, den man z.B. an der Türklinke befestigt, einem daran hängenden Schlauch sowie einem Plastikrohr. Ich glaube, ich brauche das Vorgehen nicht im Detail zu beschreiben, es ist nicht die schönste Erfahrung, es gibt aber auch schlimmere. Auf jeden Fall ist auch dieses Verfahren sehr effektiv, es dauert gerade mal eine Minute bis zur ebenfalls explosiven Entleerung.

Während der Fastentage bin ich relativ viel spazieren gegangen, der Körper will sich einfach bewegen, es ist ein bisschen wie ein zur Ruhe kommen im Gehen. Man fühlt sich auch leichter und beschwingter im Fastenmodus, was ja auch einleuchtend ist. Ich bin allein zweimal von Wilmersdorf in die Nähe des Alexanderplatzes gegangen. Wichtig bei längeren Promenaden war auf jeden Fall, sich Zeit zu nehmen, also auch mal ein Päuschen zu machen, bei dem man sein Wasserfläschchen getrunken hat. Nächstes Mal möchte ich unbedingt Fasten und Wandern noch besser kombinieren, ich denke an Langstreckenwandern, z.B. Jakobsweg von Berlin nach Tangermünde mit 20 Km-Etappen.

Was habe ich sonst so während der fünf Tage gemacht? Ich bin sie eher ruhig angegangen. Habe viel gelesen, viel Musik gehört, war im Kino, wo ich nachmittags in einer Vorstellung, in der ich mit Abstand der jüngste war, The Artist gesehen habe, einen Zombiefilm, in dem die Stummfilmzeit perfekt nachgebildet wird, der aber völlig hohl und leer erscheint, ein symptomatischer Film für unsere Zeit, in der die Nachempfindung vergangener Epochen egal ob in Kunst, Musik oder Film der Hauptzeitvertreib des Mainstreams in den schönen Künsten geworden zu sein scheint. Gegen Ende der Woche habe ich dann endlich unter dem Druck der mir davonlaufenden Zeit etwas mit dem Aufräumen begonnen. Ich habe übrigens überhaupt nicht ferngesehen, hingegen habe ich natürlich jede Menge Zeit im Internet vor dem Monitor des Netbooks verbracht. Sportlich habe ich neben den Spaziergängen ein bisschen mit den Hanteln gearbeitet, etwas jongliert und einmal habe ich mich sogar auf das Ergometer gesetzt, trotz im Verhältnis zum normalen Programm deutlich reduzierter Maximalleistung von 275 Watt, habe ich allerdings nach knapp 20 Minuten abgebrochen, die Atmung war etwas kurz und unregelmäßig, aber der Grund für die Aufgabe lag vor allem im Kopf, ich verspürte keinerlei Lust auf den Kampf mit dem inneren Schweinehund.

Gerüche waren während der Fastenperiode besonders penetrant, das war neben der Aufgedrehtheit und generellen Überempfindlichkeit ein weiterer Grund, wieso ich kaum unter Leute wollte. Zum einen natürlich Essensdüfte, die auch das Wasser eines Fastenden im Munde zusammenlaufen lassen. Am schlimmsten waren allerdings ganz klar die Parfüme und Deos. Die Attacke auf meinen Geruchssinn Kulminierte in der Volksbühne am Donnerstag Abend beim Tindersticks-Konzert. Was da einige Damen aufgetragen hatten, das ging auf keine Hundenase. Wobei ich gerechterweise sagen muss, dass ein Fastender jetzt auch nicht immer nach Rosenwasser riecht, vor allem nicht aus dem Mund, aber lassen wir das jetzt.

Was habe ich im einzelnen zu mir genommen? Da waren neben dem Mineralwasser – ich hatte medium, still war eigentlich empfohlen – natürlich zum einen verschiedene Teesorten, anfangs habe ich mir morgens schwarzen Tee geleistet, das aber bald aufgegeben, als ich gemerkt habe, dass die aufputschende Wirkung noch stärker war als sonst schon. Als Kräutertee habe ich häufig Minze getrunken, auch leicht belebend, gleichzeitig gut für den Atem. Andere Kräutertees waren eher beruhigend wie Rooibos, Zitronengras (gerne mit Minze oder Johanniskraut gemischt) und Süßholz. Ich habe auch oft frischen, in Scheiben geschnittenen Ingwer hinzugetan, dessen reinigende Wirkung sich in der Schärfe manifestierte, die er auf dem Boden der Teekanne entwickelte. Außerdem hatte ich noch einen sehr aromatischen, erfrischenden Früchtetee, der vor allem aus roten Früchten wie Erd- und Himbeeren bestand. Die klare Gemüsebrühe, die ich die ersten Tage in Niederhöchstadt gegessen habe, hatte C gekocht. Sie basierte auf Karotten, Stangensellerie, Tomaten, Porree, Kartoffeln, Brokkoli, Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Chili, Thymian und Salz. Die Gemüsesäfte, die ich probiert habe, waren ein gemischter Saft (im Grunde mein Lieblingsgemüsesaft), ein Tomatensaft (auch gut), sowie ein Karottensaft und ein Sauerkrautsaft, die ich beide allein nicht trinken konnte, der eine war zu süß, der andere zu sauer. Aber in der Kombination waren sie genießbar. Schlussendlich noch die Obstsäfte, die ich meist als Nachtisch trank. Sehr lecker war der trübe Apfelsaft von einer lokalen Apfelkelterei, die Süße konnte ich in kleinen Zügen genießen. Außerdem habe ich eine leckere Mischung aus Wasser und Johannisbeersaft zu mir genommen. Morgens trank ich meist mein Gläschen Orangen- bzw. Grapefruitsaft.

2009 war

Januar 1, 2010

das Jahr, in dem mir klar geworden ist, dass jeder Mensch so gut wie permanent mindestens mit einem Pfund Scheiße durch die Gegend läuft.

P.S. Das Gefühl, einen über einen Meter langen Schlauch im Darm stecken zu haben und auf dem Bildschirm das Ende der Reise der Kamera am Schlauchende kurz vor dem Dünn- und Blinddarm durch eine braune, stinkende Brühe zu sehen während einem in jeder Sekunde der Dickdarm platzen will (ohne dass man es selber wollte) und man nur notdürftig mit einem Handtuch bedeckt zwei Fremden, darunter einer jungen Frau, mehr oder weniger den nackten Hintern hinstreckt, ist ziemlich unbeschreiblich. Allerdings glaube ich jetzt eine Ahnung davon zu haben, wie es ist, wenn man gerade seine Jungfernschaft verloren hat. Dagegen ist die Beobachtung eines abgezwackten, blutenden Polypen eigentlich schon fast wieder eine Wohltat. Der Polyp war nicht bösartig, aber in drei Jahren muss ich wieder hin, denn die Dinger können ja recht schnell das Lager wechseln.