Archive for Juni 2010

3:06 Galaxie 500 – Instrumental (1988)

Juni 29, 2010

Ich weiß jetzt nicht so ganz was ich zu Galaxie 500 sagen soll. Indie Aficionados werden sie gut kennen, die meisten anderen wohl eher nicht. Ihr Mastermind war Dean Wareham, der gut zwei Wochen nach mir geboren ist, allerdings auf der anderen Seite der Erdkugel, in Wellington, Neuseeland. Nach einem Aufenthalt in Sydney kam er mit 14 nach New York. In Harvard hat er dann ein Sozialwissenschaftsstudium mit einem B.A. abgeschlossen. Wieso schreib ich das jetzt alles aus der Wikipedia ab? Vielleicht weil es ein bisschen seine Musik erklären kann bzw. seinen Sound, den er mit Galaxie 500 entwickelte und dann später mit Luna perfektionierte, wo dann noch der Feelies-Drummer mitmachte und jemand von den neuseeländischen Chills. Wie man an alldem sieht, ist Wareham ein Globetrotter mit intellektuellem Touch und seine sehr ruhige Musik, die man als Gitarren-Dreampop bezeichnen könnte, strahlt etwas Universales, Allumfassendes aus, das mich von der Sekunde an, wo ich ihn das erste Mal gehört habe, sofort angesprochen hat. Ein Instrumental passt besonders gut zu ihm, da seine Stimme eher schwach und unscheinbar ist und meist im Hintergrund eingesetzt wird, meines Erachtens sogar fast schon etwas nervt und vom eigentlichen Sound ablenkt, den man als traumtänzerisch bezeichnen könnte. Ich mach jetzt Schluss mit dem Gelaber und wünsche allen eine gute, erholsame Sommernacht, möge diese gesanglose Wiegenmusik dem Einschlummern förderlich sein.

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3:07 Wilco – Heavy Metal Drummer (2002)

Juni 29, 2010

I miss the innocence I’ve known
Playing Kiss covers, beautiful and stoned

Bei diesem Lied denke ich immer an
– das Video mit Jeff Tweedy und dem kleinen Jungen im Wagen, die beide mit den Händen auf den Schenkeln trommeln
– einen Ex-Kollegen, der wahrscheinlich der größte Kiss-Fan in Berlin ist, zumindest in Berlin-Moabit. Hi there, S.
Destroyer, meine erste Langspielplatte, die ich vor ziemlich exakt 24 34! Jahren zu meinem 13. Geburtstag gekriegt habe.

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3:08 UB40 – Present Arms in Dub (1981)

Juni 27, 2010

Bei dem Supersonnenwetter scheint mir dieses Reggae-Echomonster genau die richtige Mucke zum Runterchillen zu sein. UB40 aus Birmingham nannten sich nach dem Formular zum Beantragen der Arbeitslosenhilfe (unemployment benefit form 40), welches sie nach diversen Hits in den Achtzigern dann später wohl kaum noch ausfüllen mussten. Großartig ist hier natürlich das fette Bläsermotiv, aber die diversen hin und her hallenden Töne und Geräusche geben dem Stück zusätzlich fast einen experimentiellen Charakter.

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3:09 Basia Bulat – Snakes and Ladders (2006)

Juni 26, 2010

Don’t you know it’s bad luck
To stay in one place for too long?

Die Stimme von Basia Bulat erinnert mich unglaublich stark an diejenige von Tracy Chapman. Da scheint soviel Trauer, soviel harte Lebenserfahrung drin zu stecken, es ist jedes mal wie ein Stich ins Herz, wenn ich sie singen höre. Das Lied ist eine bittersüße Ballade, in der ein englisches Brettspiel mit dem Leben verglichen wird. Ich glaube, es geht darum, dass man auch mal was riskieren muss, wenn man weiterkommen will. Dass der erste Schritt hin auf einen Menschen, den man gerade kennengelernt hat, auch nicht ungefährlich ist. Man könnte ja zurückgewiesen werden. Und doch lohnt es sich auf jeden Fall, mal das zu tun, was nicht unbedingt von einem erwartet wird. Leben ohne Risiko ist wie Suppe ohne Salz. Vielleicht gesünder, aber wozu?

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3:10 Buzzcocks – Harmony In My Head (1979)

Juni 25, 2010

Vom Punk habe ich ja in der zweiten Hälfte der Siebziger kaum was mitbekommen. Ich war zwar von 1976-78 dreimal in Südengland im Sommer – Bournemouth, Margate, Marlow – aber auch schon diese Bewegung schien mehr ein Medienhype als real existierend gewesen zu sein. Erst später in den Achtzigern habe ich meine Lieblingspunkband entdeckt, die Buzzcocks. Sie hatten neben der englischen Schnoddrigkeit und den ohne Umschweife auf den Punkt kommenden Titeln (wie z.B. Orgasm Addict oder Just Lust) auch noch die Melodien dazu. Das heutige Lied kann man kaum als Punk bezeichnen, erstens ist es zu lang, dann zu langsam und es wird zudem sogar noch ein bisschen gejammt. Aber das macht alles absolut überhaupt nichts, denn dieser Titel hält alles, was er verspricht. Aus meinem Kopf geht der Ohrwurm heute jedenfalls nicht mehr so schnell raus.

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3:11 R.E.M. – Crazy (1989, cover)

Juni 25, 2010

Es ist unglaublich, aber wahr. Der einzige Song unter dreiundneunzig, der etwas hervorsticht aus dem Mittelmaß der 191-Sekundenlieder auf meinem iPod ist erstens ein Cover und zweitens ein Cover von einem Song, dessen Originalversion ich vorgestern schon vorgestellt habe. Viel zu schreiben gibt es jetzt nicht mehr. R.E.M. halten sich schon fast sklavisch an das Vorbild, sie nehmen allerdings ein bisschen den Pepp raus, allein schon durch Michael Stipe’s Stimme. Das wäre jetzt nicht nett, wenn ich schreiben würde, dass dies ihr bestes Lied wäre, wenn es denn von ihnen wäre, aber das ist mir jetzt egal. Auch Blogs sind geduldig.

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3:12 Swell – Get High (1990)

Juni 24, 2010

Aching to find where the tulips cry
on and on and on again
I still get high

Der erste Song auf dem ersten Album von Swell. Sozusagen der Einstieg in die Band. Es geht los mit rhythmisch schlagenden Glocken, dann kommt die leicht jaulende Gitarre. Und David Freel singt von anthropomorphen Tulpen. Wer würde da nicht an Holland denken und eine weibliche Pflanze, deren Konsum eine gewisse beruhigende und entspannende Wirkung entfalten kann. Das Lied ist immer noch genau so gut wie vor zwanzig Jahren. Ob David Freel heute noch high wird weiß ich nicht, zu gönnen wäre es ihm.

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3:13 Pylon – Crazy (1981)

Juni 23, 2010

‚Cause your head’s shaking
‚Cause your arms are shaking
And your feet are shaking
‚Cause the earth is shaking

Sorry, ich bin etwas spät dran, gestern war ich mit ein paar Kollegen im Freiluftkino im Volkspark Friedrichshain (sehr empfehlenswerte Location), um den neuen Film von Jane Campion über den sehr jung gestorbenen Dichter John Keats und seine große Liebe zu sehen (nicht empfehlenswert, da sehr gekünstelt und langweilig). Im Kino hatten sie den süffigen Augustiner Edelstoff in den alten, dickbauchigen Halbliterflaschen, ich glaube, ich habe da eine halbe Pulle zu viel getrunken. Das gestrige Lied habe ich zuerst als Cover von R.E.M. auf der wunderbaren Sammelsurium-CD Dead Letter Office gehört. Im Original von Pylon, die wie R.E.M. aus Athens, Georgia stammen und diese wohl auch beeinflusst haben, ist es mindestens genauso fetzig. Gut als Partymusik geeignet, stimmt es mich schon auf das Wochenende in Luxemburg ein, wo wir voraussichtlich so einige, alte Bekannte treffen werden.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 142 Songs ist hier.)

3:14 Air Miami – Adidas My Ass (1994)

Juni 21, 2010

I don’t care about your hair
I just care about the shoes you wear

So wahnsinnig viele neue, interessante Gitarrensounds nach dem von Johnny Marr gab es nicht, wenn ich mich recht erinnere. Einer der wenigen, der seine Gitarrensaiten auf eine ganz eigene Art und Weise zum Schwingen brachte, war Mark Robinson aus Washington, D.C., das sich eigentlich eher durch Hardcore einen Namen auf der Rockmusikweltkarte gemacht hat. Für mich hat das sehr flinke Gitarrenspiel hier einen lässigen, luftig-lockeren Klang, dazu fällt mir gerade diese Schokolade mit Luftlöchern ein, die es in den Achtzigern gab, sie war vom Kakaogehalt eher mau, aber sie war innovativ und musste unbedingt probiert werden. Das Beste an ihr waren die leeren Zwischenräume. Dies ist keine besonders gute Aufnahme, vor allem die Vocals am Anfang sind leicht verzerrt, aber es ist nur eine Democassette, auf der CD ein Jahr später war die Qualität besser, allerdings hörte sich das dann nicht mehr ganz so jungfräulich an. Was aber absolut in der Natur der Sache war.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 141 Songs ist hier.)

3:15 Les Négresses Vertes – L’Homme des Marais (1989, live 1996)

Juni 21, 2010

N’aie pas peur sur ta route
Des barques echouées
Suis la senteur salée
Des longs roseaux mouillés

Musik, die in die Beine geht und trotzdem einen melancholischen Unterton hat. Stark vom algerischen Raï aber auch von anderen Volksmusiken aus dem südosteuropäischen Raum beeinflusst, hat das zum Großteil aus Straßenmusikern bestehende Kollektiv Les Négresses Vertes um 1990 eine Art Weltmusik voller Spielfreude mit u.a. Akkordeon, Posaune und Trompete gemacht. Ihr Sänger Helno starb 1993 an einer Überdosis, aber sie machten weiter. Der „Mann aus den Sümpfen“ war eines ihrer bekanntesten Lieder.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 140 Songs ist hier.)

3:16 The Smiths – Some Girls Are Bigger Than Others (1986)

Juni 20, 2010

Send me the pillow …
The one that you dream on …
And I’ll send you mine

Es wird nicht einfacher mit der Liedauswahl. Ich hatte mich schon fast für das jubilierende Fifty-Fifty Clown von den Cocteau Twins entschieden, einen ihrer transzendentalsten, himmlischsten Songs. Doch dann kam wieder ein Lied von The Queen Is Dead von den Smiths und heute konnte ich ihnen nicht widerstehen. Die Lyrics sind mehr oder weniger geschenkt, aber Johnny Marr’s Gitarrenakkorde glitzern und funkeln wie Sternschnuppen in der lauen Sommernacht. Wenn ich mir jetzt sofort etwas wünschen müsste, dann wäre es eine Reunion und ein Konzert unter dem Apfelbaum in unserem Garten zu meinem Geburtstag in ein paar Wochen. File under Alex has a dream…

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3:17 Sixteen Horsepower – Black Bush (1996)

Juni 19, 2010

Look see his bones are gone
He done left the grave
The grip of death it could not hold him down no
It’s for him that I rave

Eigentlich wäre ja heute bzw. gestern ein weiteres Smiths-Lied drangewesen, nämlich The Boy With the Thorn in His Side, aber am Ende war Amerika mal wieder stärker als England. Einfach unglaublich wie Morrissey die Melodie summt und stöhnt. Aber das flotte Banjospiel auf Black Bush ist noch phantastischer. Man hat das Gefühl, dass das Instrument sich verschluckt, dass die Saiten über sich selber stolpern. Aber irgendwie kriegt es sich immer wieder ein. David Eugene Edwards singt von Jesus ohne seinen Namen zu erwähnen. Das ist es, was ich an ihm und seinen Songs mag. Er ist sehr christlich, seine Themen sind meist biblisch und man spürt seine tiefe Religiosität in den Liedetexten, aber er versucht nie irgendwen zu bekehren.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 138 Songs ist hier.)

3:18 X Mal Deutschland – Polarlicht (1987)

Juni 17, 2010

Von Alaska bis Kiruna

Am Sonntag ist mein Onkel aus Amerika gestorben. Wir haben es erst heute erfahren. Natürlich war unsere Beziehung nicht sehr eng. Obwohl er sehr oft in Deutschland war, ich glaube, ich habe ihn in den letzten 25 Jahren so im Schnitt einmal pro Jahr auf Familienfesten getroffen. Letztes Jahr waren C. und ich zu seinem 70. in Ohio. Wie auch schon 10 Jahre zuvor. Er war ein sehr einnehmender, lustig-lockerer Typ. Er war der Einzige aus der Familie, der nach Amerika gepasst hat. Seine Urne wird in Deutschland beigesetzt werden. Wie er es gewollt hat. Hoffentlich dauert es jetzt nicht wieder zehn Jahre bis zu unserem nächsten Trip nach Amerika.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 137 Songs ist hier.)

3:19 Yo La Tengo – No Water (1987)

Juni 16, 2010

A dirty street outside my room, papers swirl around
Not a soul on a night of gloom, tries to stop a howl
Another day on a dismal beach, a seagull turns and flies by
The waves seem so high and fierce, break and crash back down

Ein relativ frühes Lied von einer meiner Lieblingsbands. Yo La Tengo aus Hoboken, New Jersey auf der anderen Seite des Hudson gegenüber von Manhattan. Sie waren auch schon damals die Meister der leisen Töne. Diese langsame, stimmungsvolle, melodische Ballade ist heute gerade die richtige Entspannungsmusik für mich, meine Stimmung ist mal wieder close to ground zero und überhaupt. Ich glaube, ich bin gerade in der post midlife crisis und in so einer Situation sind Ira & Georgia, also die Philemon & Baucis des 21. Jahrhunderts, genau der Balsam, nach dem die waidwunde Seele verlangt.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 136 Songs ist hier.)

3:20 Serge Gainsbourg – Je suis venu te dire que je m’en vais (1973)

Juni 15, 2010

Comme dit si bien Verlaine au vent mauvais
Je suis venu te dire que je m’en vais
Tu te souviens des jours anciens et tu pleures
Tu suffoques, tu blêmis à présent qu’a sonné l’heure

Vorhin auf dem Heimweg von der Arbeit hat mich das Lied voll erwischt. Der Bürotag war gekennzeichnet von einem Konflikt, der sich zwar mehr oder weniger wieder in Wohlgefallen aufgelöst hat, der mich aber trotzdem mitgenommen hat und nach solchen Auseinandersetzungen bin ich ziemlich nah am Wasser gebaut. Als ich dann auf dem Fußweg von der U-Bahnstation – ich war extra eine Station weiter gefahren, um alle Tagestracks hören zu können – dem großen Serge sein doch sehr herzlos rüberkommendes Abschiedslied an eine Geliebte im Ohr hatte, war ich den Tränen nicht weit. Neben dem Text ist auch die Melodie sehr traurig. Bei Gainsbourg denke ich immer, dass er seinen Lebensgenuss optimiert hat, er hat alles und alle genommen, die er kriegen konnte und ist rechtzeitig abgetreten von der Lebensbühne bevor die Alterszipperlein ihm etwas anhaben konnten. Ich muss auch an einen Weinkeller in Saint-Germain-des-Prés denken, in dem wir vor einigen Jahren waren. Nach ein paar Gläsern schwärmte uns ein mittelalter Pariser von Gainsbourg vor und sang ein Lied von ihm, ich habe vergessen welches. Aber da fiel es mir mal wieder wie Schuppen von den Augen, dass Frankreich es besser hat.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 135 Songs ist hier.)

3:21 Neil Young – Old Man (1972)

Juni 14, 2010

Love lost, such a cost,
Give me things
that don’t get lost.
Like a coin that won’t get tossed
Rolling home to you.

Das Zusammenspiel der zart gezupften akustischen Gitarre, dem in Zeitlupe gespielten Bass und dem erdig-folkigen Banjo gekoppelt mit dem himmlisch entrückten Klang der Pedal Steel-Gitarre ist es, was mich an diesem Song ganz besonders anzieht. Mit den Lyrics trifft Neil Young natürlich auch ins Schwarze der Psyche eines jeden Mannes zwischen zehn und hundert. Viel mehr kann man(n) von Popmusik eigentlich nicht verlangen.

Eher unwichtig ist hingegen,

  • über wen das Lied ist (den Hausmeister der Ranch, die Young 1970 in Nordkalifornien gekauft hat)
  • wer Banjo spielt (James Taylor)
  • wer im Hintergrund singt (Linda Ronstadt)
  • auf welchem Album es ist (Harvest)
  • an welcher Stelle es auf der LP ist (1. Track auf Seite 2)
  • in welchen Filmen es zu hören ist (Dogtown & Z-Boys, Die Wonder Boys und Dogtown Boys.)
  • welcher prominente Songwriter es auf einer Tour 2002 gecovert hat (Bob Dylan)
  • zu dem Begräbnis welchen Schauspielers es gespielt wurde (Heather Ledger)
  • bis auf welchen Platz die Single in den Billboard Charts kam (31)
  • wann und wo der Song zuerst live vorgetragen wurde (23.2.71, BBC?)

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3:22 Cowboy Junkies – A Common Disaster (1996)

Juni 13, 2010

I found myself a friend,
but he’s crooked as a stick in water
So now I’m writing fairy tales
to catch the spirit of revenge

Heute vor neun Jahren habe ich meinen ersten Post bei Blogger veröffentlicht. Zur Feier des Tages würde ich gerne den ersten neun Lesern, die mir eine Mail an alex63 AT bigfoot PUNKT com mit Namen und Adresse schreiben, ein kleines Dankeschön zukommen lassen. Und zwar in Form einer CD-ROM mit den ersten 100-120 Liedern, die ich im Rahmen dieses Projektes ausgewählt habe.

In other news: Heute hätte ich fast einen Song von Dir, liebe A. genommen. Crystalised von The xx. Eine der wenigen neuen Gruppen, mit denen ich was anfangen kann. Wobei es natürlich schon so ist, dass ihre Musik stark an die von einer anderen Band aus den Achtzigern erinnert. Ich meine natürlich die Young Marble Giants mit ihren ungeschminkten, minimalistischen LoFi-Stücken.

In dem Lied von heute geht es wohl um das Ende einer Beziehung, eine ganz gewöhnliche Katastrophe. Wenn ich wählen könnte zwischen dem unglücklichen Verliebtsein in eine, von der ich von vorneherein weiß, dass sie notorisch fremdgeht (das gestrige Help Me for a man) und der plötzlichen Realisation, dass sie es nicht ehrlich mit mir meinte (A Common Disaster), dann würde mir die Wahl nicht schwer fallen.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 133 Songs ist hier.)

3:23 Joni Mitchell – Help Me (1974)

Juni 13, 2010

Help me
I think I’m falling
In love again
When I get that crazy feeling
I know I’m in trouble again

Zwischen ihren beiden Meisterwerken, dem Seelen-Striptease Blue und dem Roadalbum Hejira hat Joni Mitchell 1974 ihre populärste LP, das leicht angejazzte Court and Spark veröffentlicht. Das zweite Lied auf der Platte war Help Me, das gleichzeitig die meistverkaufte Single von ihr war. Ich schreibe das weil ich ansonsten kaum kommerziell sehr erfolgreiche Musik kenne, die mich so anspricht wie dieses Stück und das Album worauf es sich befindet. Auf die Schnelle fallen mir da nur einige Lieder der Beatles ein. Mitte der Achtziger, als ich Help Me das erste Mal gehört habe, habe ich mich sofort in der Protagonistin wiedererkannt. Unglücklich verliebt zu sein, war damals ein Dauerzustand bei mir. Das hat sich dann später glücklicherweise ein bisschen gelegt. Cut. Man hat den Moment, in dem Joni Didn’t it feel good? singt und der Klang der Gitarren, der Holzbläser und des Saxophons konvergieren, recht treffend mit der Explosion von Brausepulver auf der Zunge verglichen: Zischende Eruptionen von Klangfarben, die in alle Richtungen zerstieben.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 132 Songs ist hier.)

3:24 Sixteen Horsepower – Haw (1995)

Juni 11, 2010

Don’t let your mind do all your walking
Boy you’ll stumble every time

Dieses Lied wird dominiert von dem gleichzeitig luftig-ätherischen und komplex-dichten Klang von David Eugene Edwards‘ Slide-Gitarre. Besonders faszinierend an diesem Song ist die Kombination aus den ernst vorgetragenen Lyrics mit religiösem Hintergrund und dem stark psychedelischen Sound. Das erinnert mich ein bisschen an die Kurzgeschichte über den norwegischen Maelstrom von Edgar Allan Poe, in den man mehr und mehr hineingezogen wird, je näher man ihm kommt. Hier noch ein Video einer Liveperformance beim Loreleifestival 1997.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 131 Songs ist hier.)

3:25 Joy Division – Disorder (1979, Birmingham live 2.5.80)

Juni 10, 2010

It’s getting faster, moving faster now, it’s getting out of hand
On the tenth floor, down the back stairs, it’s a no man’s land
Lights are flashing, cars are crashing, getting frequent now

Der Opener des ersten Albums Unknown Pleasures gespielt auf dem letzten Konzert von Joy Division, gute zwei Wochen bevor Ian Curtis sich erhängt hat. Ich wollte nicht noch ein Lied von dieser Gruppe auswählen (sie sind jetzt wie die Nachfolgeband New Order, die Smiths und Joni Mitchell mit sechs Titeln vertreten), aber es gab absolut nichts, was auch nur entfernt herangereicht hätte. Da Da Da? Here Comes a City? My Name Is Jonas? Because the Night? Ride into the Sun? Das ist Mucke für Warmduscher, bei den Temperaturen – draußen sind es jetzt um halb 12 Uhr nachts immer noch 26,6, drinnen 25,0 Grad – geht das aber so was von gar nicht. Schön bei dieser letzten, sozusagen definitiven Version sind natürlich Stephen Morris schwer verhallte Drums, die da sind wo sie hingehören, nämlich ganz weit vorne. Und dass Ian Curtis so spät mit seinem Sprechgesang anfängt und erst einmal die anderen vorlässt. Z.B. Peter Hook, der wieder mal die Wände zum Erbeben bringt. Und Bernard Sumner, der es wunderlicherweise schafft, seine malträtierten Gitarrensaiten nicht zum Zerspringen zu bringen.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 130 Songs ist hier.)

3:26 Gang of Four – Damaged Goods (1978)

Juni 9, 2010

Your kiss so sweet
Your sweat so sour
Sometimes I am thinking that I love you
But I know it’s only lust

Von Bands mit politischer Stoßrichtung bin ich ja eigentlich überhaupt kein Fan, aber hier haben die Post-Punker aus Leeds, die sich nach der berüchtigten chinesischen Viererbande genannt haben, ein eindrucksvolles Stück Rockmusik vorgelegt und zwar von der Musik und vom Text her. Wir haben es in diesem Lied mit einer Kapitalismuskritik zu tun, die heute so aktuell ist wie eh und je. Eine Art negative Utopie. Menschen in Beziehungen werden füreinander immer mehr zu Waren, wenn einer fertig ist weil er z.B. seelisch krank ist, wird er vom anderen wie ein kaputtes Teil zurückgeschickt und ausgetauscht. Der Materialismus des Geldes hat sich auf unsere sozialen Beziehungen übertragen. Sagten die Gang of Four vor über dreißig Jahren. So ganz unrecht hatten sie damals und haben sie erst recht heute wohl damit nicht. Die Musik hierzu ist nervös-quirlig und hartkantig, mit deutlichem Ska-Einfluss. Ein stotterndes Killerriff beherrscht den zudem sehr basslastigen Song. Man sagt, Bloc Party würden so ähnlich klingen. Alles, was ich bis dato von ihnen gehört habe – das war eher wenig – war allerdings nur ein schwacher Abklatsch. Aber wahrscheinlich ist es mit Rockmusik so, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt die „neuen“ Bands nicht mehr goutieren kann, da man in ihrer Musik die alten Gruppen von früher hört, die damals subjektiv viel besser waren. Und zwar nicht nur wegen der Originalität sondern auch weil man selber damals jünger und aufnahmefähiger für Neues war.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 129 Songs ist hier.)

3:28

Juni 8, 2010

Show me how you do that trick,
the one that makes ice-cream she said

Fast Lied des Tages geworden wären heute das zärtliche No Water von Yo La Tengo, selbiger Band’s countryeskes Did I Tell You, Swell’s trommelwirbliges Come Tomorrow, derselben Gruppe abgründiges Always One Thing, das schwelgerische Punks in the Beerlight der Silver Jews, Neil Young’s sentimentales I Believe in You, Julie Doiron’s sprödes Don’t Ask, The Gun Club’s dämonisches Sleeping in Blood City, Suzanne Vega’s unter die Haut gehendes Undertow, Pinback’s zeitlupenhaftes Charborg, Giant Sand’s entspanntes X-tra Wide, Belle & Sebastian’s unernstes Get Me Away From Here I’m Dying und Joni Mitchell’s persönlichstes Lied Little Green. Soviel bleibt jetzt nicht mehr übrig und das Raten des heutigen Songs sollte somit nicht mehr ganz so schwer sein ;-). Es ist ein Cover mit gewissen textlichen Verbesserungen, das kann ich verraten, die Stimme des ursprünglichen Sängers ertrage ich heutzutage nur noch mit 2 Promille und mehr. Aber die Melodie ist einfach nicht kaputtzukriegen, auch und gerade in dieser trashigen Keyboardversion.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 128 Songs ist hier.)

Einen Schritt für jeden Berliner

Juni 8, 2010

Eine Slideshow (Artikel dazu) zur Einstimmung auf unsere Jakobswegfortsetzung im Juli. Wir wollen 580 Kilometer auf der Via Podiensis von Le Puy nach Aire sur l’Adour gehen, wo wir vor drei Jahren (etwas runterscrollen) gen Santiago aufgebrochen waren.

3:29 Morphine – Whisper (1995)

Juni 7, 2010

Don’t worry I’m not looking at you
Gorgeous and dressed in blue
I know it drives you crazy
When I pretend you don’t exist

Unglaublich, aber wahr, es ist jetzt auch schon wieder über zehn Jahre her, dass Mark Sandman, der Sänger und Bassist von Morphine während eines Konzerts in der Nähe von Rom auf der Bühne einem Herzinfarkt erlag. Morphine war eine sehr spezielle Band, die sich im Zonenrandgebiet von Rock und Jazz bewegt hat. Bei diesem Stück kommt das sehr gut zum Ausdruck. Es beginnt mit dem unwahrscheinlich potenten Bass Mark Sandman’s, der das um sich selbst kreisende Motiv spielt. Dazu gesellen sich die delikat gespielten Drums. Als nächstes singt Mark Sandman mit seiner grummeligen Bassstimme davon wie er eine Frau anmacht. Schließlich setzt das Saxofon neben einigen Pianoakkorden den jazzigen Akzent und die ganze Gruppe improvisiert etwas vor sich hin. A free flow into the dark of the night.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 127 Songs ist hier.)

3:30 Wipers – The Chill Remains (1987)

Juni 7, 2010

Greg Sage und seine Wipers habe ich das erste Mal in meiner Münchener Studentenzeit Mitte der Achtziger auf dem Zündfunk (Bayern 2) gehört. Ihr extrem melodischer, düsterer mit viel Verzerrung arbeitender hypnotischer Gitarrenrock hat mich damals sofort angezogen. Heute werden sie bei Wikipedia als Punkband geführt. Seltsam, für mich war das immer Post-Punk, die Stücke sind meist viel zu lang für Punksongs und sie scheinen durchkomponiert, was man von den meisten, hingerotzten Punkliedern nicht behaupten kann.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 126 Songs ist hier.)

3:32 Aimee Mann – Ghost World (1999)

Juni 6, 2010

And all that I need now
is someone with the brains and the know-how
to tell me what I want..

Was könnte bei diesen Temperaturen besser passen als Aimee Mann’s jubilierendes Lied über den ersten Sommer nach dem Ende der Schulzeit? Sorry aber fürs Bloggen ist es definitiv zu schön draußen. Wir sind dann mal im Mauerpark.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 125 Songs ist hier.)

3:31 Sophie Hunger – Round and Round (2008)

Juni 5, 2010

Round and round and round you go
Who you are, nobody knows

Dieser Eintrag bringt zwei Nova. Zum einen das erste Lied von 2008 und damit das Neueste, zum anderen den ersten Interpreten aus dem deutschsprachigen Raum, die Schweizerin Sophie Hunger, die allerdings auf englisch singt. Ich glaube zu dem Stück muss man nicht viel sagen. Es handelt sich um eine peppige, sehr melodische Gitarrenballade über eine Liebesgeschichte mit einem Vagabunden. Sophie Hunger’s bluesig-souliger Gesang hat mein Herz im Sturm erobert.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 124 Songs ist hier.)

P.S. Über dieses Lied habe ich vor über einem Jahr schon mal was geschrieben.

3:33 The Smiths – Stop Me If You Think You’ve Heard This One Before (1987)

Juni 3, 2010

And so I drank one, it became four
And when I fell on the floor, I drank more

1987, das letzte Jahr der Smiths ist angebrochen und ihr Schwanengesang Strangeways, Here We Come ist das erste ihrer Alben, das ich von Anfang bis Ende höre. Strangeways heißt das Gefängnis in Manchester. Ganz am Anfang des Liedes baut sich für denjenigen, der es kennt, eine unglaublich starke Spannung auf, die dann durch Morrissey’s erste Liedzeile, den Liedtitel aufgehoben wird. Da bricht sich ein Jubel in seiner Stimme Bahn, da befreit sich jemand von seinen Fesseln als Leadsänger in einer Popband. Und dann diese träumerische Gitarre von Johnny Marr, die zweite Stimme der Gruppe. Auch heute noch stehe ich sprachlos vor dieser unwahrscheinlichen, vollkommenen Kollaboration zweier musikalischer Genies. Damit sind die Smiths übrigens in meinem kleinen Musikcountdown mit sechs Titeln aufgerückt zu New Order und Joni Mitchell. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie den Wettstreit am Ende gewinnen würden.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 123 Songs ist hier.)

3:27 The American Analog Set – Million Young (2001)

Juni 2, 2010

Sending me a postcard from the sands
A photograph and how you’re doing
You write the words in ink and curive and
I follow along with my fingers and pretend

Endlich mal wieder was aus den letzten zehn Jahren. So viel Feedback krieg ich ja hier nicht, aber A., eine sehr liebe Kollegin, meinte hier wäre doch fast nur alte Musik. The American Analog Set, die ursprünglich mal aus Austin, Texas kamen sind jetzt auch nicht mehr ganz taufrisch und ich glaube, es gibt sie gar nicht mehr, aber ihre Musik ist immer noch so umwerfend wie am Anfang. Sie sind eine Band, die einen Groove, den sie einmal gefunden hat, nicht mehr loslässt. Ein bisschen wie Stereolab, nur easier going. Wir haben sie zweimal in klitzekleinen Venues gesehen, einmal im Dreikönigskeller in Frankfurt direkt am Main und einmal in einer Art Wohnzimmer in einem Jugendzentrum in Offenbach. Es war jedes Mal kuschlig und die Jungens absolut zum Liebhaben. Es gibt einen Typus eines jungen, handfesten, amerikanischen Guys, den man liebhaben muss.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 122 Songs ist hier.)

3:34 Sixteen Horsepower – American Wheeze (1996)

Juni 1, 2010

You say you’ve got a bone to pick
Well, there’s plenty showin‘ on me

Der Songtitel heißt übersetzt amerikanisches Pfeifen bzw. Keuchen und könnte einen auf die Idee bringen, dass David Eugene Edwards damit meint, dass Amerika auf dem letzten Loch pfeift. Und das schon ziemlich lange. Sein Großvater ist bzw. war ein wilder Prediger und das hat auf ihn abgefärbt. Auch er hört sich so an, als hielte er uns in seinen Songs Predigten, in denen es viel um die Hölle und das darin Brennen geht. Der Mann ist definitiv besessen und bringt das auch sehr klar rüber. Dieses Lied wird vom Klang des Akkordeons beherrscht, es ist eine handliche Version dieser Instrumentengruppe namens Konzertina. Neben dem schwermütigen, düsteren Klang wird man in diesem Stück das Gefühl nicht los, dass der Teufel persönlich einen durch das Spiel dieses Instruments zum Tanz auffordert. Einen Tanz, den man nicht ablehnen kann und der so lange dauert bis nach vielen Stunden einer der Tänzer (wer wohl?) am Ende aus Erschöpfung tot zusammensinkt. Ende der heutigen Gutenachtgeschichte.

(Die Liste aller seit dem 1. Februar ausgewählten 121 Songs ist hier.)