Die Ratte lag da,
öffnete kurz die Augen,
hob nochmal den Kopf
Die Ratte lag da,
öffnete kurz die Augen,
hob nochmal den Kopf
Kürbissuppenzeit
Minze, Ingwer, Zitrone
Scharfer Frischekick
Zärtlicher Anschlag
Klavier, Bass, Drums im Einklang
Lyrisches Motiv
[Fred Hersch – The Surrounding Green]
In erster Reihe
Augen zu, durch Bauch atmen
Schwer werden, hören
[Nicolas Namoradze – Werke von Pärt, Debussy, Bach, Ligeti, Scriabin und Ravel @Kronberg Academy, Bechstein Saal]
Starenschwarm pulsiert
Toter Fuchs am Straßenrand
Buchenwald im Dunst
Rechts der Autobahn
Wolke aus dunklen Körpern
Hin- und herwogend
Zauber im Anfang
Maschine trifft Melodie
Zu Tod genudelt
[The Notwist – Pick up the Phone von Neon Golden, 2003]
Schlaflied deck mich zu
Wenn Saiten Schluckauf haben
Quietschen als Add-on
[The Montgolfier Brothers – Think Once More von The World Is Flat, 2002]
Möglich, doch sinnlos
Ein Leben ohne Gehen
Daher raus. Sofort!
[Robert Walser – Spazieren muss ich unbedingt. Vom Gehen über Stadt und Land]
Tanz und Traurigkeit
Ein hypnotischer Rhythmus
Ein tolles Duo
[Grandbrothers – We Collide]
Kollege trägt Helm
nach Radunfall, an den er
sich nicht erinnert
Die Badewanne
zum Überschwappen gebracht
Nasse Buchseiten
Zieh mich tief runter
Immer tiefer und tiefer
Denn da will ich hin
[dEUS – Bad Timing von Pocket Revolution, 2005]
Während der Nacht zieht ein Regengebiet durch, das laute Geplätscher weckt mich auf, ich kann aber nach einem Melatoninsprühstoß wieder einschlafen.
Nach einem ausreichenden Frühstück, wo wir auch ein Brötchen für unterwegs schmieren können, sind wir gegen 9 auf der Rolle.
Es geht wieder zurück durch die triste Wohnsiedlung, am Stadtsee an der B167 nach Bad Freienwalde entlang auf die letzte Etappe unseres kleinen Wanderabenteuers.

Im Wald sehen wir zwei Rehe, die nachdem sie uns gewittert haben, weit vor uns unseren Weg überqueren, dann aber feststellen, dass dahinter die Bahngleise verlaufen und wieder zurückrennen. Anschließend erreichen wir ein offenes Trockenrasengebiet, das zu DDR-Zeiten vom Militär zu Übungen genutzt wurde und wir kommen zum Ziegelbrennofen von Altgaul, dessen Schornstein seit geraumer Zeit von den Störchen als Nest genutzt wird. Das Storchenpaar scheint bereits in den Süden abgerauscht zu sein. Wenn man sich die Statistik ansieht, dann verschiebt sich der Abflug nach vorne, die letzten Jahre machte sich das Storchenpaar bereits um den 20. August in wärmere Gefilde auf. In Deutschland gibt es übrigens mit rund 1150 Exemplaren in Brandenburg die meisten Störche, Niedersachsen und Baden-Württemberg holen aber kräftig auf.

Weiter geht es an der eingleisigen Bahnstrecke entlang nach Altranft, wo am Wochenende die 650 Jahrfeier stattfand, der Ort ist entsprechend mit Wimpeln, Maiskolben, Kürbissen und jeder Menge phantasievollen Puppen geschmückt. Die Bühnen und Stände auf dem Hauptplatz werden gerade abgebaut.

Eine Frau aus einer Gruppe von Frauen, die abschmücken und aufräumen sagt uns, dass wir einen Tag zu spät gekommen sind. H. verneint dies. Ich preise die Einsamkeit des Wanderns und spüre eine Enttäuschung ihrerseits.
Ein Anwohner trägt ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Lächle, du kannst sie nicht alle töten“. Darauf angesprochen, dass zwischen seinem missmutigem Gesichtsausdruck und dem Slogan offensichtlich eine Diskrepanz besteht, bleibt ihm die Spucke weg.
Im Gutspark steht das – natürlich geschlossene – Barockschloss, das heute ein Freilichtmuseum nebst Café beherbergt. Generell sind Montag und Dienstag in der Region meist Ruhetage für die Sehenswürdigkeiten. Im Park wird u.a. ein Mähsammelboot von 1975 ausgestellt, mit dem die Gräben im Oderbruch gekrautet wurden, d.h. die Wasserpflanzen wurden kurz über dem Grund abgeschnitten, um den Wasserabfluss sicherzustellen.


Wir kommen nun kurz vor Bad Freienwalde durch von Laubbäumen dominierten Mischwald zur Abbruchkante des Oderbruchs, man hat hier das Gefühl in einem Mittelgebirge zu sein, es geht permanent rauf und runter.

In Bad Freienwalde, wohin wir einen eigentlich von der Streckenführung des Oderlandwegs nicht vorgesehenen Abstecher machen, genehmigen wir uns im Rosencafé einen großen Kaffee mit Käsekuchen und kämpfen uns anschließend durch die ausgedehnte Baustelle im Stadtzentrum, wo der neue Kreisverkehr kurz vor der Vollendung steht. Wir kommen nun in den Schlosspark mit dem von David Gilly für die preußische Königin Friederika Luise Ende des 18. Jahrhunderts gebauten Sommerhaus, das 1909 von Walter Rathenau erworben wurde, der ihm seine heutige Form gab.

Hinter dem Schlosspark befindet sich der russische Ehrenfriedhof mit 1844 zum Ende des 2. Weltkriegs 1945 zum großen Teil in den nahegelegenen Seelower Höhen gefallenen Soldaten, ich finde sogar eine Inschrift vom 28.5.45.


Nun geht es aus dem Ort hinaus, die Abbruchkante des Oderbruchs hinauf zum Haus der Naturpflege, wo sich Kurt Kretschmann der Rehabilitation der Eule widmete. Wir verpassen erst den Abstecher, ich mache ihn dann alleine, während H. oben wartet. Das Haus ist heute mit dem umliegenden Garten – ich treffe die junge Gärtnerin, die sich nicht über fehlende Arbeit beschweren kann – ein Naturmuseum. Oben steht der acht Meter hohe Eulenturm, von dem man eine schöne Sicht auf die grüne Umgebung hat. Gegenüber kann ich in der Ferne den Aussichtsturm auf dem Galgenberg erspähen.


Wir gehen weiter durch Laubwald zum Teufelssee, wo ein einsamer, versteckter Angler sitzt. Hier machen wir unsere Mittagsrast und verspeisen den letzten Proviant, so dass die Rucksäcke für den Schlussteil der Wanderung, der uns über den 106 m hohen Märkischen Watzmann führen wird, federleicht sind.

Beim Aufstieg treffen wir einen anderen Wanderer in oliver Hose und Wanderstiefeln, der heute Morgen in Eberswalde gestartet ist und als Ziel Bad Freienwalde hat. Er ist begeistert von der vom Höhenprofil abwechslungsreichen Landschaft, die er so nicht erwartet hat. Wir treffen ihn später wieder im Zug zurück nach Eberswalde und dann Berlin. Er hat einen klitzekleinen Akzent, ich vermute einen Französischen.
Von hier haben wir eine schöne Aussicht über das Oderbruch, den Abstecher zum Bismarckturm ersparen wir uns, weil er geschlossen hat.

Nun geht es nur noch bergab nach Falkenberg, wo wir beim Fontanedenkmal an der Hauptstraße rauskommen. Das ehemalige Bahnhofshaus, das zunehmend verfällt, wird von Künstlern bewohnt. Dahinter stehen haufenweise alte Autos wie z.B. Trabis.

Jetzt, wo ich gerade in den Flow gekommen bin, nimmt unsere Wanderung ein Ende. Es gab viel Natur, aber auch die ein oder andere Sehenswürdigkeit zu entdecken, die in einzelnen Fällen sogar geöffnet war. Die nächste Tour ist schon in der Pipeline.
Hier ist die Übersicht über die Wanderung auf dem Oderlandweg vom 20.-22.9.2025.
Hund an der Leine
In gebührendem Abstand
folgt brav die Katze
Morgens machen wir uns das Frühstück in der Ferienwohnung selbst. Neben weichen Eiern gibt es aufgebackene Brötchen mit Aufschnitt, Käse und von der Gastgeberin selbstgemachter Marmelade.
Meinen Kompass kann ich nicht mehr auffinden. Wahrscheinlich habe ich ihn gestern beim Baden verloren, wo er wohl aus der Hemdtasche gerutscht ist, als ich das Hemd auf einen Baumzweig zum Trocknen gelegt habe.
Gegen 9 gehen wir los. Die Kirche im Ort ist geschlossen. Generell ist es am heutigen Sonntag sehr ruhig.

Am Dorfteich mit Fontäne haben sich zwei Angler positioniert. Wir gehen die Straße nach Wollenberg, wo uns der bis auf den Fahrer leere Bus, der dann die B158 nach Werneuchen fährt, zweimal passiert. Auch in Wölsickendorf ist niemand zugestiegen.
Mitten auf dem Teich im nächsten Ort angelt eine Attrappe seelenruhig vor sich hin.

Wanderer treffen wir heute keine. Aus dem Wald kommt uns eine alte Frau entgegen, die uns ihre Tasche voller Steinpilze und Pfifferlinge vorzeigt. Aufgrund des feuchten Sommers ist heuer ein gutes Pilzjahr.
Es geht nun über einige Kilometer durch Mischwald, wir machen eine kurze Pause an einer Picknickbank mit Tisch an der Stelle, wo es kurz vor Rädikow scharf links zurück in den Wald geht. Auf dem sich hinziehenden, monotonen Waldweg quäle ich mich etwas, die Wegweiser nach Wriezen zeigen eine größere Entfernung an als von uns ausgerechnet. Das liegt daran, dass der Oderlandweg gar nicht nach Wriezen reingehen würde.
Wir kommen nun zum sagenumwobenen Baasee, der in den letzten Jahren aufgrund der Trockenheit einiges Wasser verloren hat. Wir treffen verschiedene Ausflügler, hier ist ein touristischer Hotspot. Hier befindet sich auch der höchste Baum Brandenburgs, eine ca. 135 Jahre alte 48 m hohe Douglasie, die mit ihrer Spitze durch das Walddach hindurchstößt.
Wir kommen zur sehr gut besuchten, über eine Straße erreichbaren Waldschänke. Wir halten hier Mittagsrast und verputzen einen Großteil unserer Vorräte zu Kaffee bzw. Rhabarberschorle.
Nun geht es etwas hinauf und dann hinab zum sonnendurchfluteten Gut Sonnenburg. Wir leisten uns einen die Lebensgeister weckenden Eiskaffee auf der Sonnenterrasse mit Blick auf den Garten. Es gibt eine gut sortierte Bibliothek, u.a. mit dem Mann ohne Eigenschaften von Musil. Einmal im Monat wird hier Tango getanzt und die Wirtin versucht vergeblich, uns schmackhaft zu machen mitzutanzen, denn es gibt Männermangel.

Wir kommen nun zu den Trockenrasenwiesen der Biesdorfer Kehlen, alten Oderarmen, die für eine abwechslungsreiche offene und hügelige Landschaft sorgen.


Eigentlich ist für 16 Uhr Regen angesagt, aber wir kriegen nur ein paar Tropfen ab. Überall liegen hier Haufen mit großen Steinen rum, die aus den Feldern gesammelt wurden und Pflanzen und Tieren Unterschlupf bieten sollen.

Die Etappe beenden wir im kostenlosen Waldbad Wriezen. Da es sich zugezogen hat sind wir die einzigen Gäste. Das Wasser ist angenehm erfrischend. Erst sehr kalt, da unsere Körper von der Wanderung und den sommerlichen Temperaturen um die 27 Grad aufgeheizt sind. Ist man aber erstmal drin, so möchte man gar nicht mehr raus. Die Wassertemperatur ist m E. mit wohl knapp 20 Grad etwas niedriger als gestern im Gamener See.

Das letzte Stück geht es an der Straße lang nach Wriezen zu unserem einfachen Hotel. Die Rezeption ist unbesetzt, wir kommen mit dem Schlüssel aus dem Safe rein.
Abends essen wir beim Italiener, wo wir neben einem jungen Paar die einzigen Gäste sind. Der Ort macht einen verlassenen, ungepflegten Eindruck und strahlt wenig Hoffnung aus. Viele Gebäude gammeln vor sich hin, man sieht z.T. noch verblichene VEB-Schriftzüge an den Eingängen. Die AfD rechnet sich gute Chancen bei der bevorstehenden Bürgermeisterwahl aus.
Hier ist die Übersicht über die Wanderung auf dem Oderlandweg vom 20.-22.9.2025.
Und es geht einmal wieder auf Wanderschaft, dieses Mal auf eine dreitägige Rundtour mit meinem Berliner Nachbarn H.
Wir nehmen bei schönstem Spätsommerwetter 2 U-Bahnen und 2 Regionalzüge über Gesundbrunnen und Eberswalde in das beschauliche Falkenberg im Oderbruch, wo doch einige Wandergenossen/innen aussteigen. Unseren Weg scheint niemand zu gehen, eine größere Gruppe läuft nach Bad Freienwalde, ein junges Paar macht den über 20 km langen „Gipfelsturm“.
Es geht ein Weilchen an der Hauptstraße durch den Ort bevor wir rechts den Einstieg in unseren Weg finden.

Einen Fontanewanderweg gibt es hier natürlich auch, aber wir entscheiden uns für den Oderlandweg, mit dessen offiziell zweiter Etappe wir starten. Da es ein Rundweg ist, ist es egal, wo man losgeht.

Es geht an einem Bächlein mit einer Mühle lang hinauf in den Laubwald, wir kommen bald zu einem offenen Fußballplatz mit ein paar Sitzbänken. Daneben ein Pferdehof.

Es geht nun wieder zurück Richtung Ort bevor wir scharf links abbiegen hinauf zum Restaurant Carlsburg auf dem Paschenberg. Wir treffen dort ein älteres Ausflüglerpaar aus Berlin.
Unser Weg führt uns durch lichten Laub- und Mischwald. Die Temperatur ist aufgrund des leichten Windes und des Schattens sehr angenehm, das wird am Nachmittag anders werden, wo es schwül und stickig wird und der Wind völlig nachlässt. Es fliegen einige unliebsame, kleine Störenfriede durch die Luft, die wir uns mit Spray vom Leib halten.
Wir kommen in dem kleinen Ort Cöthen an, wo wir in dem großzügigen Café Das Gut einkehren, einer ehemaligen Brennerei für Industriealkohol. Neben der Dampfmaschine von 1878, die knapp 100 Jahre in Betrieb war und restauriert wurde, gibt es im 1. Stock eine größere Halle, die für Konzerte und Kunstausstellungen genutzt wird. Die junge Frau, die das Café führt, ist barfuß und erzählt uns ausgiebig von der Geschichte des Gebäudes, das erst 2020 fertig mit Bundesmitteln als Industriedenkmal saniert wurde. Der Cappuccino aus der großen, alten Kaffeemaschine schmeckt hervorragend.

Am Ortsrand steht die Schinkelkirche, die nur selten und natürlich nicht jetzt geöffnet ist, gegenüber eine Wandtafel, die an die 3 Cöthener Gefallenen des 1. Weltkriegs erinnert.


Es geht nun wieder in den Wald auf einem breiten, schnurgeraden Weg. Die Erde am Wegrand ist an mehreren Stellen aufgewühlt, hier haben sich Wildschweine in der schwarzen Erde gesuhlt. Von den Tieren ist natürlich mal wieder nichts zu sehen. Nach einer Weile zweigen wir links ab und kommen auf schmaleren Wegen an einem Gewässer entlang zum Gamensee. Vor uns Mutter und Tochter, die sich die erste Badestelle sichern. An der zweiten Stelle mit schönem Sandstrand treffen wir zwei Frauen, die immer wieder Etappen auf dem 66 Seenwanderweg um Berlin gehen. Dort stürzen wir uns in die Fluten. Das Wasser ist sehr erfrischend mit um die 20 Grad bzw. etwas mehr. Ich bin überrascht, dass ich immer noch auf dem Rücken bewegungslos an der Wasseroberfläche liegen kann, ohne unterzugehen, obwohl ich ja 7 Kilo abgenommen habe nach der letzten Fastenwanderung im Winter. Hier am See machen wir unsere Mittagsrast.

Über uns fliegt ein riesiger, pechschwarzer Rabe und stößt seine beeindruckenden Krächzlaute aus. Wir kommen nun auf einen Wegabschnitt, der völlig zugewachsen ist mit Brennnesseln und Dornengestrüpp, so dass wir ein Stück parallel auf einem etwas besseren auch von Geländewagen genutzten Weg laufen.
Wieder zurück auf dem Oderlandweg geht es durch einen u a. von Obstbäumen beschatteten Hohlweg in Richtung unseres Zielortes. Auf der Wiesenfläche ist die Aufstellung einer großen PV-Anlage geplant, im Moment rotten dort Holzbänke vor sich hin. Hier hocken wir uns auf eine morsche Bank und halten inne, um den genus loci zu genießen. Die einsame, weite Landschaft hat etwas Paradiesisches.

Kurz vor Wölsickendorf
In Wölsickendorf beziehen wir unsere mit viel Liebe restaurierte Ferienwohnung, der Hausherr taucht später mit Brombeeren auf und erzählt uns einiges über den kleinen Ort. Die Restaurierung des riesigen Ritterguts verzögert sich, es soll als Zweit-Kita auf dem Lande für Berliner Kinder genutzt werden.
Wir schieben unsere zwei von der Hausherrin besorgten Tiefkühlpizzen in den Ofen und lassen den Abend bei einem Weißbier aus dem nahegelegenen Frankfurt/Oder ausklingen.
Hier ist die Übersicht über die Wanderung auf dem Oderlandweg vom 20.-22.9.2025.
Mit einem Fremden,
der nur serbisch und russisch
spricht quer durch Deutschland
Ich habe gehört
Es gibt Kirchen, in denen
tanzen sie alle
[Marvin Gaye – Inner City Blues (Make Me Wanna Holler) von What’s Going On?, 1971]
Wenn der Blitz einschlägt
Wenn sich dein Leben ändert
Wenn dein Herz stillsteht
[Moriarty – Hanoï Blue, live von Ghee Whiz But This Is a Lonesome Town, 2007]
Sich im Kreis drehen
Mehr als die Worte sagen
Gesten und Blicke
[Christian Petzold – Miroirs No. 3, 3 aus 5]
„passiv aggressiv“
Sie hielt mir den Spiegel vor
Ich war’s und war’s nicht
Rain rain go away
Come again another day
… baby wants to play
[Joan Shelley – Here in the High and Low]
Apokalypse
Nie waren wir dir näher
Teuflischer Soulsong
[Curtis Mayfield – (Don’t Worry) If There Is a Hell Below, We Are All Going to Go von Curtis, 1970]
Liebe auf Prüfstand
Jung sein und das Geld brauchen
Wie geht das wohl aus?
Vor mir zwei Rehe
eilen in weiten Sprüngen
über den Acker
Nazi ermordet
ihren Sohn. Seitdem lädt sie
täglich sein Handy.
Die Erde noch warm
Die Felder abgeerntet
Spinnweben glitzern
[Friedemann – Indian Summer vom gleichnamigen Album, 1987]
Unterm Walnussbaum
Sehe erst keine Nüsse
Und dann ganz viele
Speierlingsbaum steht
ganz allein, Äste gestutzt
Früchte weh’n im Wind
Spiritual jazz
Plädoyer fürs Einfache
Wir grooven uns frei
[Yusef Lateef – Like It Is von The Blue Yusef Lateef, 1968]
Künstler entdecken
einzigartige Landschaft
in Frühromantik
Hypnotischer Bass
Trip durch brodelnde Klänge
Wie weggeblasen
[Nils Petter Molvær – Song of Sand von Khmer Live in Bergen]
Es ist nie zu spät.
Grillabend mit Nachbarspaar.
Regen. Flucht ins Haus.
Den Kasten Weißbier
viel langsamer austrinken
als den ohne Alk
Im Wohlklang schwelgen
Sich vollständig hingeben
Zeit Zeit sein lassen
[Lambchop – Under the Same Moon von I Hope You’re Sitting Down, 1994]
Schon im Hof bellt sie
Das Geschäft fix erledigt
Sie braucht Zuwendung
Tritt in die Füße
Nahtlose Bewegungen
Tanz ins Wochenend
[Jeff Tweedy – Out in the Dark von Twilight Override]
Bei letztem Regen
gefallene Walnüsse
trocknen im Keller
Kommt keine Antwort
auf Drohnenangriff, dann wird
er eskalieren
Dachauer Straße
Aus Absturzbar erste Frau
in Tram abgeschleppt
Dachauer Straße
Mit Rad bei Schnee in Gleisen
steckengeblieben
Fiep. Glitch. Piep. Tick. Rausch.
Geräuschkunstwerk mit Hookline.
Punkte verbinden.
[Fennesz – Aus von Hotel.Parallel, 1997]
Wolfsstunde. Regen.
Wasser, durch Rohre rauschend.
Das Geräusch ebbt ab.
Unten sitzt Katze
Auf Hecke Vöglein. Fliegt weg
nach dem Raubtiersprung
Erhaben weinen
Widerhall der Renaissance
Ruhe-, Kraft-, Trostquell
[Dowland – Lachrimae, or Seven Tears: No. 2 (Jupiter Ensemble) von Thomas Dunford, Lea Desandre – Songs of Passion]
Aus Schlaf geklingelt
Ihr Nachthemd klatschnass geschwitzt
Jammern, Trugbilder
Spätsommerabend
Im Wind wogende Blätter
Blutmond knapp verpasst

Neugier des Kindes
auf das geheimnisvolle
Reich der Buchstaben
A2 nach Westen
Voller polnischer Laster
Am Samstagmorgen
Piano Magic
American Analog …
The bliss of slowness
[Modern Nature – Radio]
Aktivwortschatz nicht
sofort um neue Wörter
erweitern wollen
Gespreizte Worte
kennen, doch nicht verwenden
Ganz schön arrogant
Höllenmaschine
Besteigung ausgeschlossen
Zu wenig Selbsthass

Neben all dem Dreck
kommt auch ganz Wunderbares
aus den USA
[Gillian Welch & David Rawlings – What We Had, 2024]
In neuem Gewand
Ganz langsam dahinfließend
Flöte im Zentrum
[Ensemble Nirvana – Goldberg Variationen, Aria von JS Bach transkr. für Traversflöte, Violine, Gambe und Orgel]
Konfliktentschärfung
Alle Karten auf den Tisch
Vieraugengespräch
There was a time when
classical guitar music
almost saved my life
[Rolf Lislevand – Intro / Libro primo d’intravoltura di lauto: Toccata sesta von Libro primo]