Wüssten wir, dass wir
fast nix wissen, würden wir
die Klappe halten
Wie sich alles fügt
Wie aus Chaos Ordnung wird
Tröstender Kraftquell
[Carl Philipp Emanuel Bach – Württembergische Sonate No. 1 in a-Moll, I. Moderato (Keith Jarrett)]
Zwei Virtuosen
erzeugen ein Klanggeflecht
aus goldnen Fäden
[Martin Kolbe & Ralf Illenberger – Waves]
Ich wache auf, mache die Balkontür zum Innenhof auf und lege mich wieder ins Bett. Es regnet. Das nicht enden wollende Plätschern der Regentropfen schafft eine Hörkulisse, die die Stille brutal übertönt. Die Tropfen scheinen immer wieder auf denselben Stein zu treffen, das Geräusch ist völlig regelmäßig. Als würde es mir auf den Kopf tropfen. Wobei ich nicht fühle, wie die einzelnen Tropfen auf meiner Kopfhaut aufschlagen. Was es aber nicht besser macht. Ich sehne es geradezu herbei, den Regen zu fühlen. Die kühle Nässe, das Wasser, das die Wangen und den Hinterkopf hinabläuft. Aber ich kann bzw. darf ihn nur hören. Es macht mich halb wahnsinnig. Ich bin kurz davor, nach der Wasserfolter zu verlangen. Aufgestanden.
Dieser Herbstsonntag
so trist, so trüb, so trostlos
wenn da nicht dies wär:
[Jamila Woods – Boomerang]
Sing! Dance! Touch! Smile! Live!
Finishing a marathon
with a little help
Jeden Tag die Uhr
ne Stunde zurückstellen
la grasse matinée
21.06.1941
Es heißt immer, es sei die Liebe, nach der wir ein Leben lang suchen, oder es sei Ruhm. Es ist keins von beiden. Was wir suchen, ist Verständnis. Wir suchen dauernd ein anderes Herz, das wir anrühren können und das uns anrühren kann. Unermüdlich wie ein ausgehungertes Tier suchen wir danach. Denn unser Herz ist immerzu einsam. Immerzu allein. Und wo immer wir dieses Verständnis auch zu finden meinen, bei einem Mädchen, bei einem Jungen, einem gebrechlichen Greis oder einer alten Schrulle, bei einem Säufer, einer Prostituierten, einem Verrückten, einem Kind, dahin gehen wir, und nichts auf der Welt kann uns zurückhalten.
Patricia Highsmith: Tage- und Notizbücher
Ein neues Album
aus den schottischen Lowlands
Altern in Würde
Luftiger Ohrwurm
Abheben auf den Saiten
einer Gitarre
[Straßenmusiker spielt, pfeift und singt Here Come the Warm Jets von Brian Eno]
Der erste Walzer
Sie: Guck mir in die Augen,
nicht auf die Füße
[Karin Hanczewski in Der neue Freund, ab 1h10]
Schlaglöcher
randvoll mit Himmel
alles was bleibt
Gabriele Hartmann in Sommergras 140
Am schnellsten trocknen
klatschnasse Anziehsachen,
wenn man sie anlässt
Oh mother,
I can feel the soil falling
over my head
[The Smiths – I Know It’s Over]
Ruhige Wasser
Ausbrechende Vulkane
Das Feuer gelöscht
[Bark Psychosis – A Street Scene]
In der ersten Woche dieser ganzen Geschichte habe ich in Netanyahus Reden nicht einmal das Wort Kibbuz gehört.
Meine eine Hoffnung ist, dass es, wenn der Krieg vorbei ist, im Nahen Osten weder eine Hamas noch Netanyahu geben wird.
Der israelische Autor Etgar Keret im rbb-Interview
Wie langsamer Sex
Permanente Steigerung,
dann plötzlicher Stopp.
[The Field Mice – Sensitive]
Hey, Ian wake up
Dance, dance, dance to the guitar
Floating in heaven
[The Durutti Column – The Missing Boy]
Beauty and the Beast:
Sanfte Trompete umarmt
düstere Rhythmen
[Nils Petter Molvaer – Tlon (part 1, live)]
Die große Runde
Kimba schnappt sich Kuchenstück
auf Rastbankholztisch
[Niederhöchstadt – Schwalbach – Neuenhain – Mammolshain – Kronthal – Kronberg – Niederhöchstadt, 9 km]
Cumuluswolken
vorüberziehen lassen
Den ganzen Tag lang
Bewegungsablauf
des Rehs in freier Wildbahn:
Mehr Hoch- als Weitsprung
Rehe aufgescheucht
Zwei springen übern Bahndamm
Eins bleibt auf dem Feld
Klappläden klappern
Umgestürzte Gießkannen
Der Herbst im Anmarsch
Im Ohr ein Rauschen
Eingesponnen in Kokon
aus Pastis und Wachs
Deine Stimme nicht
so maniriert wie meistens,
die Musik subtil
Mehr rot als braun
Pflaume, Leder, Lebkuchen
Noch ausbaufähig

Ganz langsam fräst sich
in die Gehirnwindungen
die Melodie rein
[American Analog Set – Everything Ends in Spring]
Gassi mit Rudel
Am Wegrand lila Astern
neben dem Bahndamm
Wir erträumen uns
eine Welt ohne Bezug
zu der Jetzigen
[American Analog Set – Diana Slowburner II]
Mit dem goldnen Saft
gut haushalten, das Revier
will gut markiert sein
Zweiweltenbummler
Zwischen Stadt und Land pendelnd
Reizflut und Erdung
Entgeisterter Mann
– Kimba schnüffelt an Pfosten –
Pfefferspraybereit
Berlin nach Frankfurt
Die Autobahn übersät
mit Tierkadavern
Cosmic, astral jazz
Polyrhythms all around
The bass is the boss
[Yussef Dayes feat. Tom Misch – Rust]
Eine Melodie
ganz genau kennen, doch nicht
mehr wissen woher
[Sverre Gjørvad – If You Were a Melody]
Zergehen lassen
zwischen Zunge und Gaumen:
Das Lakritzbonbon
Keinen Blick haben
für die Menschen links und rechts
auf dem Trauermarsch
[The Cure – All Cats Are Grey]
Ne Supernova,
Der kleine Bruder von Jim,
Viel zu früh verlöscht
[Gun Club – Idiot Waltz]
Das Portemonnaie weg.
Renne dem Dieb hinterher.
No chance. Aufgewacht.
Roll den Teppich aus
Aus Gitarre und Cello
und dem Glockenspiel
[Pale Saints – Shell]
Zurück zum Ursprung
Das Tier mit den zwei Rücken
Für den Eindringling
Die Gelenke steif
Skelett in Vorfreude auf
die Leichenstarre
Die Stille beginnt.
In den Moment einsinken.
Worte, halb verschluckt.
[Mark Hollis – The Colour of Spring]
Aus Saitenklängen
ein luftiges Bett zimmern,
ein dichtes Gespinst
[Wolfgang Muthspiel – Invocation (Album Dance of the Elders)]
Zusammengezuckt
im Halbschlaf vorm Einnicken
Ein Rad kommt von links
—
Finger linker Hand bremsen
Heute keine Siesta