Roadmovie fürs Ohr
Gitarren umgarnen sich
Stereogenuss
[Modern Nature – Pharaoh]
Roadmovie fürs Ohr
Gitarren umgarnen sich
Stereogenuss
[Modern Nature – Pharaoh]
Auf dem Weg Menschen
Die Frau im Backshop lächelt
Vom Frühstück bleibt nichts
Querfeldein zu Fuß
Durch das hohe, feuchte Gras
Guck! Da steht ein Reh!
Regen klatscht auf uns
Direkt vor uns zuckt ein Blitz
Der Donner, später
den Vögeln lauschend,
dem Wanderstockgeklapper,
dem Wind, der auffrischt
vor uns ein Basset
mit seinen langen Ohren
die Straße kehrend
Der Schmerz transformiert
Kraft durch schlichte Melodie
Im Banjohimmel
[Alan Sparhawk with Trampled by Turtles – Not Broken]
als Chan den Song schrieb,
muss sie sie erblickt haben,
die nackte Wahrheit
[Cat Power – Nude as the News, 1996]
immer weniger
ändern wollen
alt werden
Spaziergang ins Dorf
Gehweg etwa schulterbreit
Rechts Hauswand, links Bus
Neuen Hund noch nie
von der Leine gelassen
Angst, er nimmt Reißaus
Unbefangener
schwarzer Labradorwelpe
beschnüffelt Kimba
Vor uns Dunkelheit
Die Tiefe zieht uns hinab
Hinterm Tunnel Licht
[Julian Knoth – Unsichtbares Meer]
Bachstelze fliegt auf
Krumme Flugbahn mit Sprüngen
Über hohem Gras
Funky Gitarren
Blaue Delfine singen
Luftige Nummer
[The B-52’s – Topaz, 1989]
Kimba erfrischt sich
am Westerbach, im Gebüsch
die Teichrohrsänger
Auf dem Bürgersteig
fährt vollbepacktes E-Bike
Der Nachbar, ein Geist
Stacheln der Rose
Rinde des Ceylon-Zimtbaums
Dornen des Kaktus
Kurz nach zwei im Bett
Riesenbluetoothboxbässe
lassen Dorf beben
Klingeln in Ohren
Gitarren kreischen besser
als Beatlesmädels
[The Jesus & Mary Chain – You Trip Me Up, 1985]
Auffrischender Wind
Ein Taubenpaar aufgescheucht
Gartenrotschwanz „singt“
Über dem Astloch
von Westerbacherle steht
in weiß Vagina
Jagdhund apportiert
ins Gerstenfeld geworfne
Fasanattrappe
Ganz allein im Haus
Die Wonnen der Einsamkeit
Sich selbst genug sein
Sümpfe statt Gärten
Querfeldein statt auf Straßen
Raus in die Wildnis!
Rote Farbtupfer
zwischen den Weizenähren
Der wilde Mohn blüht!
In Wanderschuhe
schlüpfen und sie zubinden
Heimkehr der Füße
Auf dem Jakobsweg
mit dem Rauchen aufgehört
Der nächste Zug dort
Den Aufzug finden
zum fünfunddreißigsten Stock
Um Frankfurt Berge
Der Ruf des Kuckucks
Das Tennisballgeprassel
Das Hecheln Kimbas
Luxembourg-Belair
Frühzeit unserer Liebe
Tarama-Blini
[Cocteau Twins – Fifty-fifty Clown von Heaven or Las Vegas, 1990]
Der Reigen des Joints
Alle Zeit der Welt haben
Sing mich in den Schlaf
[Cowboy Junkies – Sweet Jane (Lou Reed) von The Trinity Session, 1988]
Gießener Bahnhof
„Mir sind hier zu viel Leute“
Ich steh Bus im Weg
Ist das nicht der Reiz,
keine Ahnung zu haben,
was wir hier machen?
[Low – Especially Me von C’mon, 2011]
Zeitrafferliebe:
Teeblätterkugel blüht auf
in der Glaskanne
[Dau Johan Haugerud – Oslo Stories: Träume, 7/10]
ohne die Stimme
strahlt die Musik noch schöner
gleichzeitig fehlt was
[Love Unlimited Orchestra – Rhapsody in White, 1974]
noch nie nen Menschen
verloren haben, der mir
wirklich nahe stand
Tonkaleidoskop
Sterben müssen ist traurig
Trommelfellstreicheln
[Talk Talk – John Cope, 1988]
raus aufs Rad müssen
in die Pedale treten
Sonne, Wind spüren
sich fallen lassen
mit dem Kosmos verschmelzen
in den Schoß kriechen
[Brian Eno & Beatie Wolfe – What We Are]
Wispernder Gesang
Das verebbende Schlagzeug
Versprengte Töne
[Talk Talk – New Grass]
Wir gehen im Kreis
Der Horizont öffnet sich
Die Schönheit der Welt
[Talk Talk – New Grass]
Da auf der Lichtung
Zwei Rehe äsen friedlich
Sie blicken sich um
[Talk Talk – New Grass]
Unterm Horizont
Ein orangeroter Zipfel
Die Sonne geht auf
[Talk Talk – New Grass]
Die Wiese so grün
Schmetterlinge haschen sich
auf Sonnenstrahlen
[Talk Talk – New Grass]
Heilige Musik
Wenn ich noch zehn Minuten
zu leben hätte
[Talk Talk – New Grass von Laughing Stock, 1991]
Demokratie durch
Verschwörungstheorien
in großer Gefahr
Zwei Ohren suchen,
das was sich aufgestaut hat,
zu übermitteln
Die Klappe halten
Oft die beste Strategie
Einfach zuhören
[Diabologum – Mieux vaut se taire von Le gôut du jour, 1994 (more)]
Sich in Norwegen
ohne fast food ernähren
Herausforderung!
Der Strom der Worte,
die aus deinem Mund sprudeln,
will nicht versiegen
Nach 5 Stunden Fahrt
Blick hinter Sonnenbrille,
unter Baseball Cap
Im alten Zimmer
Wir saßen auf dem Teppich
vor vierzig Jahren
Schrilles Tonkonzert
Anschlagende Rauchmelder
Die Mikrowelle!
Reifen aufpumpen
Felgenbremse einstellen
Kette einölen
Am Limit kratzen
Bis zum Ende durchziehen
Totalentspannung
Flüssiges Lakritz
Liebe auf den ersten Schluck
Süffiger Körper

Autokorrektur,
welche aus „Peter Handke“
„Peter Hände“ macht
Sie hat es getan
Lang hat sie funktioniert
Erinnerungen
[Peter Handke – Wunschloses Unglück]
Wortkarg, verschüchtert
Neuer, junger Kollege
Labbriger Handschlag
Nach zwei Gläsern Wein
öffnet sich bei diesem Lied
das steinerne Herz
[Jason Lytle – Tomorrow’s Started (Talk Talk)]
Auf Synth-Linien
verdammter Welt entschweben
Zum Schlosshund werden
[Talk Talk – Renee von It’s My Life, 1984]
In einem Keller
Mystische Keys, Hypno-Beats
Sirenenstimme
[Jenny Hval – The Artist Is Absent (89 seconds rewrite)]
Frühmorgens geweckt
während Intervallfastens
von grummelndem Bauch
Aussie-Dickschädel
humpelt nach Santiago
und weiß nicht warum
[Bill Bennett – The Way, My Way]

Allein schon das Cover. Ich habe auf den ersten Blick gedacht, das wären zwei Rechtecke. Bis ich gesehen habe, dass es drei sind und davon fast wahnsinnig geworden bin. Eine so simple zweidimensionale, geometrische Darstellung, die mich doch in die Irre geführt hat. So ist es mit dem Leben. Man denkt, man hat es begriffen und man hat nichts verstanden. Hinter seiner Fassade versteckt ein Mensch seine Gefühle. Die Menschen sind so unglaublich dünnhäutig, aber nach außen will es keiner zugeben. Das ist für viele Menschen die Tragödie ihres Lebens.
Dieses Album, das ich kürzlich über eine Playlist, mit dem Titel Zen Piano o.s.ä., die C. auf France Inter gehört hat, kennengelernt habe, ist wahnsinnig entspannend, wenn es abends läuft, legt es sich wie ein Kokon um mich, wird zu einer zweiten Haut. Seit Tagen höre ich nichts anderes. Charlie Haden, mit dem Jarrett schon seit Urzeiten zusammengespielt hat, spielt einen unprätentiösen, straighten Bass, der Jarrett genau den körperlichen Rahmen gibt, den er braucht, um diese einfachen Jazzstandardmelodien aus den Händen zu schütteln. Die beiden führen hier ein sehr intimes Zwiegespräch, können im Duo direkt aufeinander reagieren. Haden’s Free Jazz– Vergangenheit hat er hinter sich gelassen bzw. sublimiert. Selten ist Jarrett seinem großen Vorbild Bill Evans näher gekommen als hier. Natürlich gibt es neben dem Klavier und dem ruhig dahinplätschernden Bass auch noch Jarrett’s Stimme, er summt und stöhnt gelegentlich, er verschmilzt mit dem Flügel. Wie flüssig und organisch das Klavierspiel ist. Man merkt es, da ist jemand zu sich gekommen und das Glück überträgt sich auf den Zuhörer. Charlie Haden hat in etwa gleichzeitig auch in Jarrett’s zum Studio umgebauter Scheune – die besondere, private, gelassene Atmosphäre hört man beiden Alben an – noch die Stücke für das später veröffentlichte The Last Dance mit Jarrett aufgenommen, einem ähnlich großartigen Album. Ebenfalls Late Night Jazz vom Feinsten. 2014 hat er sich dann leider vom Jazzacker gemacht, hier sieht und hört man die beiden über die Jasmine-Sessions sprechen. Es ist wunderschön, dass so eine Musik existiert und ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich dafür bin.
20 Grad, Sonne
Gelb leuchtende Rapsfelder
Rechts Tierkadaver
Sich blind verstehen
Perlende Klaviertöne
Hingetupfter Bass
[Keith Jarrett & Charlie Haden – For All We Know von Jasmine, 2010]
Eine Flasche Wein.
Am nächsten Tag Probleme,
Worte zu finden.
Man redet sehr viel,
kommt aber auch zur Sache
Schöne Stadt am Meer
[Dag Johann Haugerud – Oslo-Stories: Liebe, 8/10]
Kollegen von Lux.
nach Vierteljahrhundert nicht
wiedererkennen
Melodietrunken
Auf den Lippen ein Lächeln
Ansteckende Grooves
[Nils Kugelmann Trio – A Good Day]
Süßkirsche, süffig
samtig, würziger Abgang
Alkoholbombe

Unten Grüntöne
Oben Grauschattierungen
Regen tropft ins Bild
Unter Fußsohlen
Nadelstiche, Madeleines
letzter Wandertour