Melodischer nie
Tödliche Überdosis
Völlig hilflos sein
[Hüsker Dü – Pink Turns to Blue von Zen Arcade, 1984]
Melodischer nie
Tödliche Überdosis
Völlig hilflos sein
[Hüsker Dü – Pink Turns to Blue von Zen Arcade, 1984]
Dionysos, Gott
des Rausches, der Ekstase
Kater inklusiv
Den Kasten Weißbier
viel langsamer austrinken
als den ohne Alk
Höchste Eisenbahn
Für eine Entziehungskur
Er hat es gewusst
[The Gun Club – Yellow Eyes (live) von Divinity, 1991]
Freitagabend, lau
Zu zweit zwei Flaschen süffeln
Es nicht bereuen

Und urplötzlich ist man mittendrin. Ohne Worte. Wie immer, wenn es wichtig wird im Leben, sind Worte überflüssig, nichts als Urlauber, die sich im falschen Moment einmischen, sich wichtig machen und durchs Bild laufen.
„Ich fühle mich eindeutig wohler unter Menschen, die trinken, als unter Menschen, die essen.“
when cutting branches
slowly creeping up the limbs
my friend Hangover
Flüssiges Lakritz
Liebe auf den ersten Schluck
Süffiger Körper

Eine Flasche Wein.
Am nächsten Tag Probleme,
Worte zu finden.
Süßkirsche, süffig
samtig, würziger Abgang
Alkoholbombe

Nachsaison am Strand
TV gucken ohne Ton
Honey-slides futtern
[Neil Young – Motion Pictures (For Carrie), 1974]
Cockpit, Luxembourg
Strawberry Daiquiri flash
Sommerterrasse
[Green Cosmos – Opus X von Abendmusiken, 1983]
Benommenheit nach
halbstündiger Siesta
Rausch ohne Kater
Leichtigkeit des Seins
Hasch mich, ich bin der Frühling!
Frauen an die Macht!
[Throwing Muses – Not too Soon, 1991]
Spätabends knülle
Musik von früher hören
Freien Lauf lassen
Eine Säuferin
Mann nimmt sie huckepack mit
nach Zusammenbruch
[Kang Mi-Ja – Bombam (Spring Night)]
Süßkirschbukett, „gras“
Hey Pilger, Jakobsmuschel!
Mit Potenzial
[Château Marzy 2021, Pomerol]

Je größer das Glas,
je weniger Wein darin,
desto mehr riecht er

Das erste Mal gesehen habe ich dich nach dem Vordiplom, du saßest in den Vorlesungssälen mit den Klappstuhlreihen immer hinten am Rand, ich glaube in schwarzen Klamotten. Hattest wohl ein Semester vor mir mit dem Statistikstudium an der LMU angefangen. Ich erinnere mich nicht, dass du dort je mit irgendwem gesprochen hättest. Ein Außenseiter. Wie ich.
1990 nach der Diplomarbeit wurde es dann ernst mit den Abschlussprüfungen. Für Ökonometrie – da gab es ein Fachbuch unseres Professors – lernten wir zusammen. Ich kam öfter zu dir in deine Bude im Münchner Westend. Von Moosach, wo ich wohnte, mit dem Rad nicht sehr weit. Du hattest die Materie besser kapiert als ich. Im Grunde war die ganze Ökonometrie mit den vielen Gleichungen nur Lineare Algebra, also Erstsemesterstoff. Multiplikation von Matritzen. Allerdings steckten hinter den einzelnen Großbuchstaben zum Teil recht umfangreiche Matritzen mit vielen Zeilen und vielen Spalten. Das war schon recht komprimiert und abstrakt. Im Gespräch mit dir habe ich das erst so richtig begriffen. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen, im Grunde war es piss-easy. Und hatte eine mathematische Schönheit. War allerdings auch relativ praxisnah. In den Matritzen standen Zahlen. Andere sind dann ca. 10 Jahre später mit der Berechnung des Pageranks von Websites, auch mit Matritzenrechnung, Milliardäre geworden.
Nach dem gemeinsamen Lernen hörten wir öfter Musik, ich erinnere mich an das Album June 1, 1974, ein Konzert von Kevin Ayers, John Cale, Nico & Brian Eno im Rainbow Theatre in London. Du hattest die Erstausgabe des rororo-Rocklexikons von 1973 von Barry Graves und Siegfried Schmidt-Joos mit einem gezeichneten Jimi Hendrix auf dem Cover und sagtest spöttisch arrogant, dass alle Musik danach nicht der Rede wert sei, also auch o. g. Ayers-Album wie mir gerade auffällt. Ich hatte eine erweiterte Ausgabe des Rocklexikons von 1975 zur Konfirmation von einer Patentante bekommen, wahrscheinlich das zerlesenste Buch in meinem Regal. Ich habe es heute noch. Diese Ausgabe war dir schon zu modern.
Du rauchtest in einer kleinen Pfeife mit einem Metallgitter vorne Haschisch. Du hattest gerade eine Wette am Laufen. Es ging darum, ein Jahr lang keinen Tabak zu rauchen, pures Cannabis war aber ok. Die Wettsumme betrug 1000 Mark, eine Menge Kohle für einen Studenten 1990. Wir trafen uns dann zum Feiern der von uns beiden bestandenen Klausur in meinem Stammbiergarten, am Chinesischen Turm. Und du erzähltest mir, dass du die Wette verloren hattest. Das Inhalieren des Rauchs einer Zigarette war dir 1000 Märker wert gewesen. Eigentlich bewundernswert, aber auch irgendwie dämlich. Ich hatte übrigens kurz davor auch richtig mit dem Drehen und Rauchen angefangen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wo du dich wohl jetzt rumtreibst?
Muskatnuss, Nelken
Geschmeidig, charakterfest
Salziges Lakritz

gras, à l’apogée
Pflaume, Kirsche, Brombeere
Alkoholbombe

erfrischend, hefig,
hopfig, schaumig, bananig,
ein bayrisches Bier
Sprinter knackevoll
Rotkäppchen im Bordbistro
Zu früh in Berlin
Flasche dickwandig
Korken mit Wachs versiegelt
Des fruits rouges, dépot

Mit Nelken und Zimt
Birne in Rotwein gekocht
Köstliche Mélange
Blassklare Robe
Frisch, leicht, Zitronenbukett
Wirkung instantan

Bordeaux-Weinprobe
Ersten Wein beim zweiten Mal
nicht wiedererkannt
Nach dem Abendbrot
Müdigkeit überkommt mich
nach zwei Gläschen Wein
Zehn Liter Quader
Rotwein vom Jahresanfang
Schmeckt nun wie Sherry
Vor uns ein Raucher
Wir folgen narkotisiert
Süße Sillage
Alkproblem gelöst
Quantum täglich 20 Gramm
Vom Mund abgespart
Je mehr ich trinke,
desto mehr bin ich ich selbst,
dachte ich lange
Fünf Liter Rotwein
aus Saint-Génis aus dem Schlauch
mit Sherrynote
Legalisierung
Schon zweiundachtzig Thema
Jetzt ist es soweit
[UB40 – Forever True]
Drei Frauen singen
eine Liebeserklärung,
die es in sich hat
[The Joni Project – A Case of You (Joni Mitchell)]
Essen vergessen
Das Sprechen eine Droge
Red Bull unnötig
Brombeere, Lakritz
Ein purpurroter Hammer
ohne Tannine
[Château Grand Clapeau Olivier, Haut-Médoc, 2019]

Der erste Walzer
Sie: Guck mir in die Augen,
nicht auf die Füße
[Karin Hanczewski in Der neue Freund, ab 1h10]
Im Ohr ein Rauschen
Eingesponnen in Kokon
aus Pastis und Wachs
Mehr rot als braun
Pflaume, Leder, Lebkuchen
Noch ausbaufähig

Erst die Urweisse,
jetzt Schneider Original
Es wird alles gut
Farbe purpur-rot
Apogée noch nicht erreicht
Bukett sehr pflaumig
[Château Tanesse 2017, Cadillac, Côtes de Bordeaux]

Saufexperiment
von vier dänischen Lehrern
in Midlife-Crisis
[Thomas Vinterberg – Der Rausch]
Am frühen Morgen
in der Welt verloren sein.
Der Kater im Haus.
Wie der Rebensaft
schlechte Laune vertreibt und
Redefluss erzeugt
Ein Schauer kühlt ab
Familienharmonie
Jahrgangschampagner
Statist in einem
über Jahre gehenden
Schauspielstück zu sein
Im Blumenbeet liegt
eine Flasche Soave.
Halbvoll und lauwarm.
Un père qui boit trop
vu avec les yeux d’enfant
de son fils ainé
[Jean-Louis Fournier – Il a jamais tué personne, mon papa]
Die volle Sonne
Seidenweicher Honigsaft
Die volle Rebe
[Château La Roca, Muscat de Rivesaltes 2021,15,5%]

Schwarzrote Tinte
Bukett wenig ausgeprägt
Fülliger Körper
[Kar Magna, Côtes du Roussillon Villages Rouge 2020]

Gendarm hält uns an,
lallenden, jungen Deutschen
zu übersetzen
[Mautstelle Le Boulou an A9]
Den ganzen Abend
von einem Glas Urweisse
angeheitert sein
Alkoholreichster
und teuerster Wein gewinnt
bei Blindverkostung
[Château des Tourelles, Médoc Cru Bourgeois, 2016]

Wurschtig, zufrieden,
verpeilt in den Tag träumend
dank Melatonin.
Lakritz und Leder
Erster Rioja in Barrique
Ganz tief einatmen

Ade, Tannine
Brombeeren ohne Dornen
Süßlakritzabgang

Das Bukett ein Traum
Geschmeidig, erdig, beerig
Reif für den Gaumen

Ein Pole fragt mich
nach süßem Wein für die Frau
Meine beiden Tipps:
—
Ein sweet Vinho Verde sowie
ein halbtrockener Riesling
Schokolade, Rum,
Tannine fast abgebaut,
Brombeeren, trinkreif
[Château de Villeclare, Ma Préférence 2017]

Trunkenheit Motiv
der Jäger und Sammler, um
sesshaft zu werden
Nach zwei Gläsern Wein
völlig betrunken sein, sich
dann nüchtern trinken.
Der Bordeaux hat nach
vierundzwanzig Stunden
den Gipfel erreicht
Nach einem Weißbier
vor Mitteilungsbedürfnis
übersprudeln. Zisch!
Pastis avec eau,
Du milchig-trüber Schlaftrunk.
Don’t forget the rocks!
Zum Aperitif
Muscat mit Honigbukett
im Mund die Traube
Aus der Karaffe
steigt ein Duft von Keller und
Fermentation.
[Château de Rochemorin 2016, Pessac-Léognan]

Mit jedem Tropfen
besser werdend, kann noch nicht
ganz überzeugen
[Château de Barbe Blanche, Lussac-Saint-Emilion, 2016]
Komplexe Struktur
Waldfrüchte streicheln Gaumen
Noch ausbaufähig
[Madiran Tannat Paradox 2018]

Eichelhäher trinkt
Knisternde Stromleitungen
Saurer deutscher Wein
Vollblutrosé mit
14 Volumenprozent
und Sherry-Abgang

Blassrosa Robe
Unauffälliges Bukett
Erdbeeraromen
[Verdecillo Rosado 2021, Jumilla]

Knocked out by Rosé
14 per cent alcohol
Bonjour climate change
Oh, Vinho Verde!
Leichtester aller Weine.
Jungborn des Geistes.
Schwer lallender Typ
spricht Verkäufer an, der ihm
gesuchten Schnaps zeigt.
einmal genommen
tollkirsche und stechapfel
erst lähmung dann rausch
Du Zähflüssiger!
Sei gelber, kühler, süßer!
Mein Limoncello!
Wie Poe bin ich oft
bereits nach einem Glas Wein
völlig betrunken.
Sechs Jungs bewaffnet
mit Bierkasten und Spirits
Vollrausch fest im Blick
Wenn man so etwas
genommen hat, weiß man wie
glücklich man sein kann.
Korken zerbröselt.
Bouquet öffnet sich langsam:
Süßlakritz, Pflaume.
[Château la Chandellière 2012, Médoc]

gut abgehangen.
bitte nicht warten lassen.
mit kristalldepot.
[Château Bégadanet 2012, Médoc]

my tannins melted
liquorice is my bouquet
purple my colour
[Château Saint Bonnet 2012, Médoc]

Vorne ein Muscat.
Zum Hauptgang roten Bordeaux.
Abschluss mit Pastis.
Modriges Bukett.
Bordeauxfarben, pflaumig, rund.
Auf dem Apogée.
[Château Fontesteau 2014, Haut-Médoc]

Spüre schon wenig.
Früher war ich stolz darauf,
viel zu vertragen.
Terpentingeschmack.
Eiskalt. Geharzt. Retsina.
Kein Wein haut so rein.