In der Geiselhaft
ist einer ihrer Freunde
erschlagen worden
In der Geiselhaft
ist einer ihrer Freunde
erschlagen worden
Nazi ermordet
ihren Sohn. Seitdem lädt sie
täglich sein Handy.
Und der Boden wird nie trocknen.
Er ist durchweicht von dem Fett aller Menschen,
die verbrannten und starben.
Lackdoktor lächelt
als er Motorhaube sieht
„Kostet sechshundert“
[The Smile – Bodies Laughing von Cutouts, 2024]
Unrecht mit Unrecht
beantworten kurzsichtig
Gewaltspirale
Ich muss sagen, ich verstehe die Russen nicht. Und will sie auch nicht verstehen. Als Alexej Nawalny in Berlin in der Charité nach dem Giftgasanschlag aufgepeppelt wurde, dachte ich, er würde mit Frau und Kindern in Deutschland bleiben, auf jeden Fall nicht wieder – zumindest zu Putins Zeiten – in die Diktatur zurück, die sich von ihm entledigen will. Ein Selbstmord auf Raten. Wofür? Es muss seine russische Seele gewesen sein, dass er wieder zurück musste. Was muss er Russland geliebt haben. Was konnte er in der strengen Haft ausrichten? Mehr oder weniger nichts. Man wurde Zeuge, wie einem bei lebendigem Leibe ganz langsam die Haut abgezogen wurde. Er wusste, was ihn erwartete und muss das in Kauf genommen haben. Hoffentlich war sein Tod nicht umsonst und die Russen wachen so langsam mal auf und entledigen sich ihres mordenden Despoten. Julija Nawalnajas erste kämpferische Reaktion gibt auf jeden Fall Anlass zur Hoffnung.
Der Vorsitzende
der AfD nur ein Dummy
Ob er es wohl weiß?
In der ersten Woche dieser ganzen Geschichte habe ich in Netanyahus Reden nicht einmal das Wort Kibbuz gehört.
Meine eine Hoffnung ist, dass es, wenn der Krieg vorbei ist, im Nahen Osten weder eine Hamas noch Netanyahu geben wird.
Der israelische Autor Etgar Keret im rbb-Interview
Seit Holocaust Angst,
sie könnten Tür aufbrechen
und mich mitnehmen
Vor über 5 Jahren habe ich dieses Buch angefangen. Jetzt habe ich es beendet. Für das Lesen habe ich fast genauso lange gebraucht wie die Allierten, Hitlerdeutschland niederzuringen. Und sogar das Anfangs- und Enddatum stimmt nahezu: begonnen Anfang September 2003, beendet Anfang Mai 2009. Coincidentia, ick hör dir trapsen. Wieso hat das nur so lange gedauert? Die Frage habe ich mir beim 2. Weltkrieg auch immer gestellt. Eine unoriginelle Antwort: es war nicht einfach, es war sogar oft abstoßend und nur schwer erträglich. In dem Buch schildert Robert Antelme das Leben im KZ Buchenwald und den Abtransport nach Dachau gegen Ende des Krieges. Er beschreibt das langsame Sterben vieler Mitgefangener, wie sie eingepfercht in Güterwaggons kurz vor ihrem Tod nicht mehr an sich halten können und an Ort und Stelle scheißen. Und wie sie dafür noch von ihren Schergen zur Sau gemacht werden. Bei der Befreiung wog Antelme, der übrigens damals Marguerite Duras‘ Ehemann war, noch 35 Kilo und überlebte überraschenderweise. Eine Passage kurz vor dem Ende nachdem eine Frau in einem tschechischen Dorf den halbverhungerten Gefangenen im Bahnwaggon einige Brotpakete überreicht hat:
Die auf der anderen Seite des Waggons erkundigen sich ängstlich:
„Wir teilen doch alles, ja?“
„Nun heult mal nicht, ihr bekommt euer Teil!“ antwortet Ben. „Ich mache die Portionen und Jo teilt aus… Einverstanden?“
„Einverstanden.“
Aber sie lassen ihn nicht aus den Augen und überwachen die Teilung. Die Brotscheiben liegen aufeinander, groß wie eine halbe Hand und dick wie zwei Finger. Sie bilden einen schönen Haufen. Jo beginnt mit der Verteilung. Die Scheiben gehen von Hand zu Hand; sie kommen durch den ganzen Waggon. Ich beiße in mein Stück hinein. Ich sehe es nicht an. Noch nie habe ich so langsam gekaut. Dieses Stück Brot schläfert mich ein: ich sehe nicht einmal, wie es kleiner wird. Als ich nichts mehr im Mund habe, halte ich einen Augenblick lang inne, dann beiße ich ein anderes Stückchen ab. Der Mund ist vollgestopft mit Brot. Ich habe den Eindruck, daß der Körper dicker wird. (S. 380)