Archive for November 2024

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November 30, 2024

In der Dämmerung

Der Freiturm der Burg Kronberg

Von Mammolshain aus

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November 30, 2024

Frei schwebend im Raum

An Decke hängen Töne

Völlig absichtslos

[Jakob Bro, Lee Konitz et al. – Peninsula (von Taking Turns)]

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November 30, 2024

Bauchfell schimmert weiß

Ex-innerdeutsche Grenze

Fuchs auf Wiesenhang!

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November 29, 2024

Da war ich sieben

Wahrscheinlich das erste Lied,

das mich umhaute

[The Carpenters – Close to You]

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November 29, 2024

Viel Erhellendes

Der heutige Opferkult

Ursprung: die Shoa

[Richard David Precht im Gespräch mit Eva Illouz zum Thema Frustrierte Gesellschaft]

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November 29, 2024

Durchs Leben hetzen

Sand rieselt durch die Hände

Ruhe nicht finden

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November 29, 2024

Streicherteppiche

Musik für wunde Seelen

Black is beautiful

[Michael Kiwanuka – Floating Parade]

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November 27, 2024

Im Schaumbad liegen

Schweißtropfen rinnen vom Kopf

rice milk, vanilla

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November 27, 2024

Muskatnuss, Nelken

Geschmeidig, charakterfest

Salziges Lakritz

Baron de Ley, Club Privado, Rioja reserva 2018

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November 26, 2024

Mitten ins Herz treffen

In der Ruhe liegt die Kraft

Eine Band gibts auch

[Fleetwood Mac – Man of the World (Beat Club, 1969)]

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November 26, 2024

Wie jede Faser

sich nach dem Ergometer

vollständig entspannt

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November 26, 2024

Der einzige Song,

dessen Text ich auswendig

aufzusagen weiß

[Nick Drake – Road]

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November 25, 2024

Rotes Eichhörnchen

Drei Krallen in der Nussbar,

eine außerhalb

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November 25, 2024

Sinistrer Einstieg

Totenglocken zum Abschied

Himmlische Streicher

[The Smiths – Last Night I Dreamt That Somebody Loved Me (more)]

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November 24, 2024

Ins Gespräch vertieft

nebeneinander gehen,

gemeinsam denken

[John von Düffel – Ich möchte lieber nichts]

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November 24, 2024

Die alte Frau sucht

vor der Supermarktkasse

Dominosteine

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November 24, 2024

Touch me deep inside

Suddenly change direction

Let the funk explode

[Nik Bärtsch’s Ronin – Modul 46 (orig. from Holon)]

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November 23, 2024

Auf seiner Bude

Gemeinsam ganz still werden

Die Sehnsucht hören

[Eric Burdon & the Animals – Anything, danke Andi]

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November 23, 2024

Rosinenklümpchen

auseinanderklamüsern

morgens im Müsli

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November 22, 2024

Friseure, daran

scheiternd, Haare mit Schere

schön kurz zu schneiden

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November 22, 2024

Ältere Männer,

die ganz plötzlich anfangen

mit der Genderei

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November 22, 2024

Sich im Kreis drehen

Geist auf die Sprünge helfen

Zur Ruhe kommen

[Bill Evans – Peace Piece]

November 20, 2024

Können Menschen nicht mehr

zwischen Propaganda und Wahrheit unterscheiden,

so lassen sie ihr Gefühl entscheiden.

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November 20, 2024

Der Hund schaut herab

Das Schlafanzugoberteil

gleitet hinunter

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November 20, 2024

Wenn die Zeit still steht,

kann Momo den Zeit-Dieben

selbige stehlen

[Michael Ende – Momo]

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November 20, 2024

Heuer gegangen

Zwei Elisabethpfade,

dann den Jakobsweg

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November 19, 2024

Gegen das Stuhlbein

mit dem kleinen Zeh stoßen

Warten auf den Schmerz

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November 19, 2024

Kaffeeautomat

Zwei Frauen im Dialog

Nicht stören wollen

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November 19, 2024

U-Bahn rappelvoll

Menschenkörper dicht an dicht

Ich quetsche mich rein

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November 19, 2024

Die Mischlingshündin

– ich sitze auf dem Sessel –

springt mir auf den Schoß

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November 19, 2024

gras, à l’apogée

Pflaume, Kirsche, Brombeere

Alkoholbombe

Viña diezmo reserva 2018, Rioja

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November 19, 2024

Rennen im Regen

Pekinese an Leine,

Frau auf Rad ziehend

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November 19, 2024

Im Wanderrucksack

Arbeitsgerät vergessen:

Radweg verdoppelt

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November 18, 2024

Raus aus dem Iran

als alleinstehende Frau

mit einundvierzig

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November 16, 2024

Mit Walen tanzen

Jung und alt gesellt sich gern

Am Lagerfeuer

[Tucker Zimmerman & Big Thief – Burial at Sea]

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November 16, 2024

Zikadengesang

Die Erde atmet im Schlaf

In Mauerritzen

[nach Michael Endes Momo, geborgen aus dem Bücherschrank]

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November 15, 2024

Ein vages Gefühl,

der Sog der leisen Töne,

die Welt verschwommen

[Lars Danielsson, Verneri Pohjola & John Parricelli – La Chanson d’Hélène (Philippe Sarde)]

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November 13, 2024

Denn der Maulwurf

weiß ganz genau, warum er

immer tiefer gräbt

Bridget St John – Curl Your Toes]

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November 13, 2024

Die Sonne geht auf

über Frankfurt, der Himmel

im Osten rosa

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November 12, 2024

Lasst Waffen schweigen,

Soldaten auf Schlachtfeldern!

Hört diese Musik!

[Jakob Bro, Lee Konitz et al. – Aarhus]

Wanderroute

November 11, 2024

Vacha – Geisa – Hünfeld – Fulda – Flieden – Bad Soden – Gelnhausen – Langendiebach – Bergen-Enkheim – Niederhöchstadt

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November 11, 2024

Halsband leuchtet grün

Sie tapst durch die Nebelnacht

Augen funkeln gelb

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November 11, 2024

Lampe schränkt Sicht ein

In der Luft reflektieren

Wasserkristalle

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November 10, 2024

Gelbe Laubwälder

Mit 300 Sachen durch

Taunus im Nebel

[Rodolphe Burger – L’inattendu]

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November 9, 2024

Die Becken streicheln

Über Tasten traumwandeln

Den Bass erfühlen

[Colin Vallon Trio – Mars]

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November 9, 2024

Bisher existiert

die Kategorie Krankheit

in diesem Blog nicht

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November 9, 2024

Drei Küchenwecker

liegen in der Küche rum

Sie sucht den vierten

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November 9, 2024

Wo wache ich auf,

wenn ich am nächsten Morgen

nicht mehr aufwache?

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November 8, 2024

Gothic Synthiepop

Die Stimme kenne ich doch

The eighties are back

[Levin Goes Lightly – Numb]

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November 8, 2024

Fensterblick zum Teich

Taube fliegt auf der Stelle

Krallen im Wasser

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November 8, 2024

Bücher, Vehikel,

mit dem Geist vorzustoßen

in andre Sphären

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November 6, 2024

Morgens aufgewacht

Die Sterbeglocken läuten

Bye, democracy

Jakobsweg MR-K: 8. Köln-Merheim – Köln

November 4, 2024

Die Sonne ist gerade über der A4 aufgegangen, als ich beginne, mich mit einigen anderen Gästen dem umfassenden Frühstücksbüffet zu widmen. Heute am Sonntag zum Ende meiner Wanderung scheint Helios den ganzen Tag über, der Nebel der letzten Woche ist wie verflogen.

Es dauert eine Weile bis ich nach dem Verlassen des Hotels um 8h45 meinen Tritt gefunden habe, die Bewegungen des linken Knies sind trotz der Kniebandage unrund, das Humpeln läuft nur langsam aus in einen flüssigen Gang.

Am Eingang von Höhenberg wird die Brüderstraße, die von Siegen bis Köln verläuft, zu einer Ahornallee. Linker Hand ein kleines Wäldchen, der letzte Zipfel Natur, bevor ich in die versiegelte Stadt eintauche. An der Hauswand gegenüber ein verquerer Graffitispruch.

Höhenberg, Graffiti

In Höhenberg komme ich an jeder Menge Kneipen vorbei, wo der halbe Liter Kölsch für 2,20 zu bekommen ist. Hier vor Ort wird das Kölsch u. a. Biere von der 1830 gegründeten, ältesten noch heute in Köln produzierenden Brauerei der Gebrüder Sünner gebraut.

Kalk, Brauerei Gebr. Sünner

Weiter geht es an einem Industriedenkmal vorbei, dem Turboverdichter für die Sodaproduktion der Chemischen Fabrik Kalk, das ein Mann diskret von der Seite anpinkelt. Etwas später kreuzt ein Typ mit Palästinensertuch meinen Weg, der in sein Smartphone blickend wild gestikuliert und laut auf arabisch herumschreit, niemand beachtet ihn. Ich befinde mich hier in einem sozialen Brennpunktviertel.

Kalk, Turboverdichter für Sodaproduktion

Rechter Hand führen auf dieser Seite rundherum Treppenstufen herauf zur ehemaligen Kölnarena, der mit 20.000 Plätzen größten Veranstaltungshalle Deutschlands.

Deutz, Lanxess Arena

Es ist nun nicht mehr weit zu Vater Rhein, den ich auf der linken, der domabgewandten Seite recht einsam überquere.

Deutzer Brücke
Dom von Deutzer Brücke

Nahe der Domplatte treffe ich meine Eltern. Die Besichtigung des Doms gelingt aufgrund von Gottesdiensten nicht, es ist bis 13h nur der vordere Teil zugänglich.

Dom

Vor dem Dom steht eine originalgetreue Kopie der auf den Türmen angebrachten Kreuzblumen, die immerhin fast 10 Meter hoch sind.

Dom, Kopie der Kreuzblumen

Stattdessen trinken wir Kaffee und gucken uns eine der zwölf romanischen Kirchen Kölns an, die den meisten Kölnern ja sowieso mehr am Herzen liegen als der Dom. Es ist die Dominikanerkirche St. Andreas.

St. Andreas, Pietà

Hier liegt Albertus Magnus in einem Steinsarg in der Krypta. Elf Kirchenfenster wurden von Markus Lüpertz neu gestaltet. Unter anderem das Josephfenster links am Eingang, das den Zimmermann, der in der rechten Hand sein Werkzeug, die Säge trägt, zeigt.

St. Andreas, Josephfenster

Nach einer Mittagsmahlzeit draußen am Wallrafplatz gegenüber dem WDR-Funkhaus machen wir uns auf den Weg nach Moers.

Hier ist der Etappenüberblick der gesamten Wanderung.

Jakobsweg MR-K: 7. Marialinden – Köln-Merheim

November 3, 2024

Nach einem servierten Standardfrühstück, das ich komplett verputze, mache ich mich gegen neun bei bedecktem Himmel auf. Das trübe Wetter hat gehalten, aber Regen bekomme ich glücklicherweise auch heute wieder nicht ab. Die Füße sind etwas schwergängig nach der langen Etappe gestern, außerdem laufe ich im ersten Teil viel auf der asphaltierten Straße oder auf den noch härteren Bodenplatten des Bürgersteigs, was meinen Gelenken und Füßen gar nicht behagt.

Es geht die Brüderstraße hinab ins Tal der Agger nach Overath, dem nach Siegen zweitgrößten Ort auf meiner Strecke.

Overath, Agger

Hier besichtige ich die geöffnrte katholische Kirche St. Walburga, eine recht große dreischiffige Pfeilerbasilika aus dem 12. Jahrhundert. Im Gäste- bzw. Fürbittenbuch ist der letzte Eintrag über ein halbes Jahr alt.

Overath, Gästebuch St. Walburga

Ich zünde am Eingang mehrere Teelichter an und bin von der besinnlichen Stimmung angetan – ich bin allein in der Kirche – direkt vor einem Seitenaltar brennen viele unter- und nebeneinander aufgestellte Teelichter.

Overath, St. Walburga, Teelichter

Abgekordelt links neben mir ein Seitenaltar, der mich mit seinen „Augen“ anzuschauen scheint.

Overath, St. Walburga, Seitenaltar

Schließlich noch die modernen Kirchenfenster mit farbigen Segmenten, die mich etwas an die Gedächtniskirche in Berlin erinnern.

Overath, St. Walburga, Kirchenfenster

Nach einem kleinen Einkauf im Discounter  geht es über die Bahngleise und die Bundesstraße an einem Reiterhof vorbei, wo mich die Frauen mit den Pferden an der Leine eine Weile in den Wald hinauf begleiten. Ich komme nach Heiligenhaus, wo ich in der Nähe des modernen Kirchengebäudes, aus dem Chorgesang schallt, eine Rast einlege.

Es geht nun wieder steil die Straße hinab  zur Sülz, die ich bei Altenbrück überschreite. Hier gibt es einige alte Fachwerkhäuser, eines ist nun ein kostspieliges Restaurant.

Altenbrück, Altes Zollhaus
Altenbrück, Sülz

Die moderne katholische Kirche in Untereschbach auf der anderen Seite der Sülz hat neben dem Pilgerstempel, eine Karte zu bieten mit den Anteilen der Katholiken in Deutschland, am höchsten ist der Anteil mit 77% in Passau.

Weiter geht es hinauf zum Königsforst, den ich komplett von Ost nach West auf knapp 10 km durchquere. Erst einmal mache ich meine Mittagspause in einer Schutzhütte. Die Wohltat, aus dem Schuhgefängnis auszubrechen und die Socken auszuziehen, ist unbeschreiblich.

Ich höre nun immer wieder die Schreie der in V-Formation fliegenden Kranichschwärme, die hoch oben in etwa in derselben Richtung wie ich nach Westen bzw. Südwesten unterwegs sind. Es sind tausende Vögel.

Königsforst, Kraniche

Im Wald treffe ich viele sehr schnell fahrende Sportradfahrer, einer warnt mich aus der Ferne und bedankt sich, als ich auf der rechten Seite bleibe. Außerdem sind natürlich sehr viele Hunde mit Herr- bzw. Frauchen unterwegs, häufig mit jungen Paaren, die sich statt eine Familie zu gründen, einen Hund angeschafft haben.

Ich komme nun nach Köln-Brück, ein gut erhaltener, vom Krieg wenig in Mitleidenschaft gezogener Stadtteil ganz im Osten mit einigen Fachwerkhäusern. Die Olpener Straße, der ich gen Westen folge, hat hier vierstellige Straßennummern, ein Phänomen, das ich eigentlich nur aus den USA kenne. Ich passiere den von Nord nach Süd verlaufenden Mauspfad, einen historischen Handelsweg.

Hinter Brück wird es ungemütlicher, ich gehe durch Neubrück, ein Stadtrandgebiet mit Gewerbe, die Straße wird breiter, die Autos fahren schneller. Schließlich gehe ich unter der A4 durch nach links und erreiche bald mein Hotel.

Zu Abend essen tue ich heute in einem sehr gut frequentierten syrischen Lokal am Ende der Straße. Draußen unter einer Plane sitzen neben den Heizpilzen die Wasserpfeifenraucher, viele meist verschleierte Frauen. Ich bekomme innen einen Platz zugewiesen. Im ganzen Restaurant bin ich der einzige Biodeutsche (ich mag das Wort nicht, kenne aber kein besseres). Meine Mahlzeit besteht aus Fatusch (Salat mit Brotchips), Falafel und Ayran dazu. Alles sehr schön leicht.

Ich schlummere ein zu dem beruhigenden, gleichmäßigen Rauschen der Autobahn, als würde sich die Trommel der Waschmaschine im Nebenzimmer drehen.

Hier ist der Etappenüberblick der gesamten Wanderung.

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November 2, 2024

Den Buggy schiebend

Baby um Brust gebunden

Glimmstengel paffend

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November 2, 2024

Die Krähen krächzen

Die Autobahn rauscht dahin

Die Stöcke klackern

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November 2, 2024

Eine junge Frau

antwortet auf mein „Morgen“

mit einem Lächeln

Jakobsweg MR-K: 6. Denklingen – Marialinden

November 2, 2024

Wir sind um halb acht in der Gaststube, wo der Wirt uns das Frühstück vorbereitet. Er stellt uns noch schnell seine Hilfskraft vor, die mit Sack und Pack aus Luhansk flüchten musste und nach einer Odyssee über Charkiw, Kyjiw und Lviw im Bergischen Land angekommen ist. Ich bezahle und bin positiv überrascht: Es ist 30% günstiger als angekündigt.

Um 8h22 geht Hans‘ Bus nach Gummersbach, wo er umsteigt in den Zug nach Köln und dann in den ICE nach Berlin, insgesamt elf Stunden Fahrt, eine kleine Weltreise.

Ich gehe an der Wasserburg mit den vergitterten Gefängniszellen und der leider noch geschlossenen evangelischen Antoniuskirche vorbei, die als Ort der Stille und Einkehr gilt.

Denklingen, Teich mit Kirche

Es geht nun aus dem Ort heraus und ich komme auf die Brüderstraße, einen fast durchweg asphaltierten Höhenweg, der früher für den Handel genutzt wurde und dem ich den ganzen Tag 27 km lang folgen werde. In Eiershagen, das mehrmals Preise im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ gewonnen hat, starren mich die Rindviecher an, die angekündigten Fachwerkhausgiebel und Schieferfronten sehe ich im Vorübergehen nicht.

Eiershagen, Kühe schauen mich an

Es reiht sich hier ein Dorf an das andere, ich passiere heute über zehn Ortschaften, in Rölefeld steht eine Linde mit einer Hohlkrone, die durch Reifen flach gelegt wurde, die Kunst des geschnittenen Baumes, die „ars topiaria“ geht bis in die Antike zurück.

Rölefeld, Bergische Kaffeetrinkerlinde

Menschen, meist Jogger, treffe ich auf meinem Weg nur vereinzelt, kein Wunder, dass hier in der abgelegenen Gegend eine psychiatrische Einrichtung steht.

Haus auf der Hardt

In Oberbierenbach werde ich aus der Ferne Zeuge, wie ein Hütehund – evtl. ein Bordercollie – eine Lämmerherde mit Ziegen in ein Gatter treibt. Er legt sich flach auf die Wiese und lässt kein Tier entwischen.

Ich bin heute endlich im Flow, schaffe am Ende inklusive Pausen mit 27 km in etwas über 7 Stunden fast einen Viererschnitt. Man muss allerdings dazu sagen, dass der Weg gut befestigt ist, mehr oder weniger immer geradeaus geht, so dass Verlaufen fast unmöglich ist und es keine nennenswerten Steigungen gibt. Außerdem hat mir der Ruhetag gestern gut getan.

Blick auf Stockheim

Die ev. Kirche in Drabenderhöhe ist eine schlicht gehaltene Dorfkirche mit Empore und Kassettendecke.

Drabenderhöhe, ev. Kirche

Am Ortsausgang mache ich auf einer Bank meine Mittagspause mit einem Wurst-Käse-Brötchen und lutsche zum Nachtisch zwei schwarze Schokostückchen.

Auf einer Bank oberhalb des Weges sitzt ein Wandergenosse, der den Feiertag nutzt, um in einer Tagesetappe zu einer Bekannten zu wandern, einen Tag dort zu bleiben und dann wieder zurück zu gehen. Er erzählt mir von einer Pilgerwanderung in der Nähe mit 40 km-Etappen.

Pilze

Normalerweise hätte man von hier oben eine wunderschöne Aussicht über das Bergische Land bis zum Siebengebirge und bei klarer Sicht sogar bis zur Eifel. Leider gibt es heute vor allem Suppe zu sehen, der Nebel verdeckt die Sicht.

Großer Heckberg, Schöne Aussicht

In Heckhaus erfrische ich mich an einem Radler, das ein Arbeitskollege, der hier wohnt und den ich später treffen werde, netterweise vor der Haustier deponiert hat.

Die evangelische Kirche in Federath beherbergt ein 3,5 m hohes Holzkreuz, das sogenannte Hofkreuz. An diesem Kreuz hängt kein Jesus. Stattdessen sind die Leidenswerkzeuge Hammer, Nägel, Essigschwamm, Geißel, Würfel, sein Gewand, die 30 Silberlinge des Judas sowie ein Kelch, in den Jesu Blut fließt, ins Holz geschnitzt.

Federath, Hofkreuz

Es geht jetzt auf den Endspurt zu meinem Etappenziel, links auf der Telefonleitung sitzen Stare, die ich versuche, nicht aufzuscheuchen, Leonard Cohen lässt aus dem Off grüßen.

Vor Marialinden, „birds on a wire“

Zu Abend esse ich eine große Pizza mit Scampi und Knoblauch, die ich mit Kölsch runterspüle. Die drei Imbissbediensteten kommen aus dem kurdischen Teil Syriens, der gerade wieder von Erdogans Militär angegriffen wurde. Diese Schicksale brechen mir das Herz. Ich träume, dass alle Autokraten in einer Kapsel in den Weltraum geschossen werden und nie mehr zurückkommen.

Hier ist der Etappenüberblick der gesamten Wanderung.

4211

November 1, 2024

Musk, Trump, Xi Jinping

Putin, Erdoğan, Orbán

mit SpaceX ins All

4210

November 1, 2024

Heile Weltinsel

in einem Meer von Krieg und

Umweltzerstörung

[Laura Marling – Child of Mine]