Den auf den Rücken
gefallenen Mistkäfer
drehst Du wieder um
Den auf den Rücken
gefallenen Mistkäfer
drehst Du wieder um
Wer ist dieser Typ?
Ein Lächeln um die Lippen
Ein Erleuchteter?
Zwölf Tage älter
Luftige Melodien
Texte voll Sehnsucht
[The Chills – Rolling Moon]
Vor dreißig Jahren
Zarter Gitarrenohrwurm
von Romantikern
[The Sugargliders – Ahprahran]
Ich werde nach einer erholsamen Nacht in dem etwas zu kurzen Bett im Hotel Burg Ramstein von prasselndem Regen geweckt. Nach dem Verfassen des Tagebucheintrags vom Vortag entscheiden wir uns noch vor dem Frühstück angesichts des Regenradars, der für den ganzen Tag Niederschlag für die Region prognostiziert, die letzte Wanderetappe – von gerade mal rund 15 km – buchstäblich ins Wasser fallen zu lassen.
Wir gehen im Regen den Fußweg hinter der Burg hinunter zum Parkplatz und dann weiter auf der Straße zurück nach Kordel, insgesamt 3 Kilometer. Dort nehmen wir die Regionalbahn nach Trier.
Am Trierer Hauptbahnhof schließt sich ein Kreis. Bereits bei unserer Ankunft in Aachen vor 15 Tagen waren wir Zeuge einer ungewöhnlichen Szene gewesen. Auf dem Weg vom Hbf zu unserem Hotel am Lousberg hatten wir in Bahnhofsnähe eine in der Straße laut herumschreiende Frau getroffen. Sie schrie einen Mann an, der ruhig blieb, es könnte ein Dealer gewesen sein. Am Trierer Hbf auf dem Gleis gegenüber war wieder eine Frau, die herumkrakeelte. Sie war offensichtlich betrunken und lief einem Mann hinterher, der sich ihrer nicht entledigen konnte. Interessant, dass beide Frauen Männer anschrieen, wenn Männer in der Straße meist fluchend herumbrüllen, dann wenden sie sich an niemanden direkt, dann reden sie eher laut mit sich selbst. So ein Typ war uns in Aachen übrigens auch etwas später auf dem Weg zum Hotel begegnet.
In Trier deponieren wir unsere Rucksäcke im Schließfach und genießen es, ganz langsam mit dem Regenschirm zur Porta Nigra und dann durch die Fußgängerzone zum Markt zu gehen, wo wir uns draußen unter den Schirm in ein Café setzen und bei einem Cappuccino entspannen und dem Treiben auf dem Wochenmarkt zuschauen. Wir machen heute buchstäblich nichts außer etwas Shopping. Neben dem Buch Denkanstöße 2024 mit Essays diverser Fachautoren zu aktuellen Themen wie Klimawandel, Generationenkonflikt und Kampf der Supermächte kaufe ich mir in der schließenden Kaufhausfiliale, wo alles reduziert ist, eine neue, etwas weitere Wanderhose, da die Alte selbst nach dem Nähen der aufgeplatzten Nähte auf der Wanderung wieder kaputt gegangen ist. C. kauft sich das neue Buch von Charly Hübner über Uwe Johnson.
Ansonsten passiert heute nur wenig, der Regen stoppt immer nur kurz und setzt immer wieder neu ein, wir checken um 15 Uhr im Hotel in Trier-Nord ein, wohin wir noch einmal 2 km an einer Ausfallstraße im Regen laufen. Dort gehe ich in die Biosauna, keine Ahnung, was der Unterschied zur normalen Sauna ist (doch nicht etwa die farblich changierende Lichtsäule in der Mitte der recht dusteren Biosauna?), die rappelvoll ist, während ich nach mehreren Aufgüssen alleine vor mich hinschwitze. Im Ruheraum chille ich auf der Liege, während der Typ schräg gegenüber pennt und schnarcht.
Damit geht eine Wanderung zu Ende, die nicht immer ganz einfach war, aber auf jeden Fall jeden Tag Überraschungen für uns bereitgehalten hat. Jeder Tag war ein Abenteuer, jede Etappe eine Herausforderung. Wir haben drei exzeptionelle Unterkünfte gehabt (Ferienwohnung Mastiaux in Mirbach, Kurfürstliches Amtshaus in Daun und Burg Ramstein), die meisten Logis waren gut bzw. zufriedenstellend. Wir haben interessante Menschen kennengelernt, sowohl Wanderer als auch Gastgeber. Bei vielen von ihnen hatte ich das Gefühl, dass ich sie schon vorher kannte, obwohl ich sie in diesem Leben sicher noch nie getroffen hatte. Insgesamt mal wieder eine sehr runde Sache. Mal sehen, wie es weitergeht.

Vormittags Regen
Wir kämpfen uns durch den Wald
Zur Ruine rauf
Nach einer nur halbwegs erholsamen Nacht im zu warmen Zimmer im 2. Stock unter dem Dach frühstücken wir gemeinsam kurz nach 8 Uhr mit Ineke und Jap, dem holländischen Paar, in einem antik eingerichteten Gutshauszimmer im Erdgeschoss. Außer uns in dem anderen Zimmer fünf weitere Wandergäste.
Heute ist Regen angesagt und wir haben für die lange Etappe gleichzeitig einen festen Zeitplan, um rechtzeitig auf Burg Ramstein um 18 Uhr zum Abendessen anzukommen. Mit Regenjacke und -schirm ausgerüstet wagen wir uns hinaus. Es wird bis gegen Mittag regnen, wobei der Regen langsam nachlässt, wir werden also nicht klatschnass, wenn man von den Schuhen absieht.
Nach Gladbach geht es hinauf durch den Wald. Und wieder runter, rauf, runter. Plötzlich hinter dem Ort rechts auf einer freien Fläche im Wald eine große PV-Anlage, die erste, die wir auf dem Weg bewusst sehen.

Durch Felder geht es auf dem Hochplateau nach Greverath.

Die Blumen des Tages die Hortensien, die heute ganz in ihrem feuchten Element sind.

Auf dem Weg viele Nacktschnecken, aber auch Weinbergschnecken. Auf einer großen Lichtung im Wald in über 200 Meter Entfernung steht ein Reh, das Reißaus in den Wald nimmt, als es uns wenig später wahrnimmt.
Im Wald sehen wir bald vor uns in der Ferne eine Person. Es ist Gesche, die junge Wanderin, die wir zuerst auf dem schmalen Lieserpfad getroffen hatten. Sie hatte in Gladbach übernachtet, wir haben also etwa 90 Minuten reingeholt, die Etappe läuft nach Plan.
Das Rothaus, das wir passieren, hat wegen Personalmangel geschlossen. Deutschland hat ein riesiges Personalproblem, das sich sicher weiter verschlimmern wird, wenn nicht bald mehr dagegen getan wird. Gerade auf dem Lande sieht es sehr düster aus, das hat uns diese Eifeldurchquerung gezeigt. Oft wird auf ältere Arbeitskräfte, die im Rentenalter sind, zurückgegriffen, wie heute morgen beim Frühstück, man fragt sich allerdings, warum es hier z. B. nicht mehr junge Migranten in den Hotel- und Restaurantbetrieben gibt.
Durch Zemmer gehen wir geradeaus durch und sparen uns so ca. 2 km. Hier machen wir an einer überdachten Bushaltestelle nach über drei Stunden Gehen unsere erste wohlverdiente Pause.

Auf so einer längeren Wanderung gibt es immer wieder Momente, wo man keine Lust hat, auch nur einen weiteren Schritt zu tun, weil die Knochen, die Gelenke und die Sehnen schmerzen und das Wandern so völlig sinnlos erscheint. Bei mir war es heute beim relativ steilen Abstieg auf matschigem Weg durch den Wald von Roth runter zur Deimlinger Mühle an der Straße nach Daufenbach. Jeder Schritt war sowohl für die Füße als auch insbesondere die Kniee ein Martyrium. In solchen Fällen hilft nur eins: Durchbeißen. Und am Ende haben wir ja auch diese Etappe zu einem erfolgreichen Ende gebracht.
Im aufgrund der tieferen Lage sommerlich warmen Daufenbach warten wir auf den Zug nach Kordel, weil eine Brücke über die Kyll seit der Flut vor drei Jahren gesperrt ist. Alternativ benutzen einige die Eisenbahnbrücke, uns kommt die Zugunterbrechung jedoch ganz gut zupass, weil die lange Etappe so um knapp 4 km verkürzt wird.
In Kordel gehen wir einen kaum frequentierten Radweg zwischen Kyll und Bahnlinie, kommen an einer auffälligen roten Felsformation mit einer Marienfigur drin vorbei und können bald unser Tagesziel, die das Tal überragende Burgruine Ramstein erblicken.


Wir haben jetzt nur noch einen kurzen Aufstieg vor uns und schleppen uns mit den letzten Kräften zu unserem Hotel, wo wir bald ein Menü mit Melone und Schinken, Schnitzel mit Pommes und Salat, sowie einen sahnigen Käsekuchen zu uns nehmen dürfen. Bei der anschließenden Besichtigung der in Familienhand befindlichen Burgruine lassen wir uns noch fast aussperren, aber am Ende kommen wir wohlbehalten in unsere Kojen.


Das Salmtal hinab
Etappe zum Genießen
Wir sind nicht allein
Vor dem Frühstück, das pünktlich um 8 beginnt, werfen wir noch einen Blick in die Gnadenkapelle, wo es nach der Messe nach Weihrauch riecht. Innen auch ein Dankesstein für Maria von einem Soldaten, der hier 1944 im Lazarett war.
Wir frühstücken mit einem Paar in unserem Alter, sie wohnt in Düren und macht ihre Exerzitien hier. Sie erzählt von den Überschwemmungen vor drei Jahren, wo Düren um 7 cm der Katastrophe entging, andere Orte lagen gar nicht an einem Gewässer, wurden aber trotzdem völlig überraschend überschwemmt, weil das Wasser über den Berg stieg, der sie von einem überschwemmten Tal trennte.
Die dreischiffige barocke Abteikirche ist – für den Zisterzienserorden typisch – innen sehr schlicht ausgestattet. Auffällig ist der große Chorraum.
Am Ausgangstor fällt mir noch eine Tafel auf, Himmerod ist der Ort, wo nach Gründung der Bundeswehr das Konzept der inneren Führung, das einen Eckpfeiler unserer demokratisch legitimierten Armee darstellt, ausgearbeitet wurde.

Heute haben wir eine der gemütlichsten Etappen des Eifelsteigs vor uns, es geht fast die ganze Zeit rund 20 km die Salm abwärts, Steigungen sind eher Ausnahmen. Sehr bald treffen wir ein jüngeres holländisches Paar, das auch in Himmerod übernachtet hat und gehen längere Zeit gemeinsam. Sie kommen aus Gouda zwischen Utrecht und Amsterdam, haben schon ältere, recht selbstständige Kinder und machen ihre erste Fernwanderung. Sonst fahren sie passioniert Rad. Ihr Fernziel Trier, das Nahziel die Burg Bruch, wo auch wir nächtigen werden. Wir kommen an einer Mühle vorbei, wo Eidechsen in der Sonne vor uns weghuschen. Irgendwann lassen wir die Holländer ziehen, da sie auch aufgrund der kleinen Rucksäcke schneller sind und wir eine Trinkpause machen.
Ich komme im weiteren Verlauf auf philosophische Gedanken der Form, dass der Weg unser Meister ist, dem wir uns anpassen müssen. Wenn es hochgeht, müssen wir genauso das Tempo rausnehmen, wie wenn es runtergeht. Wenn wir mit ihm harmonieren, mit ihm atmen, wird es uns gut gehen etc.
Vor Landscheid unterqueren wir die Autobahnbrücke der A60. Im Ort verlassen wir den Weg und halten unsere Mittagsrast mit Butterbroten im Schatten auf einer Mauer nahe der Kirche, Bänke gibt es keine. Etwas weiter im Ort liegt eine Bäckerei mit Café, wo wir uns einen Capuccino mit Zwetschgenkuchen genehmigen. Bald gesellen sich unsere holländischen Wanderfreunde hinzu, die ebenfalls eine Kaffeepause einlegen. Über uns fliegen mehrere Tiefflieger hintereinander eine scharfe Kurve und verursachen einen ohrenbetäubenden Lärm. Ein paar Kilometer westlich liegt Spangdahlem, eine US-Air Base, die Teil der weiter südlich in Ramstein stationierten 3rd Air Force sind. Ein idyllisches Eifelstädtchen stelle ich mir anders vor. Dafür gibt es hier einen Maibaum, obwohl Bayern weit weg ist.

Kurz hinter dem Ort gibt es im Wald eine Umleitung links hinunter aufgrund von Baumfällarbeiten, man hört im Hintergrund Sägegeräusche. Das Besondere an ihr ist, dass sie 1,3 km kürzer ist als der Originalweg, der eifelsteigtypisch einen großen Schlenker in Form einer Haarnadelkurve macht.
Auch auf dem Eifelsteig liegen viele entwurzelte Bäume bzw. stehen kahle, tote Bäume. Ein trauriges Bild, aber nicht so flächendeckend wie z. B. im Taunus, Harz oder Thüringer Wald.

Nachdem wir aus dem Salmtal kurz heraustreten, hören wir auf der Wiese die Grillen zirpen.
Wir sind heute die meiste Zeit im Wald, es kommen aber immer wieder Lichtungen mit schönen Ausblicken, die das Auge entspannen.

Eine Braunviehherde mit Kälbern, deren eines vergeblich versucht, am Euter der Mutter zu saugen, weidet ansonsten ruhig vor sich hin.

Auf dem Weg einige schwarze Mistkäfer, teils unterwegs in Richtung Trier, teils in Richtung Aachen. Kurz vor unserem Ziel kommen wir an einer, kleinen abgezäunten Wiese vorbei, wo zwei zutrauliche Ziegen grasen.

In Bruch setzen wir uns auf eine erhöhte Baumelbank im Schatten, wo man die Beine baumeln lassen kann, erfrischen uns innerlich mit kühlen Getränken aus dem Automaten und äußerlich durch eine kurze Kneipprunde in der steinigen Salm, die gar nicht so kalt ist wie erwartet.
Hier gibt es eine Ölmühle, deren Mühlrad läuft. Sie lieferte früher die elektrische Energie für das Dorf.


Wir kommen heute in der Burg Bruch im 2. Stock im urigen Zofenzimmer mit Holzbalken unter der Decke unter. Auf dem Burganwesen gibt es einen viel besuchten Biergarten, wo wir gemeinsam mit den Holländern den Abend ausklingen lassen.


Über Stock und Stein
Rast über Lieserschleife
Neunzig Jahre jung
Es ist lustig, in unserem spartanischen Jugendherbergszimmer schlafe ich besser als im Himmelbett in der Suite in der Nacht zuvor. Morgens beim Frühstück kurz vor acht ist noch wenig los, die kleinen Kinder mit Lehrern kommen erst gegen halb neun und es wird lebendiger.
Wir müssen morgens noch zum etwas abgelegenen Supermarkt im Gewerbegebiet, wo wir unser Lunchpaket für deutlich unter 5 Euro selbst zusammenstellen.
Es ist morgens bedeckt, im Laufe des Tages wird die Sonne rauskommen. Im Ort sind einige Wanderer bzw. Kletterer unterwegs. Wir sind schnell auf unserem schmalen Pfad nach Süden, der rechts vom Felsen begrenzt wird und steil nach links zur Lieser abfällt, die sich unten ihren Weg durch die Vulkanlanschaft sucht. Es eröffnen sich diverse Blicke auf die beiden Burgen.


Wir passieren einige hölzerne Schutzhütten, die kunstvoll auf der Talseite in schwindelerregender Höhe befestigt sind. Die Lieser unten kann man unter den Baumkronen nur ahnen. Plötzlich steht vor uns eine junge Frau mit kompaktem Rucksack, sie schmiegt sich an die Felsseite, ich komme an der Bachseite so gerade an ihr vorbei. Wir werden sie heute noch öfter treffen.

Auf dem Weg, der einige Kilometer hier oben verläuft, muss man sich etwas konzentrieren, ein falscher Schritt zu weit nach links kann katastrophale Konsequenzen haben. Irgendwann geht es dann durch den Wald hinunter zur Lieser über eine Brücke. Unten ist der Weg oft ziemlich matschig, ich tauche mit meinen flachen Wanderschuhen tief ein, ohne ganz stecken zu bleiben. Es geht sogleich wieder steil bergauf – den ganzen Tag ein kräftezehrendes permanentes Auf und Ab – zu einem Aussichtspunkt mit Sicht auf einen kleinen, runden Wiesenzipfel im Wald. Hier steht die junge Wanderin, die dasselbe Tagesziel wie wir hat und bewundert den Blick und die Schönheit der Natur.
Wir steigen weiter auf zu einem Gerstenfeld am Wegrand, in dem es seltsame, leise Geräusche gibt, als wäre das Feld elektrisch geladen. Wir vermuten, dass es sich um Heuschrecken handelt, die dort herumspringen, die wir allerdings nicht sehen können.
Unsere Mittagspause machen wir 300 m abseits des Eifelsteigs in der Schutzhütte am Burgberg. Hier wurde ein Aluminium-Ponton gebaut, so dass man über die Baumwipfel hinaus auf die unten mäandernde Lieser blicken kann. Rechts ist nur ein schmales Stück erkennbar. Wir genießen hier zu zweit den Wurstsalat mit zwei Brezeln, einer Apfeltasche und 0,5 Liter köstlichem Ayran und einem guten Schluck Wasser. Immer wieder erstaunlich, wie viel besser das Essen und Trinken draußen nach körperlicher Anstrengung mundet.

Die letzten Kilometer der Etappe bewegen wir uns unten auf Wiesenwegen bzw. auf der schmalen Straße. Am Wegesrand eine halbe Stunde vor dem Ziel noch eine Liegebank, der wir uns nicht entziehen können.

Hinter der letzten Waldkuppe geht es dann hinunter zum schlichten barocken, ursprünglich im 12. Jahrhundert von Bernhard von Clairvaux gegründeten Zisterzienserkloster der Abtei Himmerod. Seit einigen Jahren gibt es hier bis auf Bruder Stephan, der gerade 90 geworden ist, keine Mönche mehr. Er hält sich fit mit Joggen und Schwimmen im nahegelegenen Teich. Ein eher unkonventioneller, ökumenisch denkender Mönch, der seit über 60 Jahren hier ist und zusammen mit dem Förderverein, der den aktuellen Betrieb des Ladens, der Gärtnerei, des Gästehauses, der Fischerei etc. sicherstellt, mit dem Rektor der Abteikirche bezüglich der zukünftigen Nutzung der Abtei im Zwist liegt. Die Erhaltung der Klostergebäude kostet jährlich 150.000 Euro, denen keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen.
Wir essen ein Eis vom Klostershop und beziehen unser einfaches, aber zweckmäßig mit Schreibtisch eingerichtetes Zimmer inkl. Dusche und Bad und sputen uns mit der Körperpflege, da wir nur 30 Minuten Zeit haben, bis pünktlich um 18 Uhr das Abendbrot beginnt. Auch hier schmecken die einfachen Speisen ganz hervorragend, es gibt Kartoffel- und Krautsalat sowie sehr leckeres frisches Graubrot mit bissfester Krume aus der Klosterbäckerei. Wir lernen kurz den sympathisch-offenen Bruder Stephan kennen und gucken uns anschließend noch auf dem weiträumigen Anwesen um. Dabei treffen wir die junge Wanderin wieder, die im direkt hinter der Klostermauer liegenden Gasthaus untergekommen ist. Wir reden übers Wandern, sie macht ihre erste Tour alleine, um reinzuschnuppern, ist in Daun gestartet und geht auch bis Trier.
Draußen vor der Klostergaststätte wird noch bis in die Dunkelheit gequatscht, während wir bei offenen Fenstern kurz vor zehn in unseren wohlverdienten Schlaf wegdämmern.


Um die Maare rum
Perfektes Regentiming
Schmaler Höhenpfad
Auf der Terrasse unseres Hotels nehmen wir unter einer Linde bei sich langsam zuziehendem Himmel das bis jetzt opulenteste Frühstück der Wanderung ein.
Wir kommen erst relativ spät kurz vor zehn los, meine Füße sind schon fast auf Entzug und freuen sich, als wir endlich loswandern. Auf dem Weg erhaschen wir bald einen Blick zurück auf die Frühstücksterrasse.

Die Leute grüßen hier alle normal mit „Morgen“, selbst der junge Mann südasiatischer Herkunft mit seinem Blumenstrauß, ich bin noch im Berliner „Hallo“ – Modus.
Im Süden von Daun liegt der Kurpark mit vielen geschwungenen Liegebänken, für die es uns jedoch noch etwas früh erscheint. Es ist gegen Mittag Regen angesagt und wir hoffen dem zu entgehen, was uns auch relativ gut gelingt.


Wir kommen zum ersten Vulkansee unserer Wanderung, dem Gemündener Maar. Hier geht es bald zwischen den Bäumen aufwärts zum Dronketurm, von dem man eine phantastische Aussicht auf Daun und das Gemündener Maar hinter uns hat. Wir sind hier nicht die Einzigen, es sind jede Menge Tageswanderer unterwegs. Nahebei grasen einige Schafe, die sich an den Bäumen eng zusammenstellen.


Wir setzen den Weg fort und gehen fast komplett um das Weinfelder Maar herum. Inzwischen fängt es an, etwas zu tröpfeln, ich ziehe die Regenklamotten an, was wie so oft dazu führt, dass ich statt durch das bisschen kühlen, erfrischenden Regen durch meinen eigenen klebrigen Schweiß von innen nass werde. Den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben…
In Schalkenmehren machen wir rechtzeitig, bevor es richtig zu regnen beginnt in einem Gasthaus draußen unter einer Markise gegen 12 Mittagspause. Neben uns eine Gruppe von mittelalten Holländern mit drei kleinen Hunden.
Es kommt jetzt bald die Sonne raus und wir setzen unseren Weg fort in Richtung Lieser. In den Wiesen um uns herum zirpen die Grillen, als gäbe es kein Morgen.

Es geht nun einige Kilometer meist bergab bis wir schließlich zu dem Teich eines Angelvereins kommen, wo wir eine Mutter und Tochter mit Rucksäcken, die wir schon vorher am Dronketurm getroffen hatten, in der Sonne – ich denke noch „wie kann man nur?“ – rasten sehen, wahrscheinlich um zu trocknen. Der nächste Regenguss steht kurz bevor. Wir steigen ins Tal der Lieser hinab, wo zwar die Udersdörfer Mühle final geschlossen ist (Führer veraltet), dafür aber wenige hundert Meter weiter die Pension Haus Liesertal (als Einkehr nicht im Führer) Getränke und Snacks in einem Häuschen anbietet, wo man sich selbst bedienen kann und Geld in einen auf dem Tisch befestigten Briefkasten einwerfen kann. Eine hochwillkommene Überraschung. Jetzt fängt es richtig an, zu schütten und wir sitzen im Trockenen.
Nach dem Guss gehen wir den hochgelobten Lieserpfad an dem gleichnamigen Bach entlang Richtung Manderscheid. Anfangs an Weiden vorbei. Hier grasen die dunklen Büffel, die für den Mozzarella zuständig sind. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Ich werde zunehmend von sehr anhänglichen Bremsen geplagt, die mich in die Arme bzw. Waden stechen. Bis ich dann später die biologische Variante des Anti-Brumm-Sprays zu Hilfe nehme. Dann ist Ruhe. Außerdem fällt mir ein anderer leicht nerviger Genosse auch auf dieser Wanderung auf. Der einzige Vogel, den man hier tagsüber außer gelegentlichen hohen Greifvögelschreien hört, ist der Gartenrotschwanz mit seinem an Einfallslosigkeit nicht zu überbietenden monotonen Gepfeife.
Wir sind insbesondere in der ersten Hälfte nicht sehr beeindruckt vom heutigen Teil des Lieserpfads, es gibt einige breite Wirtschaftswege, dann zum Teil grob geschotterte Strecken, die nicht schön zu gehen sind für die strapazierten Füße. Es gibt allerdings auch Wurzelwege und die letzten Kilometer vor Manderscheid wird der Weg zu einem Höhenpfad, links tief unten die Lieserschlucht, rechts die Felswand.

Es kommt noch ein kurzer Regenguss, den ich voll mitkriege, der mir aber nichts anhaben kann, da bald wieder die Sonne scheint und ich schnell trockne.
Wir sind mal wieder in unserem Trott, da steht rechts unterhalb des Weges mit Blick auf eine Wiese eine Wohlfühlbank. Wir chillen kurz, ich vergewissere mich, dass unser Zimmer bis 19 h reserviert ist und es geht weiter. Das Schönste am Wandern ist das Innehalten, sind die Pausen.

In der Ferne sieht man schon die Oberburg von Manderscheid, die von den Erzbischöfen von Trier gebaut wurde, während die dahinter liegende Unterburg auf der anderen Bachseite luxemburgisch war.
Wir durchqueren den 1300 Seelenort, wo gerade die Lichter auszugehen scheinen – wir passieren nur Restaurants, die geschlossen sind – und kommen an der Jugendherberge an, wo das Internet gerade nicht geht – die Telekom weiß schon Bescheid – und uns ein klassisches JH-Mahl erwartet mit lauwarmem Essen. Das Zimmer mit zwei Etagenbetten plus Matratze unter einem Bett strahlt den Charme einer Bundeswehrstube in den frühen Achtzigern aus. Man kann nicht jeden Tag wie ein Fürst residieren…


Quelle angezapft
Baumhindernis wird zersägt
Mühsamer Aufstieg
Wir verlassen unsere Ferienwohnung gegen 8h15 und begeben uns auf die Suche nach einer Bäckerei, gar nicht so leicht, im Zentrum der 7.500 Einwohnerstadt gibt es noch eine. Die andere hat gerade endgültig zugemacht.
Der nächste Anlaufpunkt ist der Brunnenplatz an der Kyll, wo die offizielle Zapfstelle für das Gerolsteiner Mineralwasser ist. Es tröpfelt kurz und ich schmecke in der Tat die natürliche Kohlensäure – eher Medium – und eine feine Salznote. Nahebei unter der Kyllbrücke schläft eine Ente auf einem Stein. Die Kyll, die bei Trier-Ehrang in die Mosel mündet und im Zitterwald im deutsch-belgischen Grenzgebiet entspringt ist übrigens mit knapp 128 km der längste Fluss der Eifel, deutlich länger als die Ahr, die nur 89 km misst.


Aus Gerolstein heraus führen uns Stufen nach oben. Es geht los mit einem Anstieg, der uns zur Löwenburg mit Aussicht auf den Ort und die Dolomiten dahinter bringt. Hier treffen wir eine Holländerin, die sich mit ihrem Mann eine Wohnung auf 400 m Höhe gekauft hat, so dass sie vor zukünftigen Überschwemmungen – die Bahnlinie und die Uferstraße waren unter Wasser vor drei Jahren – sicher sind. Ihr Hund wurde gerade eingeschläfert, sie geht jetzt morgens allein spazieren.

Heute sind die Temperaturen angenehm um die 20 Grad und wir kommen gut voran durch den Wald. Wir passieren das Davitskreuz, das von einem Fuhrmann aus Dank errichtet worden sein soll, der am Feiertag gearbeitet hat und mit seinem Ochsengespann trotzdem heil nach Hause gekommen ist. Auch die Büschkapelle wurde aus Dank von den Eltern eines jungen Studenten errichtet, dessen Teilnahme an der 1848er Revolution nur milde geahndet wurde.
Wir kommen nun zum Aussichtspunkt Dietzenley, der auf vulkanischem Basaltgestein liegt. Die Aussicht zeigt vor allem Baumwipfel, man erkennt Birresborn im Südwesten.


Nun geht es wieder hinunter. Mitten im Wald Maschinenlärm. Auf dem Wirtschaftsweg, auf den wir einschwenken wollen, eine Art Bagger, der mit Sägemessern in den Schaufeln in Nullkommanix eine ca. 20 m lange Fichte in kleinere Teile zerlegt, die den Weg blockiert hatte. Sehr eindrucksvoll. Was für ein Service!
Wir kommen flott voran auf der breiten Piste. Kurz vor Neroth endlich eine Bank. Welche Enttäuschung, dass sie in der Sonne liegt und, dass der Jesus am Kreuz daneben im schönsten Schatten hängen darf. Die Prioritäten sind hier klar gesetzt.


Kurz danach treffen wir auf eine Frau, die doch tatsächlich ihre beiden Teenagertöchter überredet hat, ein paar Etappen von Hillesheim bis Himmerod auf dem Eifelsteig zu wandern. Sie übernachten in Jugendherbergen und legen morgen in Daun erstmal einen Ruhetag ein.
Wir gehen jetzt noch ganz runter über die kleine Kyll und quälen uns den steilen Pfad durch den Wald zum Nerother Kopf (652 m) hoch, wo man noch Reste der Burg Freudenkoppe sehen kann. Hier wurde 1919 ein örtlicher Ableger des Wandervogels gegründet.

Wir kommen nun in die finale Phase der heutigen Etappe, deren 820 Höhenmeter gar nicht so schlimm wie befürchtet gewesen sind, wir brauchen am Ende netto fast eine Stunde weniger als die sieben im Führer angegebenen Stunden, machen allerdings den dort vermerkten Schlenker im Wald am Ende in Daun nicht mehr mit.
An der Neunkirchener Mühle – auch nicht im Rotherführer – erholen wir uns vorher kurz bei einer Flasche Mineralwasser. Der über 80 jährige Wirt hat weder Personal noch einen Nachfolger und wird bald schließen. In der Nähe war eine Kaserne. Ein ehemaliger Wehrpflichtiger von 1980 macht eine Erinnerungsreise und fragt uns(!) wie weit es nach Daun ist.
Es geht jetzt noch über den Berg nach Daun, wir können schon mal eine Aussicht an einer neuen, soliden Holzbank ergattern. Man kann auch schon deutlich unsere Unterkunft, das Kurfürstliche Amtshaus – früher die Burg der Grafen von Daun – erkennen.



Wieso uns die Fürstensuite zugeordnet wird, ist uns unklar, das von der Inneneinrichtung etwas in die Jahre gekommene Etablissement scheint recht gut gefüllt zu sein. Wir begeben uns noch in den Fitnessbereich, C. ins Pool und ich in die Sauna, anschließend essen wir auf der knackevollen Terrasse des einzigen heute (Montag!) geöffneten Kroaten nach längerer Wartezeit ratzeputz unsere Fleischgerichte auf und verdünnisieren uns in unser Schlafgemach.

Auf der Stadtmauer
Ziegen auf den Dolomiten
Höhlenmalerei
Frühmorgens kurz nach fünf, als ich beim Tagebuchtippen bin, höre ich ein starkes Rauschen, sehe einen Blitz und höre kurz danach den Donner. Ein starker Schauer geht nieder, gut, dass wir in einer „Zelle“ und nicht in einem Zelt schlafen.
Das Frühstück inkl. gebratenem Ei macht uns der Hausherr selber. Das Hotel steht zum Verkauf, er ist geschieden und kann die Bewirtschaftung inkl. Putzen langfristig nicht alleine machen. Personal findet er nicht.
An der Wand Bilder, die die frühere Verwendung des Gebäudes zum Thema haben. Im Keller wohl auch noch die alten Haftzellen.

Als wir raustreten, scheint schon wieder die Sonne, es ist bereits wieder schwül, die heutige Etappe ist glücklicherweise nur 20 km lang, hat es aber insbesondere am Ende in sich.
In Hillesheim lassen wir uns die alte, begehbare, sehr gut erhaltene Stadtmauer nicht entgehen. Am Sonntagmorgen haben wir die Aussicht aufs Umland ganz für uns allein. Teile der Stadtmauer werden sogar bewohnt.


Alsbald geht es ins Grüne. Der Eifelsteig folgt einem Fitnessparcours an einem Teich und später an einem Bach entlang in Richtung Bolsdorf. Hier draußen ist es gleich spürbar kühler. Wir treffen zweimal eine Frau, die die ganze Runde macht.

In Dohm ist die laut Führer einzige Einkehrmöglichkeit heute – stimmt nicht, es hätte auch im Bungalowdorf später ein Lokal gegeben – noch geschlossen. Es geht nun über die Bahnlinie, die aufgrund einer Reparatur unterbrochen ist und dann über die Kyll in den Wald hinein, wo wir zu einem Aussichtspunkt mit Schutzhütte hochsteigen und unsere erste Trinkpause einlegen.

Auch heute sind wir wieder viel auf Gras- und Wiesenwegen unterwegs, es ist allerdings rund fünf Grad kälter als gestern. Ins Schwitzen kommen wir trotzdem. Am Wegesrand jede Menge wilde Blumen.

Vor Roth schicken uns die Markierungen sehr weit nach Osten, was nicht zum GPS-Track passt. Ich entscheide mich dann, durch den Ort zu gehen, wir treffen bei den Mühlsteinhöhlen im Wald dann wieder auf den ausgeschilderten Weg. Vor den Höhlen ist es bestimmt fünf Grad kälter, ich gehe in eine mit meiner Stirnlampe ein paar Meter hinein und sehe an einem Stein eine moderne Felsmalerei.

Oben am Rother Kopf machen wir bei schönster Sicht unsere überschaubare Mittagspause mit je drei Crackern, einem Honigbrötchen, einem halben Apfel und viel Wasser.

Es geht nun wieder bergab und wir landen schließlich an einem Fischteich und kommen zum Bungalowdorf. Auch heute treffen wir wieder auf viele Holländer, für die die Eifel und die Ardennen ja die nächstgelegenen Berge darstellen und daher gerne besucht werden.
Hinter dem Auberg, den es rauf und runter geht und dessen aus Korallen entstandenen Felsen bereits den Anfang der Gerolsteiner Dolomiten darstellen, geht es in einem weiten Bogen von rund fünf Kilometern auf dem Vulkanweg weiter bis hinauf zur Munterley. Man hätte hier zwar auch direkt in den Ort gehen können, aber der Eifelsteig nimmt wie so oft einen Umweg, der die Schönheiten der Natur berücksichtigt.
Oben auf den Felsen der Munterley sehen wir Ziegen, von denen wir uns fragen, wie sie da wohl hochgekommen sind.

Uns bietet sich von oben eine schöne Aussicht auf den langgezogenen Ort, der als Eisenbahnknotenpunkt gegen Ende des 2. Weltkriegs zu 80 Prozent zerstört wurde.
Das weltberühmte Mineralwasser mit natürlicher Kohlensäure, das vulkanischer Tätigkeit zu verdanken ist, hat auf dehydrierte Wanderer wie uns eine besonders belebende Wirkung.

Auch heute sind die letzten Kilometer die Längsten, sie ziehen sich wie Kaugummi. Wir kommen noch am Wunschkreuz mitten im Wald vorbei, wo man so ähnlich wie beim Cruz del Ferro auf dem Jakobsweg seine Wünsche auf Steinen notieren bzw. in sie hineinsprechen und dann hier ablegen kann.

Unten in der Stadt angekommen, erwartet uns noch eine unliebsame Überraschung. Die Fußgängerbrücke über die Kyll ist gesperrt, wir müssen also einen Umweg über den Bahnhof machen und dann wieder auf der anderen Seite zurücklaufen, um noch Abendessen bzw. Frühstück im Tankstellenshop zu kaufen, weil ja Sonntag ist und wir in einer Ferienwohnung nächtigen.
Netterweise wäscht unser Gastgeber, der 300 m entfernt wohnt, unsere vollgeschwitzte Wanderkluft. Es hatte allerdings auch in der Beschreibung gestanden, dass es eine Waschmaschine gäbe.
Morgendlicher Flow
Gut besuchter Wasserfall
Der Durst wandert mit
Nach dem gemütlichen Frühstück mit Ingwershot, Zitronenkuchen sowie Joghurt mit Nektarine und grünem Tee in der Küche schließen wir zwanzig vor neun die Tür unserer Ferienwohnung. Glücklicherweise ist unsere Landlady schon zurück von der Versorgung der Tiere, so dass wir die vergessenen Stöcke wiederbekommen.
Unter der Unterführung der Landesstraße liegt eine totgefahrene Elster, immer wieder Tierkadaver auf den Straßen, viel zu viele.
Wir gehen einen Grasweg hoch und werden bald mit einem schönen Blick zurück auf die neuromantische Erlöserkirche in Mirbach, die vom Kammerherrn von Wilhelm II. 1902 errichtet wurde, belohnt.

Heute bewegen wir uns zunehmend in der offenen Landschaft, der Wald wird im Laufe des Tages dünner und weicht Wildwiesen mit Raps, Borretsch, Ackerrettich, Büschelschön, Sonnenblumen etc. sowie Getreidefeldern. Das ist heute, wo mit 29 Grad der bisher heißeste Tag der Wanderung ist, für unsere Körper eine besondere Herausforderung. Nachdem man etwas getrunken hat, trocknet der Mundraum schon nach kurzer Zeit wieder aus, insbesondere, wenn man, wie ich oft mit offenem Mund geht. Wir nehmen heute jeweils gut vier Liter Flüssigkeit zu uns und selbst das ist eigentlich zu wenig, weil ich z. B. den ganzen Tag kaum Wasser lasse.

Die Wiesen werden gerade mit den Traktoren mit dem entsprechenden Anhänger gemäht und dann wird mit einer anderen angehängten Maschine das Heu aufgesammelt und zu Heuballen komprimiert. Dafür sollte es nicht zu feucht sein, weil es sonst später schimmeln würde. Bei der Sonneneinstrahlung trocknet das gemähte Gras jedoch recht schnell.
Vor dem Steinbruch hinter Nollenbach zweigt der Weg nach links ab. In der Ferne sieht man das Zementwerk von Üxheim.
Heute Vormittag, wo es noch nicht so heiß ist und der Wald uns größtenteils noch schützt, kommen wir sehr gut voran, wir brauchen für die rund 12 km bis zum Wasserfall – knapp die Hälfte der Tagesetappe von 26 km – etwa drei Stunden, wir sind in einem Flow, es fühlt sich so an wie ein anstrengungsloses Gleiten.
Vor dem Wasserfall überqueren wir noch auf einer Fußgängerbrücke die alte Bahnstrecke Jünkerath – Adenau, die 1973 stillgelegt wurde und heute als Radweg genutzt wird. Bisher haben wir nur wenige Menschenseelen getroffen heute. Das ändert sich am Dreimühlen-Wasserfall, wo Menschenmassen das Naturschauspiel bestaunen, fotografieren und sich vereinzelt sogar von den Fällen berieseln lassen. Der Anteil holländisch- bzw. flämischsprachiger Touristen ist sehr hoch. Das stark mineralhaltige Wasser sorgt dafür, dass Kalk abgelagert wird, so dass das Felsgebilde um 10 cm pro Jahr wächst.
Wir pausieren hier im Schatten, welche Wohltat, die Schuhe und Socken für ein paar Minuten auszuziehen, eine weitere kleine Freude des Weges.

Unsere richtige Mittagspause machen wir im nächsten Ort in Niederehe. Der Gastwirt erzählt uns, dass er seit Corona nicht mehr genug Personal hat, um einen Mittagstisch anzubieten. Ein weitverbreites Problem auf dem Eifelsteig. Auf der schattigen Holzveranda bekommen wir dann aber doch noch Käsekuchen, Kartoffelsuppe und Getränke, was uns zum Kräftetanken völlig ausreicht.

Weiter geht es hinauf zum Grabstein von Franz von Wille, dem 1941 gestorbenen Eifelmaler. Die Burg von Kerpen ist noch eine Baustelle, sieht von außen jedoch schon wieder aus wie geleckt.


Die Landschaft hat hier wirklich schon einen lieblichen, mediterranen Touch, von Wille hat die Gelb- und Grünschattierungen in seinen realistischen Bildern sehr gut zum Ausdruck gebracht.

Plötzlich kommt uns ein Wanderer entgegen mit einem großen Regenschirm in der Hand, den er zum Sonnenschirm umfunktioniert hat. Am Wegesrand eine vergatterte und von uns verdatterte Ziegenherde, die zum Teil braunen Tiere hatte ich aus der Ferne für Rehe gehalten.

Wir erreichen nun Berndorf, wo oberhalb der neuen Kirche eine alte Wehrkirche aus dem 16. Jahrhundert steht. Man kann einen Blick in den relativ einfach gestalteten Innenraum hineinwerfen.

Die letzten Kilometer an Wiesen vorbei ziehen sich wie so oft, aber wir kommen heil in Hillesheim in unserer Unterkunft Zum Amtsrichter an, wo uns ein gutgelaunter holländischer Gastgeber begrüßt und wir bald unsere Zelle beziehen können.

Stopp! Zurück marsch marsch!
Wacholder- und Eifelblick
Wie weit ist das Ziel?
Eine etwas unruhige Nacht. Ich wache um drei auf und um halb vier höre ich in der Ferne den ersten Hahnenschrei, penne aber irgendwann wieder ein bis 5h15 und tippe den Tagebucheintrag des Vortags ins Handy.
Wir gehen nach dem Frühstück direkt zur Ahrquelle, die sich mitten im Ort in einem Fachwerkhaus befindet. Am Morgen gegen neun sind wir die einzigen hier. Über uns thront die Burg, in der heute die Jugendherberge untergebracht ist.



Wir erfahren an der Touristeninfo, dass der nächste Supermarkt über 2 km entfernt ist und zwar in der falschen Richtung! Wir müssen aber etwas zu essen kaufen, weil wir abends in einer Ferienwohnung in Mirbach übernachten werden, wo es keinen Laden und auch sonst nichts gibt. Bei herunterbrennender Sonne schleppen wir uns an der Ausfallstraße den Berg hoch bis zum Gewerbegebiet. Wir waren gestern ganz in der Nähe angekommen, wussten jedoch nicht, dass nur hier Supermärkte sind. Zur Infrastruktur gibt es immer nur veraltete und unvollständige Infos in den Führern, man könnte ja auch mal die Wohlfühlbänke in die Karten aufnehmen etc. Ich glaube, ich muss irgendwann mal den definitiven Eifelsteigführer – ähnlich wie Miam Miam Dodo für den Camino – schreiben, wenn ich genug Zeit habe. Wobei, das wäre wahrscheinlich ein tolles Community-Projekt à la Wikipedia, weil die Infos dann immer aktuell wären.
Auf dem Rückweg nehmen wir uns Zeit für die Brunnenstube „Alte Quelle“, die die Burg über den Tiergartentunnel durch den Berg mit Wasser versorgte.

Beim Verlasssn des Ortes ergattern wir vom Hotel Schlossblick noch eine Aussicht auf Burg und Schloss zusammen.

Die heutige Etappe ist mit knapp 18 km eigentlich eher etwas für Genießer, aber der Umweg führt dazu, dass wir von Anfang an geschlaucht sind. Bei den hohen Temperaturen um die 25 Grad und den vielen offenen Passagen auf Graswegen etc. ist unser Flüssigkeitsbedarf enorm. Der Liter Ayran, den wir hinterm Supermarkt getrunken haben, ist schnell wieder ausgeschwitzt. Eine der kleinen, aber glücksbringenden Freuden auf dem Weg ist das Aufkommen des Windes insbes. kurz vor Bergkuppen, so dass das nassgeschwitzte Hemd trocknet und den Körper kühlt. Wir haben unsere eigene Klimaanlage immer dabei.
Plötzlich auf dem Weg ein kleines Vogelnest, das aus einem Baum gefallen ist. Hoffentlich konnten die Bewohner rechtzeitig das Weite suchen.

Wir nähern uns nun Ripsdorf, das etwa auf halber Strecke liegt. Man sieht, dass die Brücken hier alle rundumerneuert worden sind nach der Flutkatastrophe vor drei Jahren. Es gibt also auch Projekte in Deutschland, die klappen.

In Ripsdorf möchten wir eigentlich etwas essen. Hier findet gerade eine Hochzeit statt, so dass unsere Essbestellung vergessen wird, was aber nicht schlimm ist, weil wir bei der Hitze eigentlich gar keinen Hunger haben. Das alkoholfreie Weißbier, das köstliche kühl perlende Mineralwasser und der Salatteller vom Buffet sind völlig ausreichend.
Am Nebentisch sitzen Einheimische, die Eifeldialekt sprechen. Er scheint mir sehr dem Letzeburgischen zu ähneln, ich verstehe nur Brocken. Diese Gruppe werden wir später hinter Alendorf auf einem vom Trecker gezogenen Hänger wiedersehen.
Es gibt hier übrigens einen Hofladen, der auch nicht im Führer steht und von dem der junge Mann in der Touristinfo auch nichts wusste. Da hätten wir auch die Ingredienzen für unser Abendessen kaufen können.
Alendorf, das eine Stunde weiter auf unserem Weg liegt, wird vom Eifelsteig nur berührt. Hier gibt es laut Führer die drittgrößte Wacholderfläche Deutschlands, ich vermute mal, die Größte ist in der Lüneburger Heide im Totengrund nahe des Wilseder Berges, wo wir ja letztes Jahr auf dem Heidschnuckenweg waren. Der Grund, wieso es hier so viel Wacholder gibt, ist einfach. Früher gab es hier viele Schafe, die die Wiesen komplett abgeweidet haben. Nur die dornigen Wacholderbüsche ließen sie stehen, daher werden ja auch Ziegen in der Lüneburger Heide gehalten, deren pelzige Zungen auch vor Wacholderstacheln nicht zurückschrecken.

Der Steig folgt hier dem Kreuzweg auf einem Wiesenweg den Kalvarienberg hinauf. Oben eine Wohlfühlbank – leider in der Sonne – mit einem phantastischen Blick nach Osten bis zur Hohen Acht (27 km) und der Nürburg weiter rechts.

Von hier ist es noch ein gutes Stündchen zu unserem Etappenziel Mirbach. Das übrigens auf so gut wie keinem Wegweiser steht. Der Grund liegt auf der Hand. Deutsche Kleinstaaterei. Mirbach liegt in Rheinland-Pfalz, bis jetzt verlief der Eifelsteig in NRW. Ich habe jetzt das Gefühl, dass wir eine Klimagrenze überschritten haben. Plötzlich gibt es Kiefern, die Landschaft scheint mediterraner, wir kommen nun langsam in die Südeifel.
Gegen sechs erreichen wir völlig erschöpft unsere komfortable Ferienwohnung in Mirbach. Hier kochen wir uns Nudeln mit Tomatensauce und Parmesan, essen Cherrytomaten und Kaminwurzen dazu und genehmigen uns dazu zwei Gläschen Rosé auf unserem Balkon. Den Verkehr auf der nahegelegenen Landesstraße blenden wir aus. Ein weiterer rundum gelungener Wandertag klingt bei einer Kanne Waldfrüchtetee aus.
Die Ferse rollt ab
Die Zehen stoßen sich ab
Die Sohle setzt auf
Eine weitere erholsame Nacht. Zum Frühstück u. a. eingemachte Kirschen und Pflaumen mit Joghurt und Quark sowie Honig von dem Klosterbienenvolk. Es fällt auf, dass das Frühstück im Vergleich zur Abendvesper deutlich entzerrt ist. Um halb acht morgens sind erst eine Handvoll Gäste da, während wir abends um halb sieben Schlange stehen mussten und natürlich auch ein ganz anderer Geräuschpegel herrschte.


Mein Mikrobiom hat nach dreitägigem Streik seine Arbeit wieder aufgenommen. Ein phantastischer Start in den Tag.
Das Wetter sommerlich trocken mit an die 25 Grad, sehr angenehm zum Wandern. Wir steigen gegen 9 auf teilweise immer noch leicht matschigen Wegen hinauf zum Königsberg, von wo wir eine sehr schöne Aussicht zurück auf den Klosterkomplex haben.

Der heutige Wandertag ist trotz der rund 24 km ziemlich entspannt, es gibt keine nennenswerten Anstiege – trotzdem 500 m Höhenunterschied insgesamt – und wir bewegen uns viel durch von Blumen und Gräsern übersäte Wiesen. Man sieht z. B. Malve, Flockenblume, Schafgarbe und Johanniskraut. Bald schon kommen wir an einer Liegebank vorbei, die wir nicht links liegen lassen können.

Wir erreichen das Eichtertal, wo die römische Via Agrippa nach Köln verlief. Man kann noch Fahrspuren im Fels entdecken. Etwas später kommen wir zur Brunnenstube Grüner Pütz. Von hier hatten die Römer eine Wasserleitung nach Köln gebaut, die bei nur 300 m Höhendifferenz ca. 95 km lang war. Ein architektonisches Meisterwerk, das als Äquadukt über Täler verlief und sogar die Wasserscheide zwischen Maas und Rhein überwand. Sie war mit Erdreich bedeckt, so dass sie im Winter nicht zufror.

Unser Weg ist heute zu einem Teil ein schmaler Wiesenpfad, ich muss sagen, dass ich von der Naturnähe und dem Abwechslungsreichtum des Eifelsteigs zunehmend begeistert bin. Der einzige Weg mit so wenig Asphalt und so viel Natur, den wir bisher gegangen sind, ist der wunderschöne, gewundene Stevensonweg in den Cevennen, den der Schriftsteller mit einer Eselin ging. Lustigerweise sind wir damals – ich glaube es war Juli 2011 – dort auf mehreren Etappen sehr nass geworden, obwohl es in Südfrankreich im Sommer normalerweise nur wenig regnet.

Wir kommen nun nach Ettersheim, wo wir uns beim Bäcker mit Salamibrötchen und Eiskaffee stärken. Die tätowierte, nicht mehr ganz so junge, sympathische Bäckersfrau ist sehr handfest und direkt.
Im Ort gehen wir kurz in das Naturzentrum Eifel, dessen Mitarbeiter gerade in einem Nebenraum zu Mittag essen. Wir sehen dort einen Eifelsteigführer von Freytag & Berndt, der mir übersichtlicher und interessanter geschrieben erscheint als unser Rotherführer, aber wir können natürlich unmöglich zwei Führer mit uns rumschleppen. Unterwegs, als es dann zu spät ist, kommt mir die simple Lösung. Wir könnten den alten Führer ja in einem Bücherschrank lassen…
Auch hier wieder ein Kalkbrennofen, man konnte den fertig gebrannten Kalk unten rauskratzen.

Es fällt mir in den Wiesen vor allem ein kleiner rot gepunkteter Schmetterling auf. Es scheint ein Rotwidderchen zu sein, wieder was gelernt.

Wir nähern uns nun unserem Etappenziel Blankenheim. Es geht noch eine Weile im Zickzack auf schnurgeraden befestigten Wegen durch den Wald bevor wir die vielbefahrene B258 überqueren. Nun verpassen wir im Wald eine Abzweigung und landen auf einem von einem schweren Fahrzeug tief zerfurchten Weg, der plötzlich verschwindet. Wir schlagen uns 100 m durch das Walddickicht und treffen auf dem Weg auf vier junge Wanderer – zwei Pärchen – die wir schon gestern vorm Kloster getroffen hatten und die heute erst um halb elf los sind und uns eingeholt haben. Sie übernachten in der Burg, heute eine Jugendherberge. Wir verzetteln uns noch etwas auf dem Weg zu unserem Hotel unweit eines größeren Teiches – das GPS meines Handies will nicht mehr so richtig – und kommen kurz nach fünf dort an.
Auf der großzügigen Terrasse finden wir ein schattiges Plätzchen in der Mitte, essen sehr schmackhafte Pfifferlinge, um uns herum eine Gruppe von Motorradfahrern. Es schallt hier bis 22 Uhr die Country- und Schlager- sowie Karnevalsmusik (im Hochsommer, die spinnen in der Eifel) einer Liveband hoch. Landrat und Bürgermeisterin sind auch da, es wird u. a. ein älteres Semester aus dem Karnevalsverein geehrt. Es ist eine Wohltat, als der Zinnober vorüber ist und wir in den Schlummer sinken können.
Beine federleicht
Füße gehen von allein
Auf dem Weg zuhaus
In der Jugendherberge morgens beim Frühstück um halb acht anfangs fast nur Familien mit kleinen Kindern. Der eine ca. zweijährige Junge, der gerade laufen kann, läuft dauernd hin und her und zeigt auf alles Mögliche, am Ende auch auf den Platz, wo die Familie sitzt. Das Essen ist ok, jedoch leider ohne Ei.
Wir lassen den Tag heute eher ruhig angehen, die Etappe ist mit knapp 19 km übersichtlich und wir haben Zeit. Allerdings zieht sie sich am Ende doch und ich stelle mir so langsam die Frage, ob mein einbandagiertes linkes Knie durchhalten wird. Der Meniskus zwickt insbesondere nachts und der zum Teil doch recht anspruchsvolle Weg verlangt ihm einiges ab. Gut, dass ich es zumindest geschafft habe, den zweiten Wanderstock auszuziehen, die Abstiege sind damit erträglicher.

In der Touristinfo, die schon um 9 auf hat, gibt es wenig bis keine Auskunft zu Einkehrmöglichkeiten, es gibt schlicht keine wie sich später herausstellt, der Kiosk in Golbach ist nur am Wochenende geöffnet.
Gemünd war offensichtlich stark betroffen von der Flut vor drei Jahren. Wenn man sich die ruhig dahinfließende Urft ansieht, kann man es kaum glauben. Gemünd liegt an der Mündung der Olef in die Urft.

Hinter dem Ort geht es gleich auf einem sanft ansteigenden Pfad in den Wald. Mitten im Wald dann ein Mülleimer, keine schlechte Idee, allerdings wäre er m. E. sinnvoller neben einer Bank, wo es ja in den meisten Fällen keinen gibt.

Wir steigen hinauf zur Kuckucksley, von der man einen schönen Blick auf den Ort Olef im bewaldeten Tal hat. Ich lese etwas vor zu Norbert Scheuer, dem lokalen Schriftsteller aus Kall, dem wir uns bis auf 2 km nähern. Die Frau von der Info hatte gesagt, es gäbe dort nichts zu sehen. Es gibt wohl einen Bahnhof, wie wir später erfahren. Die Eskapade, die an der Straße lang gegangen wäre, sparen wir uns.

Der Eifelsteig trägt seinen Namen zu Recht; der Weg ist oft schmal, steil und steinig bzw. felsig.

in Olef machen wir Mittagsrast. Ich setze mich auf den verrückten Stuhl, bei dem es sich um eine optische Täuschung handelt. Aus dem Blickwinkel werden zwei voneinander versetzte Elemente kombiniert. Im Ortskern nichts los außer den herumkurvenden Lieferwagen von DHL, Hermes etc. Traurige neue Welt.

Es geht bald wieder aufwärts und wir kommen in den Wald. Hier wurde früher Erzbergbau in den sogenannten Pingen (Gruben) betrieben. Die Schächte hatten keinen rechteckigen sondern einen runden Querschnitt. Das war ein Nebenerwerb, da die Landwirtschaft auf den kargen Eifelböden nicht viel abwarf.

Mitten im Wald eine geschwungene Wohlfühlbank, der wir uns nicht entziehen können. Besser relaxen kann man die geschundenen Beine und Füße nicht. Wir machen die Bank frei für zwei ältere Wanderer, die uns entgegen kommen. Sie gehen den Eifelsteig in mehreren Tranchen von Trier nach Aachen. Sie haben im Kloster Steinfeld übernachtet. Der eine ist weitgewandert und schwärmt uns u. a. vom Malerweg im Elbsandsteingebirge vor. Wir verquatschen uns etwas, bevor sie auf der Bank entspannen können.
In Golbach ist der Kiosk wie gesagt geschlossen. Auch hier immer wieder schöne Fachwerkhäuser. Generell sind die meisten Häuser am Wegrand gut in Schuss.

Wir sind nun nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt. Auf dem Weg ein totes Wiesel. Wie es wohl umgekommen ist? Vom Fuchs geschlagen? Von einem Raubvogel gerissen? Herzinfarkt? Stoff für einen Eifelkrimi.

Eine Rundbank im Schatten lächelt uns in Steinfelderheistert zu. Wer könnte da widerstehen?

Es geht jetzt noch in ein Bachtal und anschließend auf einem matschigen Pfad durch ein Wäldchen und wir erreichen die Mauer vom Kloster Steinfeld.

Dort herrscht reges Treiben im Café. Catherine kauft im Klostershop Paul Auster’s Vermächtnis Baumgartner, nachdem der Eifelkrimi fast ausgelesen ist. Endlich mal ein Buch, das wir beide lesen können (ich meine den Auster). Wir bewegen uns in Richtung Gästehaus mit sage und schreibe 130 Zimmern, von denen wir eins ergattert haben.
Ab 18h ist Vesperzeit im Refektorium am Kreuzgang. An dem Buffet gibt es diverse vegane Salate – viel mit Kichererbsen – sowie eine Frikadelle mit Kartoffeln. Insbesondere das Klosterbier schmeckt ganz hervorragend. Die anderen Gäste sind meist Seminar- bzw. Schulungsteilnehmer. Es wird hier auch viel meditiert. Uns bekannte Eifelsteigwanderer sehen wir nicht.
Ich falle wieder um halb 10 ins Bett. Die einschläfernde Wirkung der zwei Biere ist phänomenal.
Suppe am Staudamm
Kreuz hebt Arme zum Himmel
Nazikaderburg
Endlich mal eine erholsame Nacht mit gut sechs Stunden Schlaf, der Körper holt sich, was er braucht. Das Frühstück wird uns serviert, es ist alles dabei, was das Herz begehrt, allerdings sind die Brötchen abgezählt, was uns nicht stört. Ob das der Dutch way of life ist?
Draußen schönster Sonnenschein, die Luft frisch, gereinigt vom Regen am Abend und über Nacht. Die Etappe geht gut los, auch die Beine haben sich – oh tägliches Fernwanderwunder – vollständig regeneriert, der Körper ist geradezu scharf auf mehr Kilometer.

Wir steigen auf einem schmalen, befestigten, steilen Weg aus dem Ort heraus. Nach wenigen Metern lädt uns schon ein Schild zum Verweilen ein. Eine Privatinitiative hat in 500 stündiger Arbeit einen Rastplatz für Wanderer mit Mauer, Bullauge, Spiegel, Sitzen, Tisch, Geländer, Kreuz, Bank etc. geschaffen. Eine der kleinen Freuden am Wegesrand, ich bin sehr gerührt. Man sollte den Glauben an die Menschheit nicht zu früh verlieren.

Es geht so ähnlich weiter, wir bekommen als Lohn der Aufstiegsmühen eine schöne Sicht auf den tiefblauen Obersee geschenkt und stoßen auf eine geschwungene Wohlfühlbank, auf der man auch mit Rucksack herrlich chillen kann und über die Wiese runter zum Uferweg sehen kann, wo schon so einige Leute zu Fuß unterwegs sind.

Gegen elf kommen wir an der Staumauer der Urfttalsperre an. Erst geht es noch einen steinigen, engen Weg steil hinauf, dann stehen wir auf dem zu seiner Entstehungszeit Anfang des 20. Jahrhunderts größten Bauwerk Europas (wie das wohl gemessen wird?). Hier wird das kleine Flüsschen Urft – wohl eher ein Bach – aufgestaut. Die Energie wird bei Stromspitzen angezapft, der Obersee unten auch für die Trinkwasserversorgung genutzt. Hier liegt auf der anderen Seite des Staudamms ein Ausflugslokal, das gerade geöffnet hat und wo wir uns eine Schale reichhaltige Linsensuppe mit Bockwurst leisten. So viele geöffnete Einkehrmöglichkeiten gibt es laut Führer und Internetrecherche nicht auf dem Weg, wobei wir später noch überrascht werden.

Es geht nun über die Ginsterheide nach Wollseifen, einem nach dem 2. Weltkrieg von britischen Streitkräften geräumten und zerstörten Ort, von dem außer der Kirche und den Fassadenhäusern, die zur Übung des Häuserkampfes auf dem späteren Truppenübungsplatz (s. u.) genutzt wurden, so gut wie nichts mehr steht. Die Wollseifener wurden umgesiedelt und bekamen den Flüchtlingsstatus.




Wir kriegen nun nach dem Abstieg in ein Bachtal und dem anschließenden Aufstieg zur Nazi-Ordensburg Vogelsang die ersten Tropfen ab, ich stelle mich kurz in einem Türrahmen unter. Es handelt sich um eine gigantische, typische Nazianlage, die auf einem Hügel liegt und von weit sichtbar ist. Nach den Parteitagsbauten in Nürnberg gilt sie mit 50.000 qm Bruttogeschossfläche als das zweitgrößte erhaltene Beispiel der Naziarchitektur. Sie wird heute zu Bildungszwecken genutzt, es gibt Führungen, ein Besucherzentrum mit einer Dauerausstellung „Bestimmung: Herrenmensch“ sowie einer weiteren zum Nationalpark Eifel, in dem wir uns befinden, Gästehäuser, einen Sportplatz, ein Café, wo wir Capuccino und Käsekuchen genießen etc. Kurz nach der Machtergreifung am 30.1.1933 hatte Hitler das „Problem“, dass es einen sehr großen Mitgliederzustrom in die Partei gab. Er ging davon aus, dass die meisten dieser Neuankömmlinge unzuverlässige Opportunisten waren. Hier in Vogelsang wurden die Nazifunktionäre geschult, die sich der Aufgabe widmeten, die nötige „Überzeugungsarbeit“ zu leisten, um zu verhindern, dass die Naziideologie verwässert wurde durch die Nachzügler.
In der Zeit des Kalten Krieges war Vogelsang eine belgische Kaserne. Für diesen Westabschnitt des NATO-Gebiets BRD war Belgien zuständig. Große Teile unserer heutigen Etappe durchqueren den ehemaligen Truppenübungsplatz, der heute zum Nationalpark umgewidmet ist.

Der Eifelsteig verläuft zum Teil um Vogelsang herum, wir kommen noch an einem Tor und zwei langgezogenen Gebäuden mit großen Reiterreliefs vorbei. Jetzt beginnt es zu schütten und wir finden eine hölzerne Mülleimergarage, wo wir uns dem Nasswerden entziehen können. Glück gehabt!

Ein weiterer Abstieg führt uns über Holzplanken, die das Ausrutschen verhindern, hinab. Bald kommen wir zu einem Aussichtspunkt, von dem wir in der Ferne unser Ziel sehen können.

Am Modenhübel haben wir einen Eifelrundumblick, direkt vor uns Morsbach, das wir nur touchieren. Wir sind hier auf der Hochfläche ganz alleine, einige Vögel, u. a. ein Greifvogel, wahrscheinlich ein roter Milan, fliegen in weiter Entfernung auf. Wir kommen raus an einer Reitsportanlage mit Hindernissen und erhaschen einen Blick auf das rege Treiben der Bienen.

Unsere Unterkunft, die Jugendherberge, liegt am Ortseingang und bietet uns ein komfortables Zimmer mit getrenntem Bad und Klo. Abends nach dem nächsten Regenguss gehen wir an dem gut ausgelasteten Wohnmobilhafen vorbei in den Ort und essen Salat mit Ayran beim Türken.
Draußen hinter der Jugendherberge spielen die kleinen Kinder lautstark ohne Aufsicht bis zum Einbruch der Dunkelheit nach 22 Uhr. The times they have a changed...
Knistern im Gebüsch
Zaubertrank wird aufgekocht
Genug für alle
[Jon Hassell – Passage D. E.]
Gelbes Oval: Maar
Grüner Hintergrund: Bäume
Gelber Schlenker: Weg

Rückblick auf Monschau
Gewonnen und zerronnen
Gewandert werden
Ein Wandertag, der alles von uns abfordert: Die Etappe ist zwar angeblich nur 24,4 km lang – Catherine misst gut 27 km mit der Schrittzählerapp – aber es geht dauernd Auf und Ab – 785 Höhenmeter sind zu bewältigen, es wird heute bis 25 Grad warm und zuletzt haben sich meine Darmbakterien gegen mich verschworen, wahrscheinlich lag es am Saladdressing gestern (oder am Senfschnitzel bzw. den Kölschs).
Da das Frühstück mit 8 Uhr erst spät losgeht und wir uns zu viert Zeit lassen, sind wir nach der Verabschiedung von meinen Eltern, die zurück nach Moers fahren, erst um 9h15 auf der Rolle. Ein junges Wanderpaar überholt uns bereits beim ersten, steilen Aufstieg raus aus Monschau, der mit einem schönen Blick zurück auf die Stadt belohnt wird.

Es geht jetzt allerdings sofort wieder runter, höhenmäßig werden wir heute sogar 140 Meter verlieren, weil es ja in Fließrichtung der Rur geht bis zum Stausee. Und gleich wieder hoch, heute wird unsere Fitness auf Herz und Nieren getestet. Am Wegesrand ein Rinnsal, das die Natursteinmauer hinunterrieselt.

Es geht am Perlenbach lang bis zur Trinkwassertalsperre. Fünf zum Teil junge Männer decken das Dach eines großen Hauses ab und werfen sich die Dachschindeln gegenseitig zu, der eine ruft im weichen Eifelakzent rüber zu uns: „Wollter helfen?“, worauf ich auf später vertröste.
Die meisten Ausblicke, die wir jetzt noch erhaschen, sind Blicke auf das Blätter- bzw. Nadeldach von oben, den Bach unten kann man nur erahnen. Es ist auffallend, dass es hier im Vergleich zum Harz deutlich weniger tote Fichten gibt. Die Eifel scheint die Dürre der letzten Jahre besser weggesteckt zu haben, auch Sturmschäden sehen wir nicht.

Wir kommen nun nach Höfen, dass sich zum einen durch die gepflegten Buchenhecken auszeichnet, wo „Durchwachser“ alle paar Jahre entfernt und als Brennholz genutzt werden. Sodann gibt es hier viele hellbraune Milchkühe, die sich dem Abweiden der Wiesen widmen und auch vor Dornen nicht zurückschrecken.

Wir machen auf einer Bank in der Sonne im Kluckbachtal Mittagsrast. Es kommt eine vierköpfige holländischsprachige Familie vorbei. Auch auffällig, dass man auf dem Eifelsteig nie lange allein ist, der Weg ist viel begangen.
An der Mündung des Kluckbachs in die Rur ist ein schöner, idyllischer gut genutzter Badeplatz. Wir hätten bestimmt auch an der Rur entlangwandern können, dann wären wir viel schneller gewesen, hätten aber weniger für unseren Körper getan.

Jetzt geht es sofort steil hinauf zum Eifelblick Perdsley, gut, dass es hier ein Holzgeländer gibt, an dem man sich hochziehen kann. Der Blick zeigt wiederum das Walddach und ist enttäuschend. Dafür geht es bald wieder hinunter zur Rur, wo uns ein Schild „3 km Monschau“ verblüfft, wir sind seit über 5 Stunden unterwegs.
Wir überqueren die Rur auf einer Brücke und gehen auf der anderen Seite gleich wieder bergauf, dieses Mal allerdings stetig und lang andauernd. Hier kommen mir Zweifel, ob wir es bis zur Eincheckdeadline 18h in die Unterkunft schaffen werden, der holländische Gastgeber kann mich am Telefon jedoch beruhigen. Wir kürzen nun ein paar Meter ab, indem wir einen im Streichen verlaufenden Wald- und Wiesenweg nehmen statt noch einmal hoch- und runterzusteigen. Wir stoßen kurz vor Hammer wieder auf den Eifelsteig und gehen hinunter zum Campingplatz und bekommen in der Nähe eine große Rhabarberschorle mit Wassermelone und Johannisbeeren drin, die unsere Lebensgeister weckt. Der Gastwirt muntert uns auf und meint, dass wir den Rest auch noch schaffen würden, es ginge kaum noch bergauf. Er wird Recht behalten, auch wenn die letzten 8 km wiederum nicht ganz direkt sind, so kratzen wir unsere letzten Körner zusammen und schaffen die Strecke in etwas über 2 Stunden. Wir geben uns jetzt beide dem Wanderrobotersein hin, nur so geht es noch vorwärts. Schöne Blicke aufs Rurtal und die Orte belohnen unsere Anstrengung.


In Einrur ist unsere Pension eines der ersten Gebäude und unser Gastgeber beglückwunscht uns, dass wir es fast noch bis um 18h geschafft haben. Es stehen bereits zweimal zwei Paar Wanderschuhe auf den Schuhmatten vor zwei anderen Zimmern. Dazu gesellen sich dann Unsere und etwas später zwei weitere Paare der Nachbarn direkt nebenan.
Wir gehen am Stausee auf der anderen Straßenseite essen. Die Sonnenschirme werden jetzt zweckentfremdet als Regenschirme, es gießt in Strömen. Anschließend falle ich um halb zehn ins Bett.
Im Belgischen Venn
Auf Holzstegen übers Moor
Familienzeit
Der Tag beginnt mit Glückwunschen, die auf meinem Handy eintrudeln. 61 Jahre und es fühlt sich nicht so an. Kurz nach Verlasssen des Hotels sind wir auf belgischem Gebiet. Hier im Hohen Venn gibt es weder Mobilfunk- noch Internetempfang. Das passt hervorragend zu dem generellen Gefühl auf dem Eifelsteig und eigentlich jedem Fernwanderweg, dass man dort völlig aus der Zeit gefallen ist und auf sich selbst zurückgeworfen.

Auch heute wieder ideales Wanderwetter, mit knapp 20 Grad etwas wärmer als gestern, viel Sonne und trocken, es zahlt sich aus, ein Sonntagskind zu sein.
Auf der heutigen Etappe treffen wir viele Radfahrer, die meist in der entsprechenden Kluft die zum Teil asphaltierten Wege hinunterpesen bzw. sich raufschrauben. Manche auch mit elektrischer Unterstützung. Wir treffen mehrmals ein etwas jüngeres Wanderpaar, es stellt sich heraus, dass sie aus Brüssel kommen und Französisch sprechen. Sie machen 6 Etappen auf dem Eifelsteig, wir werden sie also sicher wiedersehen.

Außerdem sind auch Joggergruppen unterwegs, Waldeinsamkeit gibt es heute für uns nicht.
Wir kommen an den Standorten der Reinartzhöfe vorbei, die 1950 der Wesertalsperre Eupen weichen mussten, die als Trinkwasserquelle genutzt wird. Sie hätten das Wasser zu sehr verschmutzt.
Am Wegesrand grüßen uns wilde Vergissmeinnicht und viele Margheriten. Wir sehen einen braunen Schmetterling auf einer Schutzhütte, ein kleiner Eisvogel?

Auf einem längeren schnurgeraden asphaltierten Stück scheren wir nach links aus auf eine naturnähere Variante wie im Führer empfohlen. Für anderthalb Kilometer geht es über eine Schneise mit mittelhohen, wilden Gräsern.

Dann biegen wir nach rechts ab auf einen schmalen Holzsteg, der uns etwa genau so weit über das Moor des Hohen Venns führt. Es regnet hier viel, der Boden lässt relativ wenig Wasser durch, die Verdunstung ist wegen des kühlen Klimas gering und es gibt wenig Abflüsse. Links und rechts des Stegs sind viele Heidelbeersträucher, die Beeren sind jedoch noch recht säuerlich.

Schließlich kommen wir nach einer erneuten Wende nach rechts über eine Piste wieder auf den Eifelsteig, dem wir nach links folgen.
Der Weg steigt langsam an zum Steling (658 m), dem Dach des heutigen Wandertages. Das nächste Highlight ist ein bestimmt drei Meter langer Quarzitfelsen, zu dem es eine Geschichte gibt. Karl der Große soll hier mit seinem Gefolge auf Jagd gewesen sein und den Weg zum Königshof nicht mehr gefunden haben. Darauf campten sie im Wald und der hünenhafte Karl legte sich auf dem Felsen zur Schlafruhe. Es wurde kühler und sein Diener fragte ihn, ob er ihm eine Mütze reichen solle. Karl sagte auf Platt „Mütze nich!“, woraus der Name des unweiten Ortes entstanden sein soll.

Wenn es um das Gepäck und insbesondere den Proviant auf so einer Wanderung angeht, bin ich ein Freund des Minimierens. Man sollte versuchen, sein inneres Eichhörnchen zu überwinden und das, was man an Nahrung transportiert, am besten am gleichen Tag verbrauchen. Heute gelingt es – wie schon gestern – mit dem Wasser. Die 3 Liter, die ich für uns beide trage, sind in Mützenich rund eine Stunde vor dem Ziel ausgetrunken. Welche diebische Freude, den Rucksack nach der letzten Trinkpause zu schultern, der dann leicht wie eine Feder ist.
Auf einem angenehmen, nicht zu stark abfallenden Weg gehen wir auf Kiefernadeln hinunter nach Monschau, „der Perle der Eifel“, was sich anscheinend rumgesprochen hat. Der kleine Fachwerkort im schluchtartigen Rurtal platzt aus allen Nähten vor Touristen, die hier den sonnigen Sommersonntag genießen wollen.
Hier treffen wir meine Eltern und feiern den Tag draußen auf der Terrasse bei Eiskaffee bzw. Kaffe und Kuchen sowie später in einem urigen, gut besuchten Kneipenrestaurant.

In Aachen hatte es Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten gegeben, die zur Ausweisung der Protestanten geführt hatten. In Monschau, damals noch Montjoie, gab es bereits im 17. Jahrhundert aufgrund der dort herrschenden Religionsfreiheit eine evangelische Gemeinde mit aufgrund der ab 1750 florierenden Tuchherstellung wohlhabenden Mitgliedern, die die Finanzierung der Stadtkirche ermöglichten. Auffällig ist hier die Platzierung der Kanzel, wo das Wort Gottes aus der Bibel verkündet wird, direkt hinter dem Altar mit der Bibel im Zentrum.



Gang durch Geschichte
Ohne Brücke übern Bach
Magere Pferde
Die Nacht in unserem Hotel am Lousberg schlafe ich gut durch, der Retsina beim Griechen um die Ecke am Vorabend hat seine einschläfernde Wirkung nicht verfehlt. Das Frühstück fürstlich mit frisch gepresstem Orangensaft, Rührei und Joghurt mit frischem Obst.
Bei idealem Wanderwetter unter 20 Grad gehen wir hoch auf die wallähnliche Parkanlage oberhalb der Saarstraße nach Westen. Da wo die äußere Stadtmauer war, steht eines von zwei erhaltenen mittelalterlichen Toren, das eindrucksvolle Ponttor, eines der wenigen noch existierenden Doppeltore.

Nun wenden wir uns hinunter nach Süden, kommen an den Gebäuden der Hochschule – insbesondere dem Institut für Bergbau – vorbei und landen am Rathaus, vor dem ein riesiger Sandkasten aufgebaut ist, in dem die Kinder spielen, während ihre Eltern in Liegestühlen auf ihren Smartphones rumwischen. Im Krönungssaal mit dem Kreuzrippengewölbe fanden bis 1531 die Festessen anlässlich der Königskrönungen statt. Wir haben leider keine Zeit, ihn uns anzusehen.

Ähnlich ergeht es uns mit dem Dom, vor dem ein Markt stattfindet. Es ist gerade eine Messe angesagt, die meist älteren Besucher werden vom Küster persönlich begrüßt. Wir besorgen uns in der Nähe eine Kräuterprintenplatte, für die wir später eine gute Verwendung finden, als uns die Kräfte vorübergehend verlassen.

Das Törchen zum „Domgarten“ ist nicht verschlossen, im Schatten der Bäume steht eine Skulptur eines etwas gequält dreinblickenden Karls des Großen mit einem güldenen Mantel.

Vom Dom gehen wir weiter zum Elisenbrunnen, wo in der Wandelhalle ein dünner Wasserstrahl aus der Wand tropft. Weiter geht es zum Theaterplatz mit dem Pferdedenkmal. Wir gehen nun in die Theaterstraße, die später zur Oppenhoffallee wird, in der ich die ersten 5 Jahre meines Lebens zugebracht habe. Alle Erinnerungen daran stammen von Fotos, die ich später gesehen habe.


Wir biegen jetzt ein in die Viktoriaallee, wo es noch alte neoklassizistische Gebäudezüge gibt.

Wir gehen weiter durch Beverau und kommen bald auf einen schmalen Wiesenpfad und anschließend in den Wald. Wir passieren heute diverse Pferdehöfe, uns fällt auf, dass man fast durchweg die Knochen der weidenden Tiere sieht. Weiter geht es – wir bekommen den Tipp von einem entgegenkommenden Wanderer, der auf der matschigen Eifelsteigpassage vor uns fast hingefallen ist – auf einem viel von Skatern genutzten Radweg an einer stillgelegten Bahnlinie.
Nach rund 10 Km kommen wir in Kornelimünster an, wo wir die Mittagspause mit einem belegten Brötchen einlegen. In der Reichsabtei ist eine kostenlose Kunstausstellung, die sich insbes. Fehlstellen widmet, es werden die Rückseiten der Bilder gezeigt, unbekannte Künstler verbergen sich hinter Vorhängen, die man aufziehen kann. Ein Bild des Expressionisten Campendonk erinnert mich sehr stark an Chagall.

Hier in Kornelimünster ist der offizielle Startpunkt des 313 km langen Eifelsteigs. Wir folgen der Inde und schon kurz hinter dem Ort ist der Weg unterbrochen. Eine Brücke – es wird nicht die Einzige auf dem Weg bleiben – ist vom Hochwasser vor drei Jahren weggeschwemmt worden. Es gibt keinerlei Indikation, wo es weitergehen soll, ein junger Mann deutet in Richtung der Wiese, hinter der wir den Weg dann wiederfinden.

Der Weg ist ansonsten meist angenehm zu gehen, der Asphaltanteil ist überschaubar. Bei Walheim wurde bis Mitte der Sechziger Kalk für Zement gebrannt. Als Brennstoff wurde Kohle genutzt, der Kalk kühlte beim Hinunterfallen ab und konnte dann unten im Zugloch handwarm entnommen werden.

Der Weg zieht sich am ersten Tag etwas in die Länge. Die relativ häufigen Schutzplätze sind hochwillkommen.

Wir überqueren den Vichtbach und wählen eine Abkürzung am Bach entlang, anstatt den Berg hochzulaufen. Es geht an einem Zeltlager mehrerer Familien mit Kindern vorbei, die gerade an einem Lagerfeuer ihr Essen vorbereiten. Die Piste hört irgendwann auf, wir schlagen uns etwas durch den Matsch, finden dann aber eine Sandbank im Bach, auf und von der wir ans andere Ufer springen können, wo unweit ein Weg verläuft. Es geht an einer Wasseraufbereitungsanlage vorbei und noch etwas durch den Wald.
Wir kommen nun ins Grenzgebiet, auf der anderen Seite des Weges ist Belgien. Unser Hotelier in Roetgen ist eher kurz angebunden und unwirsch. Wir essen auf der belgischen Seite Fritten mit einem Erbsenburger und einem leckeren, feuchten Schokoküchlein als Dessert. Den Rest des Abends chillen wir im Bett und lesen.

Die Atemzüge
nach dem Klingeln des Weckers
Pure Entspannung
Anderthalb Stunden
zum Mittelmeer. Fünf Stunden
Berlin nach Eschborn
Nicht lang ist es her
Wir saßen zuhause rum
Aufs Ende wartend
[King Krule – It’s All Soup Now]
Hoppla, hier komm ich
Ihr könnt sagen, was ihr wollt
Ich weiß, was ich will
[Bob Dylan – I Want You]
Ein Duft, der betört
Der Lavendel macht sich breit
Die Hummeln freut es

Das Leben danach
in den Griff kriegen wollen
Ein Tag im Baumarkt
[Denis Pfabe – Die Möglichkeit einer Ordnung (Bachmannwettlesen]
Auf der Pergola
nach Öffnen der Klappläden:
Rotes Eichhörnchen
—
Es springt zur Eibenhecke,
läuft auf ihr und taucht hinein
Die Welt ist düster
Bandoneon, Gitarre
Hochzeit im Himmel
[Dominic Miller – Ténèbres (von Absinthe)]
Auf der Pergola
Eichhörnchen richtet sich auf,
taucht in die Hecke
Fettjoghurt und Skyr
Charentais-Melone, reif
Erfrischung, süßweich
Direkt über uns
weit und breit die Einzige
Sie regnet sich ab
Auf dem Wiesenweg
Zig Kirschkerne in Losung
Der Dachs ist nicht weit
Inbrünstiger Ton
Auf Zehenspitzen spielen
Alles rausholen
[Oded Tzur – Renata]
Zehn Liter Quader
Rotwein vom Jahresanfang
Schmeckt nun wie Sherry
„Wieso muss der Typ
mich andauernd nerven
mit Gassigehen?“

Das hat er gehört
als seine Wirbelsäule
unten hart aufschlug
Der Himmel reißt auf
Das Augenlicht versengt von
gleißender Sonne
[Robert Wyatt – Little Red Riding Hood Hit the Road]
Vor uns ein Raucher
Wir folgen narkotisiert
Süße Sillage
Die Löffel senkrecht
Meister Lampe im Maisfeld
Die Elster fliegt auf
Alkproblem gelöst
Quantum täglich 20 Gramm
Vom Mund abgespart
Altkönig im Dunst
Davor dunkle Wolkenfront
Wir werden klatschnass