Archive for 6. April 2024

Elisabethpfad F-MR, 7. Etappe Oberweimar – Marburg 11

April 6, 2024

Das Wetter schwingt um
Der Weg gleitet unter mir

Ein letzter Anstieg

Noch eine erholsame Nacht in einer Einliegerwohnung. Man fühlt sich in einer eingerichteten Wohnung einfach mehr zuhause als in einem anonymen Pensions- oder Hotelzimmer. Wir kochen uns vier kleine Kannen Tee, futtern Muffins zum Frühstück.

Nach einem Plausch mit unseren Gastgebern an der Haustür, die glaube ich ursprünglich aus Tschechien stammen, geht es auf die letzte, kurze Etappe nach Marburg. Es tröpfelt immer noch etwas, aber der Regen lässt langsam nach und die Sonne kommt im Laufe des Tages raus. Wir können die Regenjacke bald um den Bauch binden, was auch deswegen Sinn macht, weil wir noch einige Steigungen vor uns haben und insbesondere gegen Ende ins Schwitzen kommen.

Der Weg geht auf matschigem Grund bald in den noch lichten Laubwald hinein. Ich komme schnell in meinen Rhythmus, die Beine sind leicht, das walker’s high stellt sich ein. Mitten im Wald mehrere Häuser, ein Freizeitgelände. Wir sehen Jugendliche kommen und gehen.

Es geht nun um den Stadtwald genannten Stadtteil herum. Dort sehen wir ein Eichhörnchen, das einem anderen hinterherjagt. Sie klettern spiralförmig in einem Affentempo den Baum hoch, nehmen keine Notiz von uns. Für ein Foto mit den beiden bin ich natürlich mal wieder zu langsam. La saison des amours est ouverte.

Stadtwald, Eichhörnchen

Hinter Stadtwald haben wir einen phantastischen Blick auf das Marburger Landgrafenschloss im Norden.

Blick vom Hasenkopf zum Landgrafenschloss

Es geht nun auf einem schmalen, romantischen Pfad hinab durch eine Wiesenlandschaft mit vielen Bäumen.

Blick zurück vom Heiligengrund

Unten liegt Ockershausen, ein Vorort von Marburg mit dörflichem Charakter. Dort im Bücherschrank steht ein Französisch-Deutsch-Französisch Wörterbuch mit 260.000 Wörtern, das ich unbedingt mitnehmen muss. Höchstens fünf Pfund schwer. Von hier geht es steil bergauf an einer vielbefahrenen, kleinen und kurvigen Straße zum großzügig angelegten Marburger Zentralfriedhof, wo u. a. die Theologen Rudolf Bultmann und Rudolf Otto bestattet sind. Wir gehen um den Friedhof herum und laufen nun im Streichen auf einem schmalen Fußweg Richtung Schloss. Es kommen uns hier einzelne Radfahrer in z. T. recht hohem Tempo entgegen, die sich nicht mal dafür bedanken, dass wir ihnen netterweise den Weg frei machen.

Im Schlosspark ruhen wir unsere müden Glieder auf einer Liegebank aus und trinken etwas Wasser, es gibt in dem Moment nichts Entspannenderes als sich in die Horizontale zu begeben und den Vögeln zu lauschen. Eine Kindergruppe, die zum Schloss hochgestiegen ist, hat die Liegebänke auch für sich entdeckt.

Marburg, Schlosspark

Wir gehen einmal ums Schloss, man hat einen Blick auf die Neustadt, gegenüber ist der bewaldete Hügel mit dem Spiegelslustturm. Im Innenhof des Schlosses eine Steinmetzarbeit, wo u. a. Elisabeth dargestellt wird, wo sie den Bedürftigen zu essen und zu trinken gibt.

Marburg, Innenhof vom Kurfürstenschloss
Marburg, Kurfürstenschloss. Detail.

In der Elisabethkirche, deren Südteil mit Elisabeths Grab und der Jesusskulptur von Barlach wegen Renovierung immer noch geschlossen ist, lassen wir uns den finalen, dunkelblauen Pilgerstempel geben. Aufgrund der meist geschlossenen Kirchen ist der Pilgerausweis recht leer geblieben.

Pilgerausweis
Marburg, Elisabethkirche. Elisabethaltar.

Wir schlendern durch die Altstadt, machen ein bisschen Shopping und kommen zur Universitätskirche, wo es eine Kunstausstellung mit Zeichnungen von Iris Kramer gibt. Dazu gibt es Texte der Künstlerin in Gedichtform. Ein interessantes Konzept, das ich gut gelungen finde, einige Zeichnungen werden für mich erst richtig durch die Texte erschlossen.

Marburg, Universitätskirche. Männerfreundschaft von Iris Kramer
Marburg, Universitätskirche. Die Alte von Iris Kramer
Marburg, Universitätskirche

Abends gehen wir Galettes essen und Cidre trinken in einem urigen kleinen Restaurant nahe der Lahn. Danach lassen wir den Abend ausklingen in einem Lokal im nahegelegenen Weidenhausen.

Marburg, dubiose Hausinschrift

Der ewig lange Korridor, der zu unserem Hotelzimmer im Anbau führt, erinnert mich stark an die berühmte Szene in dem scheinbar menschenleeren Hotel aus Barton Fink.