Archive for 19. August 2023

Heidschnuckenweg 4. Etappe: Undeloh – Behringen. Im Tunnel.

August 19, 2023

Wir hatten Glück. Der große Regen kam an dem  Tag, wo wir die Radenbachschleife um Undeloh vorgesehen hatten, also eine entbehrliche Wanderung im Kreise. Wir verbrachten den Vormittag im Heideerlebniszentrum, wo man so einiges über die Geschichte sowie die Fauna und Flora der Heide erfahren konnte. Z. B., dass abplaggen – hiervon kommt das Wort Plackerei – bedeutet, die Heide mitsamt der oberen Humusschicht mit den Händen abzutragen, eine Sauarbeit. Man tat dies, damit die Heide sich regeneriert und nutzte die Plagge zusammen mit dem Kot der Heidschnucken als Dünger für die nährstoffarmen, sandigen Böden.

Nachmittags machten wir noch eine Minirunde um Undeloh im nachlassenden Regen. Man hätte nun denken können, dass die nächste Etappe nach diesem Quasiruhetag besonders leicht werden würde, dem war aber leider nicht so. Trotz der nährreichen Milch mit fast 4% Fett vom Bauernhof waren unsere Füße von Anfang an schwer, und das besserte sich auch nicht im Laufe des Tages. Die Bewölkung löste sich auf, die Sonne kam raus, die Temperaturen wurden sommerlich.

In der Undeloher Heide hörten wir mehrmals dumpfe Geräusche. Geschützdonner vom Truppenübungsplatz Munster bzw. Bergen, bestimmt 25 km Luftlinie entfernt. Die anderen Tage waren schon mehrmals Düsenjäger für uns unsichtbar oberhalb der Wolken geflogen, das Militär ist in dieser Gegend weiterhin sehr präsent. Plötzlich tauchen vor uns Tiere auf, direkt am und auf dem Weg grast eine Heidschnuckenherde mit einigen Ziegen, die sich auch an eine Eiche stellen und die unteren Blätter abfressen. Der Schäfer ist etwas weiter hinten ins Gespräch mit dem Förster vertieft, der seinen Geländewagen an einem Heideweg abgestellt hat.

Wir nähern uns Wilsede, dem Heidedorf schlechthin und treffen zunehmend auf meist betagte E-Bikefahrer, Tageswanderer, sowie Pferdekutschen. Im Ort nehmen wir den gut 1 km langen Wanderweg Lila Krönung zum Totengrund. Dieser ist die Keimzelle des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide, er wurde 1906 von privat erworben. Die Aussicht hinunter in den Heidegrund ist lohnend, neben der Heide wachsen hier vor allem Wacholderbüsche in verschiedensten Formen wie oval, eher flach ausgestreckt oder als Säule.

Weiter geht es auf einem anderen Weg zurück zum Dorf, wo wir weiterwandern gen Wilseder Berg, der mit 169 m höchsten Erhebung der norddeutschen Tiefebene. Trotz der vielen Touristen finden wir eine Holzbank für die Mittagspause. Man sieht im Norden in der Ferne Windräder auf Hamburger Gebiet. Beim Abstieg kommen uns zwei Arten von E-Bikern entgegen, diejenigen, die ihr Gefährt mühsam den Weg hochschieben und diejenigen, die die Fahrt im Sattel mit Motorhilfe wagen.

Durch Heidelandschaft geht es nach Niederhaverbeck. Hier erfrischen wir uns im Schatten von Bäumen, der Rhabarbersaft weckt meine Lebensgeister. Wir haben von hier noch rund acht km bis zum Ziel, die sich allerdings ewig hinziehen. Die Sonne brennt runter, Schatten ist kaum vorhanden und unsere Wasservorräte erschöpfen sich langsam. Ich bin im Tunnel unterwegs, Blick starr vor mich auf den Boden gerichtet. Es bleibt nicht aus, dass wir einen Abzweig verpassen und ein gutes Stück in die falsche Richtung laufen. Kurz vor der Bundesstraße treffen wir noch auf eine zweite, kleinere Heidschnuckenherde. Die junge Schäferin ist mit drei angeleinten Hütehunden unterwegs. Auf dem Parkplatz neben der Straße wehen uns verführerische Essensdüfte in die Nüstern, in einem Wohnmobil werden Bratkartoffeln (s. u.) bei offenem Fenster in der Pfanne gewendet. In Behringen kommen wir völlig dehydriert an und inhalieren in unserer Unterkunft in Nullkommanix eine Flasche Mineralwasser. Zum Abendbrot leiste ich mir eine Quittenkaltschale mit Matjes und knusprigen, schön dunklen Bratkartoffeln mit Speck, so mit die besten, die ich je gegessen habe.

Undeloher Heide, Heidschnuckenherde
Undeloher Heide, Wacholderbusch
Undeloher Heide, Heidschnuckenweg
Wilsede, Totengrund