0:22 Johann Sebastian Bach – Lass ihn kreuzigen! (Matthäuspassion 1729, Harnoncourt 1970)

Ganz schwere Wahl heute abend, ich war hin- und hergerissen zwischen der Intro zu einem My Bloody Valentine Reunion Konzert von vor ein paar Jahren, wo das Pblikum die aus den Lautsprechern schallende psychedelische Beatleshymne I’m the Walrus mitgrölte und einem weiteren abgebrochenen Stück von Richard Buckner, dessen Stimme ich wirklich liebe, wahrscheinlich weil sie gleichzeitig maskulin und melancholisch ist und diesem vierstimmigen Kanon hier. Am Ende hat mal wieder Deutschland gewonnen. Bach vor dem amerikanischen Buckner und vor den britischen Beatles.

Wie der Chor hier mit Inbrunst das Todesurteil von Jesus besiegelt, das finde ich ziemlich unglaublich und fast schon erschreckend. Wieso lässt Bach den Chor in diesem Kanon so stark jubilieren? Soll das eine Art von Realismus sein, um das damalige aufgepeitschte Volk darzustellen, dass in Massenhysterie Jesus Tod fordert? Oder wird hier nicht vielmehr der Geburtsmoment des Christentums gefeiert? In dem Zusammenhang könnte man auf den Gedanken verfallen, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn Jesus damals nicht zum Märtyrer geworden wäre. Dann wären der Welt die Kreuzzüge, die Inquisition und der Kindesmissbrauch der Priester erspart geblieben. Gotische Kathedralen, der Jakobsweg und die Musik von Bach aber auch.

In dubio pro reo.

(Die Liste aller 313 seit dem 1. Februar 2010 ausgewählten Stücke ist hier.)

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