Elisabethpfad, 1. Etappe: Stedtfeld – Creuzburg 13

Die Sonne kommt raus
Der Bibelversautomat
Die Kemenate

Ich wache auf und denke es ist 6 Uhr, aber als ich genauer auf die Uhr sehe, stellt es sich raus, dass es 4 Uhr ist. Darauf eine Melatonintablette, mit der ich nach längerer Zeit wieder einschlafe, und dann nicht aus dem Bett komme. Zum Frühstück Orangensaft. Ich muss feststellen, dass ich doch wieder – wie schon auf der letzten Fernwanderung auf dem Heidschnuckenweg – das falsche Paar Wanderstöcke mitgenommen habe. Bei dem einen Wanderstock fehlt entweder ein Segment oder ich bin zu blöd, ihn auseinander zu ziehen. Die junge Frau an der Rezeption bucht versehentlich 50 Euro Depot für den Bademantel ab. Ob sie wohl meinte, ich hätte ihn in meinem 30 l Rucksack mitgenommen?

Um halb zehn bin ich endlich on the road. Draußen scheint die Sonne und es herrschen zweistellige Temperaturen. Obwohl ich das dünnere Hemd und das nicht ganz so warme Damart-Unterhemd anhabe, ist mir etwas warm. Ich gehe über einen Wiesenweg nach Stedtfeld rein.

Stedtfeld, Steinstock

Hier geht es über die u. a. von Flixtrain befahrenen Bahnschienen der Strecke Eisenach – Bebra und ich stoße auf den Elisabethpfad, der enttäuschenderweise an einer Straße langläuft, neben der sich dann auch noch das langgestreckte Gelände des Klärwerks befindet. Warum um Himmels willen haben die Schöpfer des Elisabethpfades hier nicht den Rennsteig genutzt, der etwas weiter auf dem Bergkamm verläuft? Ich werde heute bestimmt 80% auf Asphalt – man sagt hier Bitumen – gehen, was unnötig ist und mich fuchsteufelswild macht.

Neben dem Elisabethpfad tanze ich heute auf verschiedenen Wegen…
Als Pilger kann man sich den Weg (nicht) aussuchen

In Hörschel mündet die aus Eisenach kommende Hörsel in die Werra und es beginnt an der Werra der Rennsteig. Den ich für den meistüberschätzten deutschen Wanderweg halte. Der Weg verläuft meist im Wald oben auf dem Kamm und es gibt kaum Ausblicke. Es ist eine Art Wanderautobahn, breit und befestigt. Die Wanderer, die sich dort tummeln, sind meist bierernst und rennen ohne nach links und rechts zu gucken.

An einem Spielplatz raste ich und spreche länger mit einem einheimischen Großvater, der mit seinen Enkeln bei dem schönen Wetter mal draußen ist. Er erklärt mir die Wegführung und weist mich darauf hin, dass es auf dem Radweg weitergeht und fast nur noch Bitumen bis Creuzburg zu erwarten ist. Er wird recht behalten. Neben mir fließt nun die recht hochstehende Werra, über mir ist die Talbrücke der A4, die ich schon unzählige Male überfahren habe. Ein junges Paar und ihr Söhnchen sind auf dem Rad kaum schneller als ich zu Fuß, es geht rauf und runter. Ich plage mich den ganzen Tag ein bisschen mit diversen Hungerästen ab, die Umstellung des Körpers auf Fettverbrennung dauert ihre Zeit.

Nicht weit von der alten, innerdeutschen Grenze: Deutschland am Boden

Ich erreiche nun Spichra, wo ich mir in der schnuckligen evangelischen Kirche in der Sakristei einen Pilgerstempel für den Pilgerausweis selbst erstelle.

Spichra, evangelische Kirche von 1753

Aus Spichra heraus geht es auf besagtem Radweg schnurgerade. Wie ich auf der App sehe, hätte es vorher eine Möglichkeit gegeben, über einen niedrigen Höhenrücken durch den Wald auf einem Wanderweg abzukürzen, was ich natürlich verpasst habe. Ich verfluche völlig sinnbefreit die Wegmacher. Sie hatten sicher ihre Gründe, es ist mein Fehler, ich hätte mich vorher informieren müssen. Links vor mir grasen Wasserbüffel und Gallowayrinder in den überschwemmten Auen. Es handelt sich um das Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunnen, wo heute eine Käsemanufaktur betrieben wird. Hier geht es runter vom Asphalt auf einen eingeweichten Weg zwischen den Wiesen. In der Ferne sieht man linker Hand schon mein Etappenziel, die Creuzburg.

Da es noch nicht einmal ein Uhr ist, mache ich eine Trinkpause auf einer Bank mit Tisch. Es sind doch einige Leute zu Fuß und auf dem Rad unterwegs, es ist ja Samstag. Ich komme nun zur Liboriuskapelle (an der Ostseite der alten Werrabrücke), in der sich Wandmalereien von Elisabeth von Thüringen befinden. Die Kapelle ist (natürlich) geschlossen. Ich sehe später Kopien von ihnen mit guten Erklärungen in der Nicolaikirche im Ort.

Werrabrücke, erbaut 1223 unter dem Landgrafen Ludwig IV., Elisabeths Ehemann

Über 700 Jahre hält die Brücke, dann kommen die Nazis und sprengen am 1.4.1945 sinnlos zwei Bögen der Brücke (Verbrannte Erde), um den Vormarsch der Amerikaner noch zu stoppen. Sie wurde dann 1952 wieder eröffnet. Die Werra ist heute unter der Brücke ein reißender Strom, der Strudel an den Pfeilern bildet.

In der eindrucksvollen, großräumigen Nicolaikirche lese ich, wie gesagt, über Elisabeths in Wandmalereien festgehaltenes Leben. Ich zünde ein Teelicht an und ziehe mir einen Bibelvers aus dem Automaten, der sinnigerweise mein größtes aktuelles Problem anspricht, den Durst. Es ist Johannes 4,14.

Creuzburg, Nicolaikirche

Ich gehe nun hoch zur Burg, wo mir beim Eintritt ins Hotel-Restaurant Bratengerüche entgegenschlagen. Mein Einzelzimmer ist schon – es ist halb zwei – bezugsfertig. Ich versuche nach dem Genuss meiner Säfte erfolglos eine Siesta zu halten und gehe dann runter und trinke zwei Kännchen grünen Tee.

Creuzburg, Gastraum des Burghotels/-restaurants

Nun sind meine Lebensgeister wieder geweckt. Zuerst gehe ich rüber zum Museum, das leider schon in 20 Minuten schließt. Ich gucke mir die Elisabethkemenate im Keller an, Elisabeth von Thüringen hat mehrere Jahre auf der Creuzburg gelebt und gewirkt, indem sie sich um die Armen gekümmert hat. Zwei ihrer drei Kinder sind hier geboren worden.

Elisabethkemenate
Kopie einer gotischen Elisabethfigur, Lindenholz
Elisabeth verabschiedet sich 1227 von ihrem Mann, Ludwig IV. in Schmalkalden. Er wird auf dem Kreuzzug sterben.

Über den Wehrgang geht es im 1. Stock hinüber zur aktuellen, sehenswerten Ausstellung mit vielen historischen und neuen Fotos des Ortes mit Erläuterungen.

Creuzburg, Wehrgang

Ich mache noch eine Tour durch den Ort und folge dem Märchen-Naturpfad mit Bäumen, die z. T. in Märchen eine Rolle gespielt haben.

Creuzburg

Hier der Etappenüberblick über meine Fastenwanderung auf dem Elisabethpfad von Eisenach nach Marburg im Februar 2024.

Eine Antwort to “Elisabethpfad, 1. Etappe: Stedtfeld – Creuzburg 13”

  1. Avatar von zartgewebt zartgewebt Says:

    … danke, für’s „Dabeisein-Dürfen“!

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