
In Cold Blood ist Truman Capote’s Hauptwerk, es ist eine Fleißarbeit der Recherche, basierend auf vielen Interviews mit den Betroffenen, die zum großen Teil mit ihren realen Namen genannt werden. An einem Sonntagmorgen, dem 15. November 1959 werden in Holcomb, einem Kaff in West-Kansas vier Mitglieder einer angesehenen Familie in ihrem Farmhaus tot aufgefunden. Geld bzw. Wertgegenstände fehlen so gut wie keine. Was ist da passiert? Gleich von Anfang an weiß der Leser, wer es gewesen ist, zwei vor kurzem entlassene Sträflinge, Dick und Perry. Ihre durch ungedeckte Schecks finanzierten Road Trips werden in kurzen Passagen wie in einem Film gegen geschnitten zu der Entdeckung des Massakers und der Geschichte der Familie und ihrer Bekannten sowie den Nachforschungen. Das Kansas Bureau of Investigation übernimmt mit einem Stab von 18 Mann die Ermittlungen. Die eng bedrucken rund 300 Seiten sind in etwa vier gleichlange Teile gegliedert: I Die sie als letzte sahen, II Täter unbekannt, III Antwort und IV Die Ecke.
Bis zum Schluss bleibt es spannend, obwohl der Leser ahnen kann, wie es ausgehen wird. Die ersten vier Zeilen aus François Villon’s Ballade der Gehängten stehen dem Buch vor. Und trotzdem bleibt am Ende mindestens ein großes Mysterium. Mich hat das Buch von Seite eins an gefesselt, weil ich gespürt habe, dass das nicht ein herkömmlicher Krimi ist, sondern beunruhigend authentische und tiefe Einblicke in die Seele von Kriminellen und wie sie dazu geworden sind, erlaubt. Beide Täter wurden von Capote ausgiebig befragt.
Die in den Plot eingewobene Werbung für Pfandbriefe und Kommunalobligationen, die Anfang der Achtziger Usus war bei rororo, hat mich zurück gebeamt in meine Jugend.

Ganz am Schluss des sogenannten „wahrheitsgemäßen Berichts“ trifft der Hauptermittler auf dem Friedhof von Garden City, wo die vier ermordeten Familienitglieder beigesetzt sind, auf die Schulfreundin der getöteten Teenager-Tochter und unterhält sich mit ihr. Dass das ein schönes, aber erfundenes Ende ist, hat mir beim Lesen sofort geschwant. Nicht alles, was hier geschildert wird, hat sich wirklich so zugetragen, Capote hat durchaus seine künstlerische Freiheit genutzt, was der Qualität des Buches m. E. jedoch keinen Abbruch tut.
5 Sterne
P. S. Es spricht nicht für den Menschen Capote, dass obwohl er sich mit dem Mörder Perry Smith während der vielen Gespräche im Gefängnis angefreundet hat und nach eigener Aussage Mitleid gegenüber ihm empfunden hat, er keinerlei Gnadengesuch für ihn gestellt hat. Wenn die Täter nicht gehängt worden wären, wäre das Buch wahrscheinlich weniger erfolgreich gewesen. Auch der Autor war kaltblütig.
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