Eifelsteig, 12. Etappe: Manderscheid – Kloster Himmerod

Über Stock und Stein
Rast über Lieserschleife
Neunzig Jahre jung

Es ist lustig, in unserem spartanischen Jugendherbergszimmer schlafe ich besser als im Himmelbett in der Suite in der Nacht zuvor. Morgens beim Frühstück kurz vor acht ist noch wenig los, die kleinen Kinder mit Lehrern kommen erst gegen halb neun und es wird lebendiger.

Wir müssen morgens noch zum etwas abgelegenen Supermarkt im Gewerbegebiet, wo wir unser Lunchpaket für deutlich unter 5 Euro selbst zusammenstellen.

Es ist morgens bedeckt, im Laufe des Tages wird die Sonne rauskommen. Im Ort sind einige Wanderer bzw. Kletterer unterwegs. Wir sind schnell auf unserem schmalen Pfad nach Süden, der rechts vom Felsen begrenzt wird und steil nach links zur Lieser abfällt, die sich unten ihren Weg durch die Vulkanlanschaft sucht. Es eröffnen sich diverse Blicke auf die beiden Burgen.

Manderscheid, Niederburg
Manderscheid, Nieder- und Oberburg

Wir passieren einige hölzerne Schutzhütten, die kunstvoll auf der Talseite in schwindelerregender Höhe befestigt sind. Die Lieser unten kann man unter den Baumkronen nur ahnen. Plötzlich steht vor uns eine junge Frau mit kompaktem Rucksack, sie schmiegt sich an die Felsseite, ich komme an der Bachseite so gerade an ihr vorbei. Wir werden sie heute noch öfter treffen.

Lieserpfad

Auf dem Weg, der einige Kilometer hier oben verläuft, muss man sich etwas konzentrieren, ein falscher Schritt zu weit nach links kann katastrophale Konsequenzen haben. Irgendwann geht es dann durch den Wald hinunter zur Lieser über eine Brücke. Unten ist der Weg oft ziemlich matschig, ich tauche mit meinen flachen Wanderschuhen tief ein, ohne ganz stecken zu bleiben. Es geht sogleich wieder steil bergauf – den ganzen Tag ein kräftezehrendes permanentes Auf und Ab – zu einem Aussichtspunkt mit Sicht auf einen kleinen, runden Wiesenzipfel im Wald. Hier steht die junge Wanderin, die dasselbe Tagesziel wie wir hat und bewundert den Blick und die Schönheit der Natur.

Wir steigen weiter auf zu einem Gerstenfeld am Wegrand, in dem es seltsame, leise Geräusche gibt, als wäre das Feld elektrisch geladen. Wir vermuten, dass es sich um Heuschrecken handelt, die dort herumspringen, die wir allerdings nicht sehen können.

Unsere Mittagspause machen wir 300 m abseits des Eifelsteigs in der Schutzhütte am Burgberg. Hier wurde ein Aluminium-Ponton gebaut, so dass man über die Baumwipfel hinaus auf die unten mäandernde Lieser blicken kann. Rechts ist nur ein schmales Stück erkennbar. Wir genießen hier zu zweit den Wurstsalat mit zwei Brezeln, einer Apfeltasche und 0,5 Liter köstlichem Ayran und einem guten Schluck Wasser. Immer wieder erstaunlich, wie viel besser das Essen und Trinken draußen nach körperlicher Anstrengung mundet.

Burgberg, Lieserblick

Die letzten Kilometer der Etappe bewegen wir uns unten auf Wiesenwegen bzw. auf der schmalen Straße. Am Wegesrand eine halbe Stunde vor dem Ziel noch eine Liegebank, der wir uns nicht entziehen können.

Auf der Wohlfühlbank

Hinter der letzten Waldkuppe geht es dann hinunter zum schlichten barocken, ursprünglich im 12. Jahrhundert von Bernhard von Clairvaux gegründeten Zisterzienserkloster der Abtei Himmerod. Seit einigen Jahren gibt es hier bis auf Bruder Stephan, der gerade 90 geworden ist, keine Mönche mehr. Er hält sich fit mit Joggen und Schwimmen im nahegelegenen Teich. Ein eher unkonventioneller, ökumenisch denkender Mönch, der seit über 60 Jahren hier ist und zusammen mit dem Förderverein, der den aktuellen Betrieb des Ladens, der Gärtnerei, des Gästehauses, der Fischerei etc. sicherstellt, mit dem Rektor der Abteikirche bezüglich der zukünftigen Nutzung der Abtei im Zwist liegt. Die Erhaltung der Klostergebäude kostet jährlich 150.000 Euro, denen keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen.

Wir essen ein Eis vom Klostershop und beziehen unser einfaches, aber zweckmäßig mit Schreibtisch eingerichtetes Zimmer inkl. Dusche und Bad und sputen uns mit der Körperpflege, da wir nur 30 Minuten Zeit haben, bis pünktlich um 18 Uhr das Abendbrot beginnt. Auch hier schmecken die einfachen Speisen ganz hervorragend, es gibt Kartoffel- und Krautsalat sowie sehr leckeres frisches Graubrot mit bissfester Krume aus der Klosterbäckerei. Wir lernen kurz den sympathisch-offenen Bruder Stephan kennen und gucken uns anschließend noch auf dem weiträumigen Anwesen um. Dabei treffen wir die junge Wanderin wieder, die im direkt hinter der Klostermauer liegenden Gasthaus untergekommen ist. Wir reden übers Wandern, sie macht ihre erste Tour alleine, um reinzuschnuppern, ist in Daun gestartet und geht auch bis Trier.

Draußen vor der Klostergaststätte wird noch bis in die Dunkelheit gequatscht, während wir bei offenen Fenstern kurz vor zehn in unseren wohlverdienten Schlaf wegdämmern.

Kloster Himmerod
Kloster Himmerod, Jesuskopf

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